Die Gesuchstellerin ist Thedra AG aus Zwingen, Schweiz, mit statutarischem Sitz in Diepflingen, Schweiz, vertreten durch Wenger Plattner, Basel, Schweiz.
Der Gesuchsgegner ist Daniel Fazan, Web Art Studio, aus Dübendorf, Schweiz.
Gegenstand des Verfahrens ist der Domain-Name <thedra.ch>.
Die Domainvergabestelle ist SWITCH, Zürich, Schweiz.
Das Gesuch ging beim WIPO Arbitration and Mediation Center (das „Center”) in deutscher Sprache am 11. Juni 2009 per Email und am 15. Juni 2009 in Papierform ein. Das Gesuch stützt sich auf das Verfahrensreglement von SWITCH für Streitbeilegungsverfahren für „.ch” und „.li” Domain-Namen („Verfahrensreglement”), welches am 1. März 2004 in Kraft getreten ist.
Am 12. Juni 2009 bestätigte die Domainvergabestelle SWITCH, dass der Gesuchsgegner Inhaber und administrative Kontaktperson des Domain-Namens ist. Das Center stellte fest, dass das Gesuch den formellen Anforderungen des Verfahrensreglements entspricht.
Am 17. Juni 2009 wurde das Gesuch ordnungsgemäss zugestellt und das Streitbeilegungsverfahren eingeleitet. Die Frist für die Einreichung einer Gesuchserwiderung lief am 7. Juli 2009 ab.
Das Center teilte mit Schreiben vom 9. Juli 2009 mit, dass der Gesuchsgegner weder eine Gesuchserwiderung, noch auf andere Weise gegenüber dem Center seine Bereitschaft zur Teilnahme an einer Schlichtungsverhandlung zum Ausdruck gebracht hat. Die Gesuchstellerin wurde vom Center über die Möglichkeit informiert, die Fortsetzung des Verfahrens verlangen zu können.
Am 15. Juli 2009 wurde das Verfahren in Übereinstimmung mit Paragraph 19 des Verfahrensreglements fortgesetzt und das Center bestellte am 27. Juli 2009 Dr. Bernhard F. Meyer als Experten. Der Experte stellt fest, dass er ordnungsgemäss bestellt wurde und in Übereinstimmung mit Paragraph 4 des Verfahrensreglements von den Parteien unabhängig ist.
Die Gesuchstellerin Thedra AG ist seit dem 1. März 1991 unter ihrer Firma im Handelsregister eingetragen. Hauptzweck der Thedra AG ist die Herstellung von und der Handel mit chemischen Produkten sowie Maschinen und Geräten der Reinigungsbranche. Die Gesuchstellerin ist Inhaberin der schweizerischen Wortmarke THEDRA, Nr. P-390160, hinterlegt am 21. Juli 1982, für die Waren- und Dienstleistungsklasse 3.
Die Gesuchstellerin verwendet sowohl die Firma „Thedra AG” zur Identifikation des Unternehmens als auch die Marke THEDRA in ihrem geschäftlichen Auftritt und im Zusammenhang mit dem Verkauf und Vertrieb von Waren und Dienstleistungen im Bereich chemischer Reinigungs- und Pflegemittel.
Der Gesuchsgegner und Halter des am 05. Juni 1998 eingetragenen Domain-Namen <thedra.ch> ist Web Art Studio, Daniel Fazan.
Die Gesuchstellerin macht geltend, es liege eine Beeinträchtigung durch Namensanmassung des Gesuchgegners vor, welche gegen Art. 956 Abs. 2 OR und Art. 29 Abs. 2 ZGB verstosse. Durch die Registrierung des Domain-Namens <thedra.ch> sei auch das ausschliessliche Markenrecht der Gesuchstellerin gemäss Art. 13 Abs. 2 lit. e MSchG verletzt. Zudem habe der Gesuchsgegner den Domain-Namen <thedra.ch> bloss registrieren lassen, um die Gesuchstellerin dazu zu bewegen, ihren Internet-Auftritt durch den Gesuchsgegner gegen Entgelt erstellen zu lassen. Offensichtlich registrierte der Gesuchsgegner den streitgegenständlichen Domain-Namen nicht zur eigenen Verwendung, sondern um sich bei einer allfälligen Vergabe eines Auftrages zur Gestaltung des Internetauftritts der Gesuchstellerin einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Durch dieses Verhalten werde Art. 2 UWG verletzt.
Der Gesuchsgegner hat sich zu dem Gesuch nicht geäussert. Es wird indes angenommen, dass er sich dem Gesuch widersetzt.
Gemäss Paragraph 24(d) des Verfahrensreglements muss eine klare Verletzung eines Kennzeichenrechts vorliegen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn
(i) sowohl der Bestand als auch die Verletzung des geltend gemachten Kennzeichenrechts sich klar aus dem Gesetzeswortlaut oder aus einer anerkannten Auslegung des Gesetzes und den vorgetragenen Tatsachen ergeben und durch die eingereichten Beweismittel nachgewiesen sind; und
(ii) der Gesuchsgegner keine relevanten Verteidigungsgründe schlüssig vorgetragen und bewiesen hat; und
(iii) die Rechtsverletzung, je nach dem im Gesuch erhobenen Rechtsbegehren, die Übertragung oder Löschung des Domain-Namens rechtfertigt.
Wie unter Absatz 4 dargelegt, ist die Gesuchstellerin Inhaberin der Firma „Thedra AG” sowie der Schweizerischen Wortmarke THEDRA.
Der streitgegenständliche Domain-Name lautet <thedra.ch>. Diese Bezeichnung ist identisch mit der von der Gesuchstellerin registrierten Marke THEDRA sowie mit der von der Gesuchstellerin registrierten schweizerischen Firma „Thedra AG” wobei letztere bereits seit über 18 Jahren im Handelsregister eingetragen ist.
Eine Verletzung des Firmenrechts fällt von vornherein ausser Betracht, da der Gesuchsgegner sich nicht die Firma der Gesuchstellerin anmasst. Dagegen kann sich die Klägerin auf Art. 29 Abs. 2 ZGB berufen und eine Verletzung ihres Namensrechtes rügen, da das Namensrecht eine grössere Reichweite aufweist als das Firmenrecht (vgl. Volvo Automobile (Schweiz) AG / Volvo Trademark Holding AB v. Auto Import Uster, Yves Allemann, WIPO Verfahren Nr. DCH2006-0020, <volvo-import.ch>).
Die schweizerische Lehre und Rechtsprechung anerkennt seit längerem Domain-Namen als Schutzobjekte des Namensrechts, da sie einerseits eine dazu geschaltete Website und andererseits die dahinter stehende Person identifizieren (vgl. Volvo Automobile (Schweiz) AG / Volvo Trademark Holding AB v. Auto Import Uster, Yves Allemann, WIPO Verfahren Nr. DCH2006-0020, <volvo-import.ch>; BGE 126 III 239, 244f.).
Gemäss Artikel 29 Abs. 2 ZGB kann jeder, der dadurch beeinträchtigt wird, dass ein anderer sich seinen Namen anmasst, auf Unterlassung dieser Anmassung klagen. Es ist unbestritten, dass diese Bestimmung auch die Namen juristischer Personen erfasst (BGE 112 II 369, 72 II 145). Dabei muss eine Namensanmassung unbefugt erfolgen, d.h. durch Beeinträchtigung rechtlich schützenswerter Interessen des Namensträgers. Es reicht aus, dass eine echte Gefahr einer solchen Verletzung besteht (BGE 112 II 369; 102 II 308).
Das schweizerische Bundesgericht hat in seinem Leitentscheid festgehalten, dass Domain-Namen in ihrer Funktion die dahinter stehenden Personen, Produkte bzw. Sachen oder Dienstleistungen identifizieren und deshalb vergleichbar seien mit Personennamen, Firmen oder Marken. Diese Kennzeichenfunktion von Domain-Namen habe zur Folge, dass diese gegenüber absolut geschützten Kennzeichen Dritter den gebotenen Abstand einzuhalten haben (BGE 126 III 239, 244f.).
In analoger Anwendung von Art. 13 Abs. 2 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 lit. c MSchG kann daher ein Markeninhaber einem Domain-Namen-Inhaber verbieten, ein Zeichen zu gebrauchen, das aufgrund eines älteren Markenrechts vom Markenschutz ausgeschlossen ist.
Der Gesuchsgegner hat den Domain-Name seit Jahren registriert und nicht betrieben. Er hat zu dem Domain-Namen auch keinerlei Bezug. Nach der unwidersprochen gebliebenen Darstellung der Gesuchsstellerin hat der Gesuchsgegner den Domain-Namen ausschliesslich oder vorwiegend mit der Absicht registriert, sich durch die Kontrolle über den Domain-Namen den Auftrag für den Web Auftritt der Gesuchstellerin zu sichern und dadurch einen Wettbewerbs- und Vermögensvorteil zu erzielen. Der Gesuchsgegner erscheint somit als eigentlicher Domain-Namen-Pirat. Das Verhalten von Domain-Namen-Piraten ist dadurch gekennzeichnet, dass sie kein eigenes, redliches Interesse an der Registrierung und Benutzung eines Domain-Namens haben oder geltend machen können, sondern es letztlich nur darauf absehen, rechtlich berechtigte Unternehmen zu blockieren und von diesen die Zahlung von Geldbeträgen zu „erzwingen” (vgl. Deutsche Telekom Value added services Austria GmbH und Scout 24AG v. PlanDesign GmbH, WIPO Verfahren Nr. DCH2009-0001, <swissfinancescout.ch> und <kreditscout24.ch>). Ein solches Verhalten ist unlauter und verstösst gegen Art. 2 UWG.
Der Gesuchsgegner hat weder relevante Verteidigungsgründe schlüssig vorgetragen, noch diese bewiesen. Es sind auch keine Verteidigungsgründe aus den Akten ersichtlich.
Der Experte stellt fest, dass das Gesuch begründet ist. Angesichts der Ausführungen unter den Abschnitten 6(i) und 6(ii), erscheint eine Übertragung des streitgegenständlichen Domain-Namens auf die Gesuchstellerin zudem gerechtfertigt.
In Übereinstimmung mit Paragraph 24 des Verfahrensreglements ordnet der Experte die Übertragung des Domain-Namens <thedra.ch> auf die Gesuchstellerin an.
Dr. Bernhard F. Meyer
Experte
Datum: 10. August 2009