WIPO Arbitration and Mediation Center

ENTSCHEIDUNG DER Schiedskommission

Instagram, LLC v. J.W.

Verfahrensnr. DEU2017-0003

1. Die Parteien

Beschwerdeführer ist Instagram, LLC aus Menlo Park, Kalifornien, Vereinigte Staaten von Amerika (“Vereinigte Staaten”), vertreten durch Hogan Lovells, Frankreich.

Beschwerdegegner ist J.W., aus Haltern am See, Deutschland.

2. Domainname, Register und Registrierstelle

Das Register des streitigen Domainnamens ist das European Registry for Internet Domains (“EURid” oder das “Register”). Der streitige Domainname <lnstagram.eu> ist bei Strato AG registriert.

3. Verfahrensablauf

Die Beschwerde wurde bei dem WIPO Arbitration and Mediation Center (dem ”Zentrum”) am 3. Juli 2017 eingereicht.

Am 3. Juli 2017 sandte das Zentrum eine Bitte um Bestätigung der Registrierungsdaten hinsichtlich des streitigen Domainnamens per E-Mail an das Register. Am 4. Juli 2017 übermittelte das Register seine Antwort per E-Mail an das Zentrum, in dem es die Identität des Inhabers des streitigen Domainnamens sowie dessen Kontaktdaten offenlegte, welche vom in der Beschwerde genannten Beschwerdegegner (welcher dem Beschwerdeführer nicht bekannt war) und dessen Kontaktdaten abwichen. Am 5. Juli 2017 sandte das Zentrum eine Mitteilung per E-Mail an den Beschwerdeführer, in dem es die vom Register offen gelegten Informationen hinsichtlich des Domainnameninhabers und seiner Kontaktdaten bereitstellte und ihn aufforderte, eine nachgebesserte Beschwerde einzureichen. Der Beschwerdeführer reichte am selben Tag eine nachgebesserte Beschwerde ein.

Das Zentrum stellte fest, dass die Beschwerde zusammen mit der nachgebesserten Beschwerde den formellen Voraussetzungen der Regeln für die Alternative Streitbeilegung in .eu-Domainnamenstreitigkeiten (die “ADR-Regeln”) und den Ergänzenden Regeln der Weltorganisation für Geistiges Eigentum für .eu-Domainnamenstreitigkeiten (die “Ergänzenden Regeln”) entspricht.

In Übereinstimmung mit den ADR-Regeln, Artikel B(2), wurde die Beschwerde dem Beschwerdegegner vom Zentrum förmlich übermittelt und das Verfahren am 6. Juli 2017 eingeleitet. Gemäß den ADR-Regeln, Artikel B(3), endete die Frist für die Beschwerdeerwiderung am 18. August 2017. Der Beschwerdegegner reichte keine Beschwerdeerwiderung ein, übermittelte jedoch am 6. und 8. Juli 2017 und am 21. August 2017 informelle Kommunikationen.

Das Zentrum ernannte Peter Burgstaller am 23. August 2017 als einköpfige Schiedskommission. Die Schiedskommission stellt fest, dass sie ordnungsgemäß ernannt wurde. Die Schiedskommission hat eine Annahmeerklärung und Erklärung der Unabhängigkeit, wie vom Zentrum zwecks Übereinstimmung mit den ADR-Regeln, Artikel B(5), vorgeschrieben, abgegeben.

4. Sachverhalt

Der Beschwerdeführer betreibt eine weltweit führende Netzwerkapplikation im Bereich des Teilens von Fotos und Videos unter der Marke INSTAGRAM. Die Netzwerkapplikation wurde 2010 eingeführt und ist weltweit unter diesem Namen bekannt.

Der Beschwerdeführer ist Inhaber zahlreicher Marken weltweit die den Namen INSTAGRAM beinhalten und die diesen Namen auch (insb. markenrechtlich) schützen.

Die Marke INSTAGRAM wurde vom Beschwerdeführer auch unter vielen verschiedenen Top-Level-Domains als Domainname registriert.

Der Beschwerdeführer hat dem Beschwerdegegner keinerlei Rechte an der Marke INSTAGRAM eingeräumt.

Ausweislich der übermittelten Registrierungsdaten des Registers wurde der strittige Domainname am 2. März 2015 registriert. Der Domainname führt zu einer inaktiven Website.

5. Parteivorbringen

A. Beschwerdeführer

Der Beschwerdeführer ist die in der Welt führende soziale Netzwerkapplikation im Bereich des Teilens von Fotos und Videos. Der Beschwerdeführer wurde am 6. Oktober 2010 eingeführt; er hat seitdem beträchtlichen Goodwill entwickelt und Bekanntheit weltweit, mit gegenwärtig über 700 Millionen monatlich aktiven Nutzern und 400 Millionen täglich aktiven Nutzern sowie mit mehr als 250 Millionen Fotos und Videos, die pro Tag geteilt werden, erlangt. Die Webseite des Beschwerdeführers, abrufbar unter “www.instagram.com", rangiert unter den 18 meistbesuchten Webseiten in der Welt. Der Beschwerdeführer wird durchgehend unter den Top-Apps für mobile Geräte geführt und erhielt zahlreiche Auszeichnungen, eingeschlossen “App of the Year” im Jahr 2011 von Apple, Inc. Gegenwärtig befindet sich die App des Beschwerdeführers unter iTunes’ top 10 der freien Applikationen und ist in über 25 Sprachen verfügbar, einschließlich der deutschen Sprache.

Der Beschwerdeführer ist Inhaber zahlreicher Domainnamen, die aus der Marke INSTAGRAM bestehen oder diesen beinhalten und hat substantielle Investitionen zur Entwicklung einer starken Online-Präsenz getätigt; die offizielle Facebookseite des Beschwerdeführers hat demzufolge auch über 42,5 Millionen Facebook “likes” und fast 40 Millionen Followers auf Twitter.

Die Marke INSTAGRAM ist eine weltweit berühmte Marke was letztlich auch dazu führte, dass es zu zahlreichen “Cybersquatting-Fällen” bislang kam, um den guten Ruf und die Bekanntheit der Marke des Beschwerdeführers auszunutzen.

Die Marke INSTAGRAM ist ein hochkennzeichnungskräftiger Begriff, der ausschließlich mit dem Beschwerdeführer assoziiert wird. Der Beschwerdeführer hat zahlreiche Marken in vielen Jurisdiktionen der Welt, einschließlich der Europäischen Union (EU) und den Vereinigten Staaten, die INSTAGRAM beinhalten und die in Verbindung mit dem sozialen Netzwerk des Beschwerdeführers zwecks Teilens von Fotos stehen.

Der streitgegenständliche Domainname <lnstagram.eu> gibt die Marke des Beschwerdeführers in identer, jedenfalls aber verwechslungsfähig ähnlicher Art und Weise wieder: Die Top-Level-Domain hat bei der Identitäts-/Ähnlichkeitsprüfung außer Betracht zu bleiben. Der einzige Unterschied zwischen dem strittigen Domainnamen und der Marke INSTAGRAM des Beschwerdeführers liegt damit alleine darin, dass der Buchstabe “i” in der Marke INSTAGRAM des Beschwerdeführers im strittigen Domainnamen bewusst durch die Klein-Schreibweise des Buchstaben “L” – welche “I” ist – ersetzt wurde, sodass dadurch der Eindruck erweckt wird, dass es sich um ein großes “i” handelt; damit wird bewusst Verwirrung zwischen Internetnutzern erzeugt und verursacht.

Der Beschwerdegegner hat keine Rechte oder legitime Interessen am strittigen Domainnamen; er ist weder Lizenznehmer des Beschwerdeführers noch auf andere Weise autorisiert, die Marke INSTAGRAM zu verwenden, und zwar weder als Domainnamen noch auf sonstige Art.

Der Beschwerdegegner hat den strittigen Domainnamen zudem sowohl in bösgläubiger Absicht registriert als auch diesen bösgläubig benutzt.

Im Zeitpunkt der Registrierung des strittigen Domainnamens am 22. November 2016 war die Marke des Beschwerdeführers weltweit bekannt – der Beschwerdeführer hatte zu dieser Zeit bereits mehr als 600 Millionen Nutzer seines Dienstes. Zudem stellt die konkret gewählte Domainregistrierung durch den Beschwerdegegner (statt “i”, “l”) ein starkes Indiz für die Bösgläubigkeit dar.

Der Beschwerdegegner nutzt auch die strittige Domain bösgläubig: Er lässt nämlich Internetnutzer, durch Verwendung der kennzeichnungskräftigen kursiven Wortmarke des Beschwerdeführers, samt dessen bekannten Kameralogos sowie des gleichen “look and feel” seiner Webseite wie der offiziellen Website des Beschwerdeführers, im Glauben, dass sie sich auf jener des Beschwerdeführers befinden. Der Beschwerdegegner nutzt den Domainnamen bewusst, um absichtlich Verwirrung unter Internetnutzern zu schaffen, die nach dem Beschwerdeführer suchen, auf die betrügerische Phishing-Webseite des Beschwerdegegners umgelenkt werden, dort ihre Details eintippen und dann zur korrekten Webseite des Beschwerdeführers weitergeleitet werden, sodass dieses bösgläubige Verhalten auch unbemerkt funktioniert.

Ein weiteres Indiz für die Bösgläubigkeit des Beschwerdegegners liegt zudem in der Tatsache, dass der Beschwerdegegner den strittigen Domainnamen unter Inanspruchnahme eines privaten Schutzservices registriert hat, um seine Identität zu verstecken. Es gibt keinen Grund, warum der Beschwerdegegner seine Identität im Sinne eines Vertraulichkeitsschutzes schützen müsste.

Im Konkreten verwirklicht daher der Beschwerdegegner die in Artikel B(11)(d)(1)(i)-(iii) der ADR-Regeln angeführten Tatbestände kumulativ.

B. Beschwerdegegner

Der Beschwerdegegner hat keine Beschwerdeerwiderung eingereicht. In informellen Kommunikationen mit dem Zentrum am 6. und 8. Juli 2017 bzw. 21. August 2017 hat sich der Beschwerdegegner aber für eine Übertragung/einen Widerruf des strittigen Domainnamens ausgesprochen und den Behauptungen des Beschwerdeführers nicht widersprochen.

6. Entscheidungsgründe

Um eine Beschwerde nach den ADR-Regeln in der Sache erfolgreich durchzusetzen, muss der Beschwerdeführer gemäß Artikel 21 Abs 1 der VO (EG) Nr. 874/2004 bzw. gemäß Artikel B(11) (d)(1)(i)-(iii) der ADR-Regeln darlegen, dass

- der strittige Domainname mit einem Namen, für den Rechte bestehen, die nach nationalem und/oder Gemeinschaftsrecht anerkannt oder festgelegt sind, identisch oder diesem verwechslungsfähig ähnlich ist und, entweder

- der Domaininhaber selbst keinerlei Rechte oder berechtigte Interessen an diesem Domainnamen geltend machen kann oder

- diesen in böser Absicht registriert hat oder benutzt.

Die Voraussetzungen müssen also nicht kumulativ vorliegen, sondern eine erfolgreiche Beschwerde liegt bereits dann vor, wenn die Voraussetzung nach Artikel B(11) (d)(1)(i) der ADR-Regeln entweder gemeinsam mit der Voraussetzung nach (ii) leg cit oder der Voraussetzung nach (iii) leg cit erfüllt wird.

Nach Artikel B(10) der ADR-Regeln kann die Schiedskommission die Säumnis betreffend die Einreichung der Beschwerdeerwiderung als Anerkenntnis der Ansprüche des Beschwerdeführers in seiner Beschwerde werten.

Auf Basis der vorgelegten Beweismittel und dem Vortrag des Beschwerdeführers sowie der Spruchpraxis liegen aus Sicht dieser Schiedskommission diese Voraussetzungen aus nachfolgenden Gründen vor:

A. Identisch oder verwechselbar mit einem Namen, für den Rechte bestehen, die nach nationalem Recht eines Mitgliedsstaats und/oder Gemeinschaftsrecht anerkannt oder festgelegt sind

Der Domainname <lnstagram.eu> ist mit den vom Beschwerdeführer registrierten Marken INSTAGRAM (insb. mit Blick auf die Unionsmarke 1129314) verwechselbar ähnlich:

Die Schiedskommission folgt zunächst der ständigen Spruchpraxis von ADR- und Uniform Domain Name Dispute Resolution (UDRP)-Schiedskommissionen, wonach die Top-Level-Domain bei der Identitäts-/Ähnlichkeitsprüfung in der Regel außer Betracht zu bleiben hat. Im Konkreten ist daher die streitgegenständliche Second-Level-Domain <lnstagram> mit den vom Beschwerdeführer registrierten Marken INSTAGRAM zu vergleichen.

Tatsächlich unterscheiden sich die beiden Zeichen lediglich im Anfangsbuchstaben: Während der streitgegenständliche Domainname mit dem Buchstaben “l” (als Großbuchstabe “L”) beginnt, steht am Beginn der Marken des Beschwerdeführers ein “I” (als Kleinbuchstabe also ein “i”).

Diese Abweichung des streitgegenständlichen Domainnamens von den Marken des Beschwerdeführers ist nicht nur äußerst gering und ohne Zweifel zur Verwechslung geeignet – immerhin sind acht von neun Buchstaben ident -, sondern in der konkreten Ausprägung auch irreführend, weil der Kleinbuchstabe von “L” tatsächlich mit dem Großbuchstaben von “i” für das menschliche Auge ident ist (“l” = “I”).

