Beschwerdeführer ist Allianz SE aus München, Deutschland, sich selbst vertretend.
Beschwerdegegner ist Sven Gauger aus Hamburg, Deutschland.
Der streitige Domainname <allianz-kredit.com> ist bei der 1&1 Internet AG, Karlsruhe, Deutschland (die „Domainvergabestelle“) registriert.
Die Beschwerde ging beim WIPO Schiedsgerichts- und Mediationszentrum (dem „Zentrum“) am 22. November 2011 per E-Mail ein. Am 22. November 2011 hat das Zentrum eine Bitte um Prüfung der Registrierungsdaten hinsichtlich des streitigen Domainnamens an 1&1 Internet AG geschickt. Am 24. November 2011 übermittelte die 1&1 Internet AG das Prüfungsergebnis per E-Mail an das Zentrum in dem sie bestätigte, dass der Beschwerdegegner Inhaber und administrative Kontaktperson für den streitigen Domainnamen ist.
Am 2. Dezember 2011 forderte das Zentrum die Parteien auf, die zunächst in englischer Sprache eingereichte Beschwerde, auf Deutsch zu übersetzen und nachzureichen. Am 9. Dezember 2011 reichte der Beschwerdeführer daraufhin die Beschwerde in deutscher Sprache ein.
Das Zentrum stellte fest, dass die Beschwerde den formellen Anforderungen der Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy (der „Richtlinie“), der Rules for Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy (der „Verfahrensordnung“) und der WIPO Supplemental Rules for Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy (der „Ergänzenden Verfahrensregeln“) genügt.
Gemäß Paragrafen 2(a) und 4(a) der Verfahrensordnung wurde die Beschwerde dem Beschwerdegegner förmlich zugestellt und das Beschwerdeverfahren am 19. Dezember 2011 eingeleitet. Gemäß Paragraf 5(a) der Verfahrensordnung endete die Frist für die Beschwerdeerwiderung am 8. Januar 2012. Der Beschwerdegegner hat keine Beschwerdeerwiderung eingereicht. Am 10. Januar 2012 teilte das Zentrum demzufolge die Säumnis des Beschwerdegegners mit.
Das Zentrum bestellte Stephanie G. Hartung am 31. Januar 2012 als Einzelpanelmitglied. Das Beschwerdepanel stellt fest, dass es ordnungsgemäß bestellt wurde. Das Beschwerdepanel hat eine Annahmeerklärung und Erklärung der Unbefangenheit und Unabhängigkeit gemäß Paragraf 7 der Verfahrensordnung abgegeben.
Der Beschwerdeführer ist die Muttergesellschaft der bereits 1890 in Berlin, Deutschland gegründeten Versicherungs- und Finanzdienstleistungsgruppe „Allianz“, welche mit ca. 151.000 Mitarbeitern und mehr als 76.000.000 Kunden in ca. 70 Ländern zu den weltweit führenden Finanzdienstleistern zählt.
Der Beschwerdeführer verfügt nachgewiesenermaßen über eine Vielzahl von registrierten Marken für die Bezeichnung „Allianz“, darunter insbesondere:
- Wortmarke ALLIANZ, Deutsches Patent- und Markenamt (DPMA) Nr. 987481, Tag der Eintragung: 11.07.1979, Aktenzustand: Marke eingetragen;
- Wort-/Bildmarke ALLIANZ, Deutsches Patent- und Markenamt (DPMA) Nr. 39927827, Tag der Eintragung: 16.07.1999, Aktenzustand: Marke eingetragen;
- Wortmarke ALLIANZ, Harmonierungsamt für den Binnenmarkt (HABM) Nr. 000013656, Tag der Eintragung: 22.07.2002, Aktenzustand: Marke eingetragen;
- Wort-/Bildmarke ALLIANZ, Harmonierungsamt für den Binnenmarkt (HABM) Nr. 002981298, Tag der Eintragung: 05.04.2004, Aktenzustand: Marke eingetragen.
Die Unternehmensgruppe des Beschwerdeführers verfügt darüber hinaus über diverse Domainnamen, darunter <allianz.de>, <allianz.com> sowie <allianzgroup.com>.
