WIPO

 

WIPO Arbitration and Mediation Center

 

ENTSCHEIDUNG DES BESCHWERDEPANELS

ACCOR v. Dr. Gregor Moll

Verfahren Nr. D2005-0463

 

1. Die Parteien

Die Beschwerdeführerin ist ACCOR, Aktiengesellschaft, Evry, Frankreich, vertreten durch Dreyfus & Partner, Paris, Frankreich.

Der Beschwerdegegner ist PT Dr. Moll IT Solutions, Fuerth, Deutschland.

 

2. Domain Name und Domainvergabestelle

Gegenstand des Verfahrens ist der Domainname: <mercure-sanur.com>.

Die Domainvergabestelle ist Schlund & Partner AG, Karlsruhe, Deutschland.

 

3. Verfahrensablauf

Die Beschwerdeschrift ging beim WIPO Arbitration und Mediation Center (im Folgenden „Center“) per E-Mail am 28.April 2005 und in körperlicher Form am 13. Mai 2005 ein. Am 29.April 2005 wurde von der zuständigen Domainvergabestelle bestätigt, dass die streitgegenständlichen Domainnamen auf den in der Beschwerdeