WIPO

WIPO Arbitration and Mediation Center

 

Entscheidung des Beschwerdepanels

Deutsche Telekom AG v. Michael Wilhelm

Verfahren Nr. D2002-0182

 

1. Die Parteien

Der Beschwerdeführer ist die Deutsche Telekom AG, Friedrich Ebert Allee 140, D 53113 Bonn. Ihr bevollmächtigter Vertreter ist Lovells Boesebeck Droste, z.H. Dr. Matthias Koch, Marstallstr. 8, D 80539 München.

Der Beschwerdegegner ist Michael Wilhelm, Weidenbornstrasse 8 a, D 65189 Wiesbaden.

 

2. Domainname und Domainvergabestelle

Gegenstand des Verfahrens ist der Domainname <german-telecom.net>.

Die Domainvergabestelle ist Schlund & Partner AG, Erbprinzenstrasse 4-12, D 76133 Karlsruhe.

 

3. Verfahrensablauf.

Die Beschwerdeschrift ging beim WIPO Arbitration and Mediation Center (kurz: "Center") per E-Mail am 22. Februar 2002 und in körperlicher Form am 27. Februar 2002 ein. Das Center bestätigte den Eingang der Beschwerdeschrift und bat am 4. März 2002 die Domainvergabestelle um Bestätigung der Eintragungsdaten. Diese bestätigte am 8. März 2002, dass der Beschwerdegegner der Inhaber des Domainnamens <german-telecom.net> und auch dessen administrative Kontaktperson ist.

Das Center stellte fest, dass die Beschwerde den Anforderungen der Rules for Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy („Verfahrensordnung") und der Ergänzenden Verfahrensregeln der WIPO genügt und dass ordnungsgemäss gezahlt wurde. Das Beschwerdepanel ist überzeugt, dass dies zutrifft.

Am 12. März 2002 wurde die Beschwerdeschrift ordnungsgemäss zugestellt und das Beschwerdeverfahren eingeleitet. Da innerhalb der gesetzten Frist keine Beschwerdeerwiderung einging, erging am 9. April 2002 eine Mitteilung der Säumnis des Beschwerdegegners.

Am 17. April 2002 teilte das Center mit, dass ein Beschwerdepanel in der Person von Herrn Dr. Gerd F. Kunze bestellt wurde und dass das Panelmitglied eine Annahmeerklärung und eine Erklärung der Unbefangenheit und Unabhängigkeit abgegeben hat. Das Center erhielt keine weiteren Eingaben. Das für den Erlass der Entscheidung festgesetzte Datum ist der 1. Mai 2002.

 

4. Sachverhalt

A. Beschwerdeführer

Der Beschwerdeführer ist das grösste Telekommunikationsunternehmen Europas und treibt die Internationalisierung der „Deutsche Telekom Gruppe" vermittels Aktienbeteiligungen an ausländischen Unternehmen voran. Er bedient Kunden in über 65 Ländern durch regionale Vertretungen.

Der Beschwerdeführer ist unter anderen Inhaber folgender Marken:

- Deutsche Wortmarke „Telekom", eingetragen mit Priorität vom 9. Juni 2000 unter der Nr. 30043798;

- Deutsche Wort/Bildmarke „Telecom" (bestehend aus dem Wort „Telecom" und der Abbildung von 9 Quadraten in quadratische Anordnung);

- Gemeinschaftsmarke „Deutsche Telekom" (Wortmarke), eingetragen mit Priorität vom 1. April 1996 unter der Nr. 214 643;

- Internationale Registrierung „Deutsche Telekom" (Wortmarke), eingetragen mit Priorität vom 20. Februar 1996 unter der Nr. 661 455 unter Benennung zahlreicher Länder;

Alle diese Markeneintragungen sind für ein umfangreiches Warenverzeichnis in den Klassen 9, 14, 16, 18, 25, 28, 36, 37, 38, 41 und 42 erfolgt.

Der Beschwerdeführer benutzt seine Marken für alle geschäftlichen Aktivitäten, die weit über Telekommunikationsdienstleistungen hinausgehen. Die Marke „Deutsche Telekom" hat in Deutschland einen sehr hohen Bekanntheitsgrad und ist zweifellos als notorisch bekannte Marke im Sinne von Artikel 6bis der Pariser Verbandsübereinkunft anzusehen.