Der Beschwerdeführer nutzt die Marke ALLIANZ in erheblichem Umfang sowohl in Deutschland als auch weltweit für Versicherungs- und Finanzdienstleistungen und verteidigt die hieran erworbenen Markenrechte.
Der Beschwerdegegner hat den streitigen Domainnamen am 25. März 2011 registriert. Bei Aufruf des streitigen Domainnamens im Zeitpunkt der hiesigen Entscheidung erfolgt eine Weiterleitung auf die Suchmaschine „bing“ unter „www.bing.com“.
Der Beschwerdeführer trägt vor, dass der streitige Domainname der Marke ALLIANZ zum Verwechseln ähnlich sei. Neben den übereinstimmenden Begriff „Allianz“ trete der rein beschreibende Begriff „Kredit“, der lediglich den Zusammenhang zwischen der Marke ALLIANZ und Finanzdienstleistungen herausstelle.
Der Beschwerdeführer behauptet weiterhin, dass der Beschwerdegegner keine Rechte oder berechtigte Interessen hinsichtlich der Marke ALLIANZ habe. Der Beschwerdegegner verfüge weder über eigene Markeneintragungen ALLIANZ noch habe er eine Lizenz oder eine andere Form der Genehmigung oder Einwilligung des Beschwerdeführers zur Nutzung dieser Marke erhalten. Es seien keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Beschwerdegegner den streitigen Domainnamen in einem Zusammenhang nutze, der gemäß Richtlinie Paragraf 4(c) das Bestehen von Rechten oder berechtigten Interessen am streitigen Domainnamen belegen würde. Dies folge u.a. aus dem Umstand, dass verschiedene Personen E-Mails von einer Person mit dem Namen „Simon Zimmermann“ erhalten hätten, der die E-Mail-Adresse
[…]@allianz-kredit.com verwendet habe. Diese Personen hätten über diese E-Mail-Adresse Angebote für die Bestellung von Fußballtickets und Mobiltelefonen zugeschickt bekommen, jedoch nach Überweisung von Geld die erworbenen Waren nie erhalten. Nach Ermittlungen der deutschen Polizei hätten sich die hinter diesem Sachverhalt stehenden Personen offenbar nach Thailand abgesetzt.
Schließlich führt der Beschwerdeführer aus, dass der streitige Domainname bösgläubig eingetragen und verwendet worden sei. Aufgrund der Bekanntheit der Marke ALLIANZ könne seitens des Beschwerdegegners nicht schlüssig behauptet werden, dass er bei Registrierung des streitigen Domainnamens diese Marke nicht gekannt habe. Der Beschwerdegegner habe vielmehr vorsätzlich versucht, durch Verwendung des streitigen Domainnamens zum ökonomischen Vorteil Internetnutzer auf seine Internetseite zu locken, indem er die Wahrscheinlichkeit einer Verwechslung mit der Marke des Beschwerdeführers als Quelle, Sponsoring, Zugehörigkeit oder Anhang an den streitigen Domainnamen schaffte (Richtlinie, Paragraf 4(b)(iv)).
Der Beschwerdeführer behauptet, am 24. Oktober 2011 ein Abmahnschreiben gerichtet auf die Übertragung des streitigen Domainnamens an den Beschwerdegegner versendet zu haben, welches ausweislich eines postalischen Rückscheins vom 25. Oktober 2011 als unzustellbar mit dem Hinweis „Empfänger unter der angegebenen Anschrift nicht zu ermitteln“ zurückgekommen sei.
Der Beschwerdeführer beantragt, den streitigen Domainnamen auf ihn zu übertragen.
Der Beschwerdegegner hat keine Beschwerdeerwiderung eingereicht.
Gemäß Paragraf 4(a) der Richtlinie muss der Beschwerdeführer folgendes beweisen:
(i) dass der streitige Domainname mit einer Marke, an welcher der Beschwerdeführer Rechte hat, identisch oder verwechselbar ähnlich ist; und
(ii) dass der Beschwerdeführer weder Rechte noch berechtigte Interessen an dem streitigen Domainnamen hat; und
(iii) dass der streitige Domainname bösgläubig registriert wurde und genutzt wird.