Die Voraussetzung nach Artikel B(11) (d)(1)(i) der ADR-Regeln ist daher erfüllt.

B. Rechte oder berechtigte Interessen

Aus den vorliegenden Unterlagen bzw. Behauptungen ergibt sich für die Schiedskommission auch kein Umstand, aus denen der Beschwerdegegner Rechte oder berechtigte Interessen am strittigen Domainnamen ableiten könnte. Der Beschwerdeführer hat nach eigenen Angaben dem Beschwerdegegner keine Rechte am Zeichen INSTAGRAM eingeräumt und der Beschwerdegegner hat dem auch nicht widersprochen: Einerseits hat er überhaupt keine Beschwerdeerwiderung eingereicht, anderseits hat er sich in seinen informellen Kommunikationen vom 6. und 8. Juli bzw. 21. August 2017 nicht gegen die Beschwerde gerichtet – im Gegenteil: Am 8. Juli 2017 teilte der Beschwerdegegner sogar Folgendes mit: “…in diesem Schreiben möchte ich dem im vorliegenden Verfahren vom Beschwerdeführer beantragten Rechtsbehelf zustimmen und mein Einverständnis zur Übertragung/Widerruf des Domainnamen geben.”

Am 21. August 2017 hat der Beschwerdegegner dem Zentrum zudem mitgeteilt: “Eine Beschwerdeerwiderung würde bewusst nicht eingereicht, um zu gewährleisten, dass der Beschwerdeführer möglichst schnell die von ihm eingeforderten Domain bekommt.”

Nachdem das Zentrum diese Kommunikation dem Beschwerdeführer übermittelt hat, hat dieser mit Blick auf die gravierenden Umstände dieses Falles auf den Erlass einer Entscheidung bestanden. Für die Schiedskommission besteht kein Grund, den Behauptungen des Beschwerdeführers, insb. auch mit Blick auf Artikel B(10) der ADR-Regeln, nicht zu folgen.

Die Schiedskommission ist daher der Ansicht, dass dem Beschwerdegegner an der strittigen Domain weder Rechte noch berechtigte Interessen zustehen/zukommen (Artikel B(11) (1)(d)(ii) der ADR-Regeln).

C. Bösgläubige Registrierung oder bösgläubige Benutzung

Einer weiteren Prüfung dahingehend, ob der strittige Domainname zudem auch noch bösgläubig registriert wurde oder benutzt wird, bedarf es nicht, weil Artikel 21 Abs 1 VO (EG) Nr. 874/2004 bzw. Artikel B(11) (d)(1)(i)-(iii) ADR-Regeln entweder keine Rechte oder legitime Interessen einerseits oder Bösgläubigkeit andererseits fordert. Die Schiedskommission weist auf jeden Fall darauf hin, dass das Vorgehen des Beschwerdegegners – insbesondere die Art der Registrierung sowie die spezifische Benutzung des Domainnamens durch den Beschwerdegegner wie unter Ziffer 5A beschrieben – bösgläubig im Sinne der ADR-Regeln ist.

7. Entscheidung

Aus den vorgenannten Gründen ordnet die Schiedskommission in Übereinstimmung mit Artikel B(11) der ADR-Regeln an, dass der Domainname <lnstagram.eu> zu widerrufen ist.

Peter Burgstaller
einköpfige Schiedskommission
Datum: 8. September 2017


In accordance with Paragraphs B(12)(i) of the ADR Rules and 14 of the WIPO Supplemental Rules for the ADR Rules, below is a brief summary in English of WIPO Decision No. DEU2017-0003:

1. The Complainant is Instagram LLC of the United States of America, and the Respondent is J.W. of Germany.

2. The disputed domain name is . The disputed domain name was registered on March 2, 2015 with Strato AG and currently resolves to an inactive website.

3. The Complaint was filed in German on July 3, 2017 and the Respondent did not file a response. The Panel, Peter Burgstaller, was appointed on August 23, 2017.

4. The Complainant has an European Union Trademark for INSTAGRAM (Registration Number 1129314) registered on March 15, 2012.

5. Pursuant to Article 21(1) of the Commission Regulation (EU) No. 874/2004 and Paragraph B(11)(d)(1)(i)-(iii) of the ADR Rules, the Panel finds that:

The disputed domain name is identical or confusingly similar to a name in respect of which a right or rights are recognized or established by national law of a Member State and / or Community law.

The Respondent has no rights or legitimate interests in the disputed domain name.

The Respondent has registered and is using the disputed domain name in bad faith.

6. In accordance with Paragraph B(11) of the ADR Rules the Panel decides that the disputed domain name be revoked.