Der Beschwerdeführer ist Inhaber folgender Domainnamen:

- <Deutschetelekom.de>, <Deutsche-Telekom.de>, <Deutsche-Telekom.net>, <DeutscheTelekom.com>

- <germantelecom.com>, <german-telecom.com>, <germantelecom.net>

Vor der Einleitung dieses Verfahrens sandte der Beschwerdeführer dem Beschwerdegegner ein Abmahnungsschreiben (Kopie ist der Beschwerde als Anlage (J) beigefügt).

B. Beschwerdegegner

Der Beschwerdegegner liess sich am 12. November 2001 den Domainnamen <german-telecom.net> eintragen. Er hat unter diesem Domainnamen eine Website eingerichtet, auf der seit einiger Zeit lediglich eine Fehlermeldung erscheint. Vor der Zusendung des unter Abschnitt 4 A erwähnten Abmahnungsschreibens an den Beschwerdegegner erfolgte ein Hinweis auf die Internetseiten von „erotic 1" mit der Möglichkeit einer direkten Verbindung per „link" (Anlage H zur Beschwerdebegründung).

 

5. Parteivorbringen

A. Beschwerdeführer

Der Beschwerdeführer bringt vor, dass (1) der Domainname <german-telecom.net> mit einer Marke, aus welcher der Beschwerdeführer Rechte herleitet, identisch oder verwechslungsfähig ähnlich ist; (2) der Beschwerdegegner weder Rechte noch ein berechtigtes Interesse an dem Domainname hat; und (3) dass der Domainname bösgläubig registriert wurde und benutzt wird.

B. Beschwerdegegner

Der Beschwerdegegner hat es versäumt, eine Beschwerdeerwiderung einzureichen. Er hat daher das Vorbringen der Beschwerde nicht bestritten und das Beschwerdepanel wird auf der Grundlage des Vorbringens der Beschwerde entscheiden, wobei es die aus der Säumnis von ihm als angemessen erachteten Schlüsse ziehen wird (Paragraph 14(b) der Verfahrensordnung).

 

6. Entscheidungsgründe

Paragraph 4(a) der Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy (die "Richtlinie") führt drei Elemente auf, die der Beschwerdeführer nachweisen muss, um die Feststellung zu rechtfertigen, dass der Domainname des Beschwerdegegners auf den Beschwerdeführer zu übertragen ist:

1) dass der Domainname <german-telecom.net> mit einer Marke, aus welcher der Beschwerdeführer Rechte herleitet, identisch oder verwechslungsfähig ähnlich ist;

2) dass der Beschwerdegegner weder Rechte noch ein berechtigtes Interesse an dem Domainname hat; und

3) dass der Domainname bösgläubig registriert wurde und benutzt wird

1) Verwechslungsgefahr mit einer Marke, aus welcher der Beschwerdeführer Rechte herleitet

Der Domainname <german-telecom.net> ist nicht identisch mit einer der Marken des Beschwerdeführers, vielmehr handelt es sich um eine Übersetzung in die englische Sprache der Marke „Deutsche Telekom", welche die wichtigste Marke des Beschwerdeführers ist und in Deutschland den Schutz einer notorisch bekannten Marke geniesst. Der Bestandteil „.net" muss bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr unberücksichtigt bleiben. Auch die Einfügung eines Bindestriches spielt keine Rolle, da die Marke „Deutsche Telekom" bzw. ihre englische Übersetzung „German Telecom" nicht mit einem Leerabstand als Domainname registriert werden kann, und es daher üblich ist, Domainnamen, die aus zwei Worten bestehen, entweder mit Bindestrich oder in einem Wort zusammen zu schreiben. Eine Zusammenschreibweise kam für den Beschwerdegegner nicht in Betracht, da der Domainname „germantelecom.net" bereits für den Beschwerdeführer eingetragen ist. Auch die durchgehende Kleinschreibweise ist für Domainnamen üblich. Die Schreibeweise „german-telecom" ist somit eine für die Zwecke des Internets nahe liegende englische Übersetzung der Marke „Deutsche Telekom" des Beschwerdeführs.