Der Umstand, dass der Beschwerdegegner vorliegend keine Beschwerdeerwiderung eingereicht hat, führt noch nicht automatisch zu einer Entscheidung zu Gunsten des Beschwerdeführers. Jedoch bestimmt Paragraf 5(e) der Verfahrensordnung, dass das Beschwerdepanel bei Nichtvorliegen außergewöhnlicher Umstände seine Entscheidung allein auf Grundlage der Beschwerde zu treffen hat.
Der Beschwerdeführer hat nachgewiesen, dass er umfassende Rechte an der Marke ALLIANZ besitzt.
Der streitige Domainname <allianz-kredit.com> ist mit der Marke des Beschwerdeführers ALLIANZ jedenfalls verwechselbar ähnlich. Denn der streitige Domainname beinhaltet zum einen die vollständige Marke ALLIANZ, zum anderen den generischen Begriff „kredit“, der mit Rücksicht auf den Schutzbereich der Marke ALLIANZ (für Versicherungs- und Finanzdienstleistungen) sowie auf den Geschäftsgegenstand des Unternehmens des Beschwerdeführers lediglich beschreibend wirkt und daher nicht geeignet ist, die Verwechselbarkeit zwischen Marke und streitigem Domainnamen zu verhindern (siehe in diesem Sinne auch die Entscheidungen: Allianz SE v. Antonio Porchia, WIPO Verfahren Nr. D2010-0694; Allianz SE v. Well Domains are either owned by us or Client Managed, WIPO Verfahren Nr. D2008-0535).
Nach dem unbestrittenen Vortrag des Beschwerdeführers steht weiterhin zur Überzeugung des Beschwerdepanels fest, dass der Beschwerdegegner keine Rechte oder berechtigte Interessen am streitigen Domainnamen besitzt.
Der Beschwerdeführer hat dem Beschwerdegegner offenbar weder eine Lizenz noch eine sonstige Genehmigung erteilt, die Marke ALLIANZ, auch nicht als Domainnamen, zu nutzen.
Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Beschwerdegegner selbst über Marken- oder sonstige Rechte an der Bezeichnung „Allianz“ verfügt oder etwa unter dem streitigen Domainnamen <allianz-kredit.com> allgemein bekannt ist. Vielmehr ist es für die Zwecke des hiesigen Verfahrens angemessen und bewegt sich überdies im Einklang mit der Entscheidungspraxis anderer WIPO-Beschwerdepanels, die Marke ALLIANZ als jedenfalls bekannt, wenn nicht berühmt einzustufen, und zwar für Versicherungs- bzw. Finanzdienstleistungen aus dem Unternehmen des Beschwerdeführers(vgl. Allianz SE v. Acorn Consulting, WIPO Verfahren Nr. D2011-0171; Allianz SE v. Well Domains are either owned by us or Client Managed, WIPO Verfahren Nr. D2008-0535). Dies gilt nach Überzeugung des Beschwerdepanels insbesondere auch für Deutschland und damit den vermeintlichen Sitz des Beschwerdegegners. Es ist folglich abwegig anzunehmen, dass jemand mit der Marke ALLIANZ die Person oder eine geschäftliche Tätigkeit des Beschwerdegegners in Verbindung bringen würde.
Schließlich sind auch keine Umstände ersichtlich, wonach anzunehmen wäre, dass der Beschwerdeführer den streitigen Domainnamen im Zusammenhang mit einem gutgläubigen Angebot von Waren oder Dienstleistungen vor der Streitigkeit oder für einen rechtmäßigen, nicht gewerblichen oder billigen Zweck ohne Gewinnabsicht benutzt habe.
Zwar hat der Beschwerdeführer keine Ausführungen dazu gemacht, ob der streitige Domainname von dem Beschwerdegegner zu irgendeinem Zeitpunkt zum Betrieb einer wie auch immer gearteten Internet-Präsenz genutzt worden ist; die Beschwerde enthält insoweit keinerlei Nachweise durch z.B. Screenshots etc. Allerdings hat der Beschwerdeführer vorgetragen, dass diversen Personen E-Mails von einer Adresse: […]@allianz-kredit.com zugesandt worden seien, die Angebote für die Bestellung von Fußballtickets und Mobiltelefonen zum Gegenstand gehabt hätten, wobei nach Überweisung entsprechender Gelder Waren nicht übersandt worden wären. Die deutsche Polizei habe daraufhin Ermittlungen eingeleitet und festgestellt, dass die hinter diesem Sachverhalt stehenden Personen sich offenbar nach Thailand abgesetzt hätten. Diese Umstände lassen in Ermanglung eines gegenteiligen Vorbringens des Beschwerdegegners den Schluss zu, dass dieser den streitigen Domainnamen offenbar gewerblich und dies zudem in einer strafrechtlich relevanten Art und Weise genutzt hat. Dies aber rechtfertigt nicht die Annahme des Bestehens von Rechten oder rechtlichen Interessen des Beschwerdegegners am streitigen Domainnamen im Sinne von Paragraf 4(c) der Richtlinie.
