WIPO Arbitration and Mediation Center
EXPERTENENTSCHEID
Vitale Barberis Canonico SpA v. CSI Group GmbH/ Chris Köppel
Verfahren Nr. DCH2013-0005
1. Die Parteien
Die Gesuchstellerin ist Vitale Barberis Canonico SpA aus Pratrivero (BI), Italien, vertreten durch Studio Barbero, Italien.
Der Gesuchsgegner ist CSI Group GmbH/ Chris Köppel aus Zürich, Schweiz.
2. Streitiger Domain-Name
Gegenstand des Verfahrens ist der Domain-Name <vitalebarberiscanonico.ch> (nachfolgend der „Domain-Name”). Die Domainvergabestelle ist SWITCH, Zürich, Schweiz.
3. Verfahrensablauf
Das Gesuch ging beim WIPO Schiedsgerichts- und Mediationszentrum (das „Zentrum”) am 8. März 2013 elektronisch und am 19. März 2013 in körperlicher Form (auf italienischer Sprache) ein. Das Gesuch stützt sich auf das Verfahrensreglement von SWITCH für Streitbeilegungsverfahren für “.ch” und “.li” Domain-namen (“Verfahrensreglement”), welches am 1. März 2004 in Kraft getreten ist.
Am 12. März 2013 bestätigte die Domainvergabestelle SWITCH, dass der Gesuchsgegner Inhaber und administrative Kontaktperson des Domain-Namens ist und informierte das Zentrum, dass die Sprache der Registrierungsvereinbarung für den streitgegenständlichen Domain-Namen Deutsch sei. Dementsprechend forderte das Zentrum die Parteien auf eine der folgenden Optionen zu wählen: a) einen ausreichenden Nachweis über eine Vereinbarung zwischen der Gesuchstellerin und dem Gesuchsgegner, die festlegt, dass das Verfahren auf Italienisch durchgeführt werden soll, einzureichen; b) das Gesuch auf Deutsch übersetzt einzureichen; c) einen Antrag mit unterstützendem Beweismaterial zu stellen, dass die Verfahrenssprache Italienisch sein soll. Ein übersetztes Gesuch, nicht unterzeichnet, ging beim Zentrum am 22. März 2013 und am 3. April 2013 in körperlicher Form ein. Das Zentrum bat die Gesuchstellerin am 12. April 2013 einen unterzeichneten Antrag nachzuschicken. Nach Angabe des Zentrums übermittelte die Gesuchstellerin diesen unterzeichneten Antrag per E-Mail am selben Tag.
Am 12. April 2013 wurde das Gesuch ordnungsgemäss zugestellt und das Streitbeilegungsverfahren eingeleitet. Die Frist für die Einreichung einer Gesuchserwiderung war der 2. Mai 2013.
Das Zentrum teilte mit Schreiben vom 10. Mai 2013 mit, dass der Gesuchsgegner weder eine Gesuchserwiderung eingereicht, noch auf andere Weise gegenüber dem Zentrum seine Bereitschaft zur Teilnahme an einer Schlichtungsverhandlung zum Ausdruck gebracht hat. Die Gesuchstellerin wurde vom Zentrum am selben Tag über die Möglichkeit benachrichtigt, die Fortsetzung des Verfahrens zu verlangen.
Am 14. Mai 2013 wurde das Verfahren nach Antrag der Gesuchstellerin in Übereinstimmung mit Paragraph 19 des Verfahrensreglements fortgesetzt und das Zentrum bestellte am 3. Juni 2013 Daniel Kraus als Experten. Der Experte stellt fest, dass er ordnungsgemäss bestellt wurde und hat in Übereinstimmung mit Paragraph 4 des Verfahrensreglements seine Unabhängigkeit erklärt.
4. Sachverhalt
Die Gesuchstellerin ist ein traditionelles Unternehmen, welches im Bereich von hochqualitativer Bekleidung und Textilien schon seit dem 17. Jahrhundert tätig ist. Die Geschichte der Familie Barberis Canonico Trivero in Bezug auf Wolle begann mit dem Handel von feiner Wolle durch Ajmo Barbero.
Die derzeitige Produktion beträgt etwa 7 Millionen Meter Stoff und der Umsatz im Jahr 2011 belief sich auf fast EUR 100 Mio. 80% des Umsatzes werden durch den Export erwirtschaftet und China, das etwa 20% der Verkäufe ausmacht, ist derzeit der größte Exportmarkt vor Großbritannien; weitere Märkte von besonderem Interesse sind in Asien, Deutschland und andere europäische Länder. In der Schweiz belief sich der Umsatz im Jahre 2011 auf EUR 136.000.
Die Gesuchstellerin ist Inhaberin zahlreicher eingetragener internationaler und nationaler Marken sowie der Gemeinschaftsmarken VITALE BARBERIS CANONICO, sowohl als Wort- als auch als Bildmarke und zwar in Italien, der Schweiz, der Europäischen Union und in vielen Ländern weltweit:
- Internationale Marke VITALE BARBERIS CANONICO n. 630.612 vom 06. Januar 1995 in Klassen 24 und 25);
- Internationale Marke VITALE BARBERIS CANONICO n. 864.424 vom 13. Juli 2005 in Klasse 35;
Die Gesuchstellerin ist darüber hinaus auch Inhaberin der Firmenrechte an dem Unternehmenskennzeichen „Vitale Barberis Canonico SpA“ und ist auch Inhaberin seit dem 17. Oktober 1997 des Domain-Namens <vitalebarberiscanonico.it>, durch welche die Gesuchstellerin ihren Geschäftsbetrieb bewirbt.
Der Gesuchsgegner ist ebenfalls im Bekleidungssektor tätig. Bereits im Jahr 2010 nahm er Kontakt mit einem Schweizer Vertreter der Gesuchstellerin auf, da er an der Entwicklung eines Projekts für maßgeschneiderte Anzüge mit neuen Stoffen interessiert war und eine Musterprobe der Gesuchstellerin ansehen wollte. Nach mehreren Kontakten kam es im Laufe des Monats November 2010 zu einem Telefonat in dessen Verlauf Herr Köppel (Geschäftsleiter der Gesuchsgegners) dem Vertreter der Gesuchstellerin mitteilte, sein Projekt sei derzeit ausgesetzt und er werde sich wieder melden, wenn weiterhin Interesse bestehe.
Am 3. August 2012 meldete der Gesuchsgegner den strittigen Domain-Namen an.
5. Parteivorbringen
A. Gesuchsteller
Die Gesuchstellerin beantragt, dass der Domain-Name <vitalebarberiscanonico.ch> des Gesuchsgegners auf sie übertragen wird.
Die Gesuchstellerin begründet diesen Antrag im Wesentlichen damit, dass der Domain-Name ihr Markenrecht in Bezug auf die schweizerischen Marken VITALE BARBERIS CANONICO verletze.
Des Weiteren führt die Gesuchstellerin aus, dass dem Gesuchsgegner keine Lizenz oder sonstige Gestattung zur Verwendung der Marke VITALE BARBERIS CANONICO erteilt wurde. Schliesslich verletze der Domain-Name das Namensrecht und das Firmenrechts der Gesuchstellerin, und die Verwendung des Domain-Namens durch den Gesuchsgegner verstosse gegen das Recht des unlauteren Wettbewerbs.
Aus dem Sachverhalt ergäbe sich schlussendlich, dass der Gesuchsgegner den strittigen Domain-Namen eindeutig bösgläubig und ohne ein rechtmässiges oder berechtigtes Interesse registriert hat.
B. Gesuchsgegner
Der Gesuchgegner hat keine Gesuchserwiderung eingereicht und hat sich auch nicht zur Teilnahme an einer Schlichtungsverhandlung gemäss Art. 15 (d) des Verfahrensreglements bereit erklärt.
6. Entscheidungsgründe
Gemäss Paragraph 24 (a) des Verfahrensreglements hat der Experte über das Gesuch unter Einhaltung des Verfahrensreglements und anhand der Vorbringen beider Parteien und der eingereichten Schriftstücke zu entscheiden. Gemäss Paragraph 24 (c) des Verfahrensreglements gibt der Experte dem Gesuch statt, wenn die Registrierung oder Verwendung des Domain-Namens eine klare Verletzung eines Kennzeichenrechts darstellt, welches der Gesuchstellerin nach schweizerischem oder liechtensteinischem Recht zusteht.
Gemäss Paragraph 24 (d) des Verfahrensreglements liegt eine solche Verletzung insbesondere dann vor, wenn
(i) sowohl der Bestand als auch die Verletzung des geltend gemachten Kennzeichenrechts sich klar aus dem Gesetzeswortlaut oder aus einer anerkannten Auslegung des Gesetzes und den vorgetragenen Tatsachen ergeben und durch die eingereichten Beweismittel nachgewiesen sind; und
(ii) der Gesuchgegner keine relevanten Verteidigungsgründe schlüssig vorgetragen und bewiesen hat; und
(iii) die Rechtsverletzung, je nach dem im Gesuch erhobenen Rechtsbegehren, die Übertragung oder Löschung des Domainnamens rechtfertigt.
A. Bestand von Kennzeichenrechten
Wie oben erwähnt, ist die Gesuchstellerin die Besitzerin unter anderen einer Internationale Marke VITALE BARBERIS CANONICO, die im Jahr 1995 registriert wurde, mit Schutz insbesondere in der Schweiz. In der Beilage 8 des Gesuchs hat die Gesuchstellerin einen Auszug der WIPO ROMARIN Datenbank beigefügt, welcher entsprechend den Nachweis gemäss Paragraph 24(d)(1) des Verfahrensreglements ausreichend erbringt.