Nach allgemeinen Grundsätzen der Verwechslungsgefahr im Markenrecht kann kein Zweifel bestehen, dass die Verwendung einer Übersetzung der notorisch bekannten Marke „Deutsche Telekom" in die englische Sprache verwechslungsfähig mit dieser Marke ist (die Übersetzung ist ausdrücklich als einer der Fälle einer unzulässigen Verwendung einer notorisch bekannten Marke in Artikel 6bis der Pariser Verbandsübereinkunft genannt). Aber auch unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Internets ist Verwechslungsgefahr zu bejahen. Der Beschwerdeführer ist international tätig und hat zahlreiche Kunden in englischsprachigen Ländern. Da diese mit der deutschen Schreibeweise des Wortes „Telekom" und mit dem Namen „Deutsche Telekom" oft nicht vertraut sind, liegt es nahe, dass sie auf der Suche nach der Website des Beschwerdeführers den Domainnamen <german-telecom.> eingeben. Im Hinblick auf die Haupttätigkeit des Beschwerdeführers, der ein Unternehmen der Telekommunikation ist, liegt es auch nahe, diesen in der „.net" Domain und nicht (nur) in der „.com" Domain zu suchen (in der „.de" Domain zu suchen, wird für ausländische Kunden des international tätigen Beschwerdeführers eher abwegig sein). Statt die Website des Beschwerdeführers zu erreichen, landeten Interessenten aber bis vor kurzem auf einer Website des Beschwerdegegners, die einen Hinweis und einen link zu Erotikseiten anbot. Daraus ergibt sich, dass der Domainname des Beschwerdegegners mit der als Gemeinschaftsmarke und als internationale Marke eingetragenen Marke „Deutsche Telekom" verwechselbar ähnlich ist. Auf die Verwechslungsgefahr mit den anderen erwähnten Marken de Beschwerdeführers kommt es daher nicht mehr an.

2) Rechte oder berechtigte Interessen an dem Domainnamen

Der Beschwerdegegner ist weder Vertreter noch Lizenznehmer des Beschwerdeführers. Er benutzt den Domainnamen <german-telecom.net> zur Zeit weder für eine eigene kommerzielle noch für eine nicht-kommerzielle Tätigkeit. Der bis vor kurzem erfolgte Hinweis auf die Seite „erotic1" kann nicht als lautere Benutzung des Domainnamens <german-telecom.net> angesehen werden.. Wie der Beschwerdeführer zu Recht vorbringt, besteht keinerlei Anhaltspunkt dafür, wieso der Beschwerdegegner auf der Internetseite <german-telecom.net> erotische Inhalte anbietet, ausser dem Verdacht, den bekannten Namen des Beschwerdeführers auszunutzen um mehr Zugriffe („hits") auf die angebotenen Eroticseiten zu erhalten. Solche „hits" werden üblicherweise gegen Entgelt angeboten. Es würde auch für den Beschwerdegegner keinen Sinn machen, derartige „links" zu Erotikseiten vorzusehen, wenn es nicht zu dem Zweck wäre, dafür ein Entgelt zu kassieren. Mangels eines anders lautenden Vorbringens des Beschwerdegegners ist daher davon auszugehen, dass insoweit auch keine nicht-kommerzielle Tätigkeit vorlag.

Da der Beschwerdegegner unter dem Domainnamen <german-telecom.net> keine eigenen Aktivitäten betreibt, kann er auch nicht unter diesem Domainnamen bekannt geworden sein.

Mangels eines Vorbringens des Beschwerdegegners kommt das Panelmitglied daher zu dem Ergebnis, dass der Beschwerdegegner keine Rechte oder berechtigte Interessen an dem Domainnamen <german-telecom.net> hat.

3) Bösgläubige Eintragung und Benutzung

Damit eine Beschwerde Erfolg haben kann, muss das Beschwerdepanel überzeugt sein, dass der Domainname bösgläubig eingetragen wurde und bösgläubig benutzt wird.

Der Beschwerdegegner hat nicht versucht, den Domainnamen an den Beschwerdeführer zu verkaufen. Aber er hat ihn in einer Weise benutzt, die als bösgläubig anzusehen ist und gleichzeitig ein klarer Hinweis darauf ist, dass der Domainname auch bösgläubig eingetragen wurde.

Das Panelmitglied geht davon aus, dass der Beschwerdegegner die Marke "Deutsche Telekom" des Beschwerdeführers kannte, als er den Domainnamen <german-telecom.net> eintragen liess. Das lässt sich bereits aus dem überragenden Bekanntheitsgrad schliessen, den der Beschwerdeführer in Deutschland, wo der Beschwerdegegner seinen Wohnsitz hat, für seine Marke, die mit seinem Namen identisch ist, geniesst. Auch die Tatsache, dass der Beschwerdeführer genau den Domainnamen in englischer Übersetzung der Marke des Beschwerdeführers wählte, der nicht für den Beschwerdeführer eingetragen und damit verfügbar war (wie oben erwähnt, ist der Beschwerdeführer Inhaber der Domainnamen <germantelecom.com>, <german-telecom.com> und <germantelecom.net>), kann kein Zufall sein.

Dies allein ist bereits ein Hinweis auf bösgläubige Eintragung. Zieht man weiterhin in Betracht, dass der Beschwerdegegner diesen Domainnamen bis Erhalt des Abmahnungsschreibens des Beschwerdeführers zum Angebot von "hits" auf Erotik-Webseiten benutzte, so sprechen diese Tatsachen zusammengenommen dafür, dass der Beschwerdegegner den Domainnamen bösgläubig eintragen liess und benutzte. Wie bereits oben Abschnitt 6 (2) ausgeführt wurde, muss mangels anderweitigem Sachvortrag des Beschwerdegegners davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdegegner den link zu Erotikseiten auf seiner Website gegen Entgelt anbot. Damit hat der Beschwerdegegner in Gewinnerzielungsabsicht versucht, durch die Benutzung des auf den Beschwerdeführer hinweisenden Domainnamens Internetbenutzer zu seiner Website und auf diesem Wege zu einer anderen Online-Präsenz zu lenken (Paragraph 4(b)(iv) der Richtlinie). Zunächst unterlag ein Besucher der Website auch einer Verwechslungsgefahr im Sinne von Paragraph 4(b)(iv). Auch wenn die meisten Besucher anschliessend erkannt haben werden, dass der Hinweis auf die Erotikseiten nicht mit Billigung des Beschwerdeführers erfolgt sein konnte, kam es zunächst einmal zu einer Verwechslung. Damit war das Verhalten des Beschwerdegegners geeignet, zu einer Verärgerung seriöser Internetkunden des Beschwerdeführers zu führen und den Ruf der Marke des Beschwerdeführers zu schädigen. Die in Paragraph 4(b) aufgeführten Tatbestände sind nur Beispielsfälle eines typisch bösgläubigen Verhaltens. Auch wenn man annimmt, dass das Verhalten des Beschwerdegegners nicht exakt den Tatbestand von Paragraph 4(b)(iv) erfüllt, muss der in Gewinnabsicht erfolgte bewusste Missbrauch und die damit verbundene Rufausnutzung der Marke des Beschwerdeführers in ihrer englischen Übersetzung als bösgläubige Benutzung angesehen werden. Die Eintragung und Benutzung des mit der Marke des Beschwerdeführers verwechslungsfähigen Domainnamens <german-telecom.net> für eine Werbung für Erotikseiten ist somit bösgläubig erfolgt. In diesem Sinne hat auch das Beschwerdepanel im Fall WIPO Verfahren Nr. D2001-0761 (Royal Bank of Canada v. Personal) entschieden.

An dieser Beurteilung ändert nichts, dass der Beschwerdegegner inzwischen die Benutzung des Domainnamens für einen Hinweis auf Erotikseiten aufgegeben hat. Wurde ein Domainname erst einmal bösgläubig eingetragen und benutzt, entfällt die Bösgläubigkeit im Sinne der Richtlinie nicht mehr dadurch, dass der Beschwerdegegner diese Benutzung aufgibt, andernfalls würde der Zweck der Richtlinie in sein Gegenteil verkehrt. Hinzu kommt, dass gemäss unbestrittenem Vorbringen des Beschwerdeführers der Beschwerdegegner noch unmittelbar vor Einleitung des Beschwerdeverfahrens zum Ausdruck brachte, dass er nicht bereit sei, den Domainnamen freizugeben.

 

7. Entscheidung

Das Beschwerdepanel entscheidet, dass die Beschwerde alle drei Voraussetzungen von Paragraph 4(a) der Richtlinie bewiesen hat.

Gemäss Paragraph 4(i) der Richtlinie und Paragraph 15 der Verfahrensordnung ordnet das Beschwerdepanel die Übertragung des Domainnamens <german-telecom.net> auf den Beschwerdeführer an.

 


 

Dr. Gerd F. Kunze
Einzelpanelist

Datum: 29. April 2002