Der Beschwerdeführer hat schließlich zur Überzeugung des Beschwerdepanels ebenfalls nachgewiesen, dass der Beschwerdegegner den streitigen Domainnamen im bösen Glauben registriert und genutzt hat.
Ausgehend von der Tatsache, dass es sich bei der Marke ALLIANZ um eine in Deutschland und folglich am angeblichen Sitz des Beschwerdegegners bekannte, wenn nicht berühmte Marke handelt, ist auch davon auszugehen, dass dem Beschwerdegegner die Marke des Beschwerdeführers im Zeitpunkt der Registrierung des streitigen Domainnamens bekannt gewesen ist. Dass der Beschwerdegegner bei Registrierung des streitigen Domainnamens die Marke ALLIANZ des Beschwerdeführers um den generischen Begriff „Kredit“ erweitert hat, stützt diese Auffassung, insoweit dem Beschwerdegegner der Geschäftsgegenstand des Beschwerdeführers offenbar vertraut ist.
Nach dem Sachvortrag des Beschwerdeführers liegen ferner ausreichende Anhaltspunkte für die Annahme vor, dass der Beschwerdegegner den streitigen Domainnamen zwar nicht notwendigerweise zum Betrieb einer Website, gleichwohl jedoch aktiv genutzt hat, und zwar als E-Mail-Kontakt zur Abwicklung von Fernabsatzgeschäften, die Gegenstand polizeilicher Ermittlungen in Deutschland gewesen sind. Hinzu kommt, dass die von dem Beschwerdegegner im WhoIs-Register für den streitigen Domainnamen hinterlegten Kontakt-Informationen offenbar unzutreffend gewesen sind, insofern das von dem Beschwerdeführer an den Beschwerdegegner gerichtete Abmahnschreiben vom 24. Oktober 2011 offensichtlich nicht zugestellt werden konnte. Es ist schließlich nach polizeilichen Ermittlungen in Deutschland zu vermuten, dass der Beschwerdegegner sich mit Rücksicht auf die unter dem streitigen Domainnamen abgewickelten Fernabsatzgeschäfte nach Thailand abgesetzt hat.
Diese Umstände lassen darauf schließen, dass der Beschwerdegegner vorsätzlich versucht hat, mittels des streitigen Domainnamens, welcher der bekannten Marke ALLIANZ des Beschwerdeführers verwechselbar ähnlich ist, Internetbenutzer unter Ausnutzung der hohen Wahrscheinlichkeit der Verwechselbarkeit des streitigen Domainnamens mit der Marke des Beschwerdeführers zu Gewinnzwecken anzulocken. Ein solches Vorgehen fällt zur Überzeugung des Beschwerdepanels entweder direkt unter Richtlinie, Paragraf 4(b)(iv) oder aber ist dem dort lediglich beispielshaft aufgeführten Sachverhalt (vgl. insoweit den englischen Originalwortlaut in Paragraf 4(b) der Richtlinie „in particular but without limitation“) als so vergleichbar anzusehen, dass der von dem Beschwerdeführer zu führende Beweis einer bösgläubigen Registrierung und Nutzung des streitigen Domainnamens als erbracht angesehen werden kann.
Aus den vorgenannten Gründen ordnet das Beschwerdepanel gemäß Paragrafen 4(i) der Richtlinie und 15 der Verfahrensordnung an, dass der streitige Domainname <allianz-kredit.com> auf den Beschwerdeführer übertragen wird.
Stephanie G. Hartung
Einzelbeschwerdepanelmitglied
Datum: 14. Februar 2012