B. Klare Verletzung der Rechte der Gesuchstellerin
Der streitgegenständige Domain-Name lautet <vitalebarberiscanonico.ch> und wurde am 3. August 2013 registriert. Der besagte Domain-Name verweist nicht auf eine aktive Website. Es besteht aber kein Zweifel für den Experten, dass der kennzeichnungskräftige Teil des Domain-Namens mit der Marke VITALE BARBERIS CANONICO verwechselbar ist. Ausserdem ist die Gesuchstellerin seit 1997 auch Inhaberin des Domainnamens <vitalebarberiscanonico.it>, durch welche die Gesuchstellerin ihren bekannten Geschäftsbetrieb bewirbt.
Das schweizerische Bundesgericht hat in einem Leitentscheid festgehalten, dass die Bildung von Internetadressen nicht dem rechtsfreien Raum zuzuordnen ist. Vielmehr hat die Kennzeichnungsfunktion der Domain-Namen zur Folge, dass diese gegenüber den absolut geschützten Kennzeichen Dritter den gebotenen Abstand einzuhalten haben, um Verwechslungen zu vermeiden (BGE 126 III 244). Ist ein Zeichen namens-, firmen-, oder markenrechtlich geschützt, kann dessen Inhaber Unberechtigten die Verwendung dieses Zeichens als Domain-Namen verbieten, sofern die unbefugte Verwendung eine Verwechslungsgefahr schafft, indem die entsprechende Website dem Falschen zugerechnet werden kann (Cablecom GmbH v. Marco Furrer, WIPO Verfahren Nr. DCH2009-0033 und weitere Verweise).
Im vorliegenden Fall kommt Art. 13 Abs. 2 des Markenschutzgesetzes vom 28. August 1992 („MSchG”) in Betracht. Demnach kann ein Markeninhaber anderen verbieten, ein Zeichen zu gebrauchen, welches aufgrund ihres älteren Markenrechts nach Art. 3 Abs. 1 MSchG vom Markenschutz ausgeschlossen ist, so insbesondere unter dem Zeichen Dienstleistungen anzubieten oder zu erbringen und die Marke auf Geschäftspapieren, in der Werbung oder im geschäftlichen Verkehr zu brauchen. Im vorliegenden Fall ist der kennzeichnungskräftige Teil des streitigen Domain-Namens mit der Wortmarke der Gesuchstellerin klar verwechselbar.
Der Gesuchsgegner ist ebenfalls im Bekleidungssektor tätig und wusste von der Existenz des Zeichens und der Marke VITALE BARBERIS CANONICO. Im Jahre 2010 hatte der Gesuchsgegner den schweizerischen Vertreter der Gesuchstellerin angerufen und angegeben, dass er an der Entwicklung eines Projekts für maßgeschneiderte Anzüge mit neuen Stoffen interessiert sei und eine Musterprobe der Gesuchstellerin ansehen wolle. Die Gesuchstellerin und der Gesuchsgegner haben jedoch keinen Vertrag abgeschlossen. Als sich der Gesuchsgegner trotzdem auf die Marke der Gesuchstellerin stützte, um seine Anzüge zu verkaufen, hat ihn letztere gemahnt. Der Gesuchsgegner reagierte nicht auf das Abmahnschreiben vom 18. Oktober 2012 der Gesuchstellerin. Er weigerte sich ebenfalls, den strittigen Domain-Namen zu übertragen.
Schlussendlich scheint es nach den eingereichten Unterlagen her dem Experten, dass der Gesuchsgegner den Domain-Namen mit dem Ziel registriert hat, sich an das Ansehen und die Bekanntheit der Marke der Gesuchstellerin anzuhängen, um sein eigenes Unternehmensgeschäft zu fördern und um verhindern, dass die Gesuchstellerin selbst den Domain-Namen registriert und nutzt. Das ist, wie schon im Fall Acqua Minerale San Benedetto S.p.A. c. Urago Handels AG, WIPO Verfahren Nr. DCH2008-0008, nicht akzeptabel.
C. Rechtsverletzung rechtfertigt die Übertragung
Entsprechend dem Rechtsbegehren der Gesuchstellerin, und in anbetracht der Rechtsverletzung des Gesuchsgegners, rechtfertigt sich die Übertragung des Domain-Namens auf die Gesuchstellerin.
7. Entscheidung
Aus den vorstehend genannten Gründen entscheidet der Experte, dass der Domain-Name <vitalebarberiscanonico.ch> gemäss Paragraph 24 des Verfahrensreglements auf die Gesuchstellerin zu übertragen ist.
Daniel Kraus
Experte
Datum: 2. Juli 2013