WIPO

WIPO Arbitration and Mediation Center

EXPERTENENTSCHEID

Leuchtturm Albenverlag GmbH & Co. KG v. Thomas Hediger

Verfahren Nr. DCH2009-0017

1. Die Parteien

Die Gesuchstellerin ist Leuchtturm Albenverlag GmbH & Co. KG, Geesthacht, Deutschland, vertreten durch, Rechtsanwälte Preu Bohlig & Partner, Hamburg, Deutschland.

Der Gesuchsgegner ist Thomas Hediger, St. Gallen, Schweiz, vertreten durch, Pedrazzini Advokatur, St. Gallen, Schweiz.

2. Streitiger Domain-Name

Gegenstand des Verfahrens ist der Domain-Name <leuchtturm.ch> (nachfolgend der „Domain-Name”).

Die Domainvergabestelle ist SWITCH, Zürich, Schweiz.

3. Verfahrensablauf

Das Gesuch ging beim WIPO Arbitration and Mediation Center (das „Center”) in deutscher Sprache am 20. August 2009 per Post ein. Ein geändertes Gesuch ging am 25. August 2009 per Post und per Email beim Center ein. Das Gesuch stützt sich auf das Verfahrensreglement von SWITCH für Streitbeilegungsverfahren für “.ch” und “.li” Domain-Namen (“Verfahrensreglement”), welches am 1. März 2004 in Kraft getreten ist.

Am 21. August 2009 bestätigte die Domainvergabestelle SWITCH, dass der Gesuchsgegner Inhaber und administrative Kontaktperson des Domain-Namens ist. Das Center stellte fest, dass das Gesuch den formellen Anforderungen des Verfahrensreglements entspricht.

Am 26. August 2009 wurde das Gesuch ordnungsgemäss zugestellt und das Streitbeilegungsverfahren eingeleitet. Die Frist für die Einreichung einer Gesuchserwiderung war der 15. September 2009.

Die Gesuchserwiderung traf am 15. September 2009 per Email und am 17. September 2009 per Post beim Center ein. Am 17. September 2009 bestätigte das Center den Empfang der Gesuchserwiderung des Gesuchsgegners, welcher sich bereit erklärte, an einer Schlichtungsverhandlung teilzunehmen.

Das Center teilte mit Schreiben vom 28. Oktober 2009 mit, dass die Schlichtungsverhandlung nicht zu einem Vergleichsschluss geführt habe.

Am 6. November 2009 wurde das Verfahren in Übereinstimmung mit Paragraph 19 des Verfahrensreglements fortgesetzt und das Center bestellte am 13. November 2009 Dr. Bernhard F. Meyer als Experten. Der Experte stellt fest, dass er ordnungsgemäss bestellt wurde und hat in Übereinstimmung mit Paragraph 4 des Verfahrensreglements seine Unabhängigkeit erklärt.

4. Sachverhalt

Die Gesuchstellerin ist nach Angaben auf ihrer Homepage „www.leuchtturm.com“ das weltweit führende Unternehmen im Bereich der Sammelsysteme für Briefmarken und Münzen und bietet seit einigen Jahren Ordnungs- und Archivierungssysteme an, die im Büro- und Schreibwarenhandel vertrieben werden.

Die Gesuchstellerin ist Inhaberin der nachfolgenden internationalen Marken, welchen in der Schweiz Schutz zukommt:

- LEUCHTTURM (fig.), Nr. 286 312, registriert am 13. Juli 1964, für Waren der Klasse 16;

- LEUCHTTURM, Nr. 328 063, registriert am 25. November 1966, für Waren der Klassen 9 und 11;

- LEUCHTTURM (fig.), Nr. 331 080, registriert am 14. Dezember 1966, für Waren der Klassen 8, 9, 11 und 16.

Der Gesuchsgegner ist Inhaber des streitigen Domain-Namens <leuchtturm.ch>, der am 4. Juni 2007 registriert wurde, und unter dem er einen Online-Shop mit dem Namen „Sammlerladen” betreibt. Er vertreibt über diesen Shop u.a. Briefmarken, Münzen und Zubehör für Sammler.

5. Parteivorbringen

A. Gesuchstellerin

Die Gesuchstellerin bringt hervor, dass die Registrierung des streitgegenständlichen Domain-Namens sowie dessen Verwendung für Angebot und Vertrieb von u.a. Briefmarken, Münzen und Zubehör für den Sammler eine Verletzung ihrer Markenrechte darstelle. Die unter der Domain angebotenen und vertriebenen Waren seien mit den Waren identisch, für die die Gesuchstellerin mit ihren Marken Schutz beanspruche. Ausserdem sei im Domain-Namen der Wortbestandteil „Leuchtturm” ohne Zustimmung der Gesuchstellerin in identischer Weise enthalten.

Des Weiteren führt die Gesuchstellerin aus, dass der Gesuchsgegner keine legitimen Interessen an der Bezeichnung „Leuchtturm” habe (zumal er seinen Online-Shop auch „Sammlerladen” nenne) und auch über keine Markenrechte an der Bezeichnung verfüge. Eine Einräumung von Nutzungsrechten am Zeichen „Leuchtturm” habe trotz Zustimmung der Gesuchstellerin zum Vertrieb ihrer Originalwaren durch den Gesuchsgegner nie stattgefunden.

B. Gesuchsgegner

Vom Gesuchsgegner wird nicht bestritten, dass die Gesuchstellerin Inhaberin der obgenannten Marken ist. Aufgrund der figurativen Elemente, die in zwei der drei Marken enthalten sind, bringt er jedoch hervor, dass diese nur in Kombination dieser Wort- und Bildelemente einen Markenanspruch zu begründen vermöchten. Die Marke LEUCHTTURM stelle eine allgemeine Sachbezeichnung dar und weise für sich allein genommen einen für die Marke kaum kennzeichnungsmässigen Gehalt auf. Das Zeichen der Gesuchstellerin sei als schwaches Zeichen zu qualifizieren und der rein begriffliche Schutzumfang beschränke sich zum Vornherein auf die Warenklassen gemäss der eingetragenen Wortmarke (Nr. 328 063).

Da der Gesuchsgegner über seinen Online-Shop insbesondere auch Sondermarken zur Thematik „Leuchtturm” vertreibe, habe er ein berechtigtes Interesse am Domain-Namen. Des Weiteren sei das Angebot des Online-Shops weitaus umfassender als die per Wortmarke markenrechtlich geschützten Waren der Gesuchstellerin, weshalb die Identität der Waren eine ganz beschränkte sei. Weiter würden Internetnutzer keiner Verwechslungsgefahr zwischen den geschützten Waren und jenen des Online-Shops unterliegen, da weder Inhalt noch Aufmachung des Shops beim Nutzer einen Irrtum über die Inhaberin bzw. den Inhaber der Domain entstehen liessen.

Im Falle einer Markenrechtsverletzung bestünde keinerlei Anspruch auf Übertragung des Domain-Namens. Der Gesuchsgegner könne höchstens dazu verpflichtet werden, den Domain-Namen nicht mehr für den aktuellen Internet-Shop zu nutzen.

6. Entscheidungsgründe

Gemäss Paragraph 24(c) des Verfahrensreglements gibt der Experte dem Gesuch statt, wenn die Registrierung oder Verwendung des Domain-Namens eine klare Verletzung eines Kennzeichenrechts darstellt, das dem Gesuchsteller nach dem Recht der Schweiz oder Liechtensteins zusteht.

Gemäss Paragraph 24(d) des Verfahrensreglements liegt eine klare Verletzung eines Kennzeichenrechts insbesondere dann vor, wenn

(i) sowohl der Bestand als auch die Verletzung des geltend gemachten Kennzeichenrechts sich klar aus dem Gesetzeswortlaut oder aus einer anerkannten Auslegung des Gesetzes und den vorgetragenen Tatsachen ergeben und durch die eingereichten Beweismittel nachgewiesen sind; und

(ii) der Gesuchsgegner keine relevanten Verteidigungsgründe schlüssig vorgetragen und bewiesen hat; und

(iii) die Rechtsverletzung, je nach dem im Gesuch erhobenen Rechtsbegehren, die Übertragung oder Löschung des Domain-Namens rechtfertigt.

A. Bestand von Kennzeichenrechten

Die Gesuchstellerin hat bewiesen, dass sie Inhaberin diverser Marken mit dem Kennzeichen LEUCHTTURM ist, wobei die Hinterlegungszeitpunkte bei allen Marken deutlich vor dem Zeitpunkt der Registrierung des strittigen Domain-Namens datieren.

B. Klare Verletzung der Rechte der Gesuchstellerin

Das Bundesgericht hielt in einem Leitentscheid fest, dass Domain-Namen eine Kennzeichnungsfunktion haben und gegenüber den absolut geschützten Kennzeichen Dritter den gebotenen Abstand einzuhalten haben, um Verwechslungen zu vermeiden (BGE 126 III 244). Eine Verwechslungsgefahr besteht, sobald es aufgrund der erwähnten Kriterien (Schriftbild, Wirkung, Sinngehalt) und aufgrund der Gleichartigkeit des Angebots an Dienstleistungen bei den Benutzern des Internets zu Verwechslungen kommen kann. Dass Verwechslungen tatsächlich stattgefunden haben, ist nicht Voraussetzung (BGE 128 III 401 E. 5).

Art. 13 Abs. 1 Markenschutzgesetz (“MSchG”) verleiht der Inhaberin das ausschliessliche Recht, die Marke zur Kennzeichnung von Waren oder Dienstleistungen zu gebrauchen, für die sie beansprucht wird. Gemäss Art. 13 Abs. 2 MSchG kann die Markeninhaberin einem anderen den Gebrauch eines Zeichens untersagen, das die Rechte der Markeninhaberin verletzt, z.B. indem es mit einer älteren Marke für gleichartige Waren oder Dienstleistungen identisch oder verwechselbar ist (Art. 3 Abs. 1 lit. a bis c MSchG).

Ist ein Zeichen namens-, firmen- oder markenrechtlich geschützt, kann dessen Inhaber Unberechtigten die Verwendung dieses Zeichens als Domain-Namen verbieten, sofern die unbefugte Verwendung eine Verwechslungsgefahr schafft, indem die entsprechende Website dem Falschen zugerechnet werden kann (BGE 4C.141/2002 in sic! 2003 438 ff.).

Die Gleichartigkeit zwischen den von den Marken der Gesuchstellerin beanspruchten Waren und den unter dem streitgegenständlichen Domain-Namen angebotenen Waren i.S.v. Art. 3 Abs. 1 lit. c MSchG wird nicht bestritten. Es wird vom Gesuchsgegner lediglich darauf hingewiesen, dass die von den Marken erfassten Waren nur einen geringen Teil der im „Sammlerladen” unter der umstrittenen Domain angebotenen Produkte ausmachen. Massgebend ist jedoch, dass überhaupt Waren, für die die Gesuchstellerin Markenschutz beansprucht, vom Gesuchgegner unter der Domain vermarktet werden.

Im Domain-Namen ist die Bezeichnung „Leuchtturm“ in identischer Weise wie in den obgenannten registrierten Marken der Gesuchstellerin enthalten. Die Frage, ob bei kombinierten Marken der Wort- oder Bildbestandteil dominierend oder ausschlaggebend sei, muss von Fall zu Fall entschieden werden. Dabei ist auf den Gesamteindruck abzustellen, wobei die Kennzeichnungskraft der einzelnen Elemente ausschlaggebend ist. Das Hinzufügen des grafischen Elementes (Briefmarke mit Leuchtturm) vermag den betroffenen Marken durchaus ein eigenes Gepräge zu verleihen. Die Grösse des Wortelementes sowie dessen Hervorhebung durch Abbildung eines Leuchtturmes im Bildbestandteil deuten jedoch auf eine Dominanz des Schriftzuges hin. Ausserdem ist insbesondere im mündlichen Geschäftsverkehr das graphische Element von untergeordneter Bedeutung, weil sich das Publikum in erster Linie am Wortelement „Leuchtturm“ orientiert.

Das Argument des Gesuchsgegners, dass die beiden Wort-/Bildmarken einen Markenschutzanspruch nur in dieser Wort-/Bildkombination zu begründen vermögen, geht fehl.

Der Schutzumfang einer Marke bestimmt sich nach ihrer Kennzeichnungskraft. Für schwache Marken ist der geschützte Ähnlichkeitsbereich kleiner als für starke. Als schwach gelten gemeinhin Marken, deren wesentliche Bestandteile sich eng an Sachbegriffe des allgemeinen Sprachgebrauchs anlehnen. Der Experte ist der Ansicht, dass dem Zeichen „Leuchtturm“ für die mit den Marken der Klägerin beanspruchten Waren (im wesentlichen Sammler-Zubehör) jedoch kein konkreter oder direkt beschreibender Sinngehalt beigemessen werden kann. Die Marken scheinen vom Sachbegriff eines Leuchtturms losgelöst, womit ihnen ein normaler Schutzumfang zukommt. Die integrale Übernahme des Wortelementes „Leuchtturm“ in den Domain-Namen des Gesuchsgegners ist geeignet, eine Verwechslungsgefahr mit den Marken der Gesuchstellerin zu erzeugen und deren Kennzeichnungskraft zu schwächen.

Der Gesuchsgegner hat keine relevanten Verteidigungsgründe schlüssig vorgetragen und bewiesen. Dass auch „Leuchtturm”-Originalwaren im Online-Shop angeboten werden, begründet kein Recht zur Markennutzung und erhöht die Verwechslungsgefahr hinsichtlich des Betreibers der Website. Die Registrierung und Benutzung des Domain-Namens <leuchtturm.ch> muss somit als klare Verletzung der Kennzeichenrechte der Gesuchstellerinnen qualifiziert werden.

Die Voraussetzungen von Paragraph 24(c) und (d) des Verfahrensreglements sind erfüllt und die Übertragung des streitgegenständlichen Domain-Namens an die Gesuchstellerin ist gerechtfertigt.

7. Entscheidung

In Übereinstimmung mit Paragraph 24 des Verfahrensreglements ordnet der Experte die Übertragung des Domain-Namens <leuchtturm.ch> auf die Gesuchstellerin an.


Dr. Bernhard F. Meyer
Experte

Datum: 19. November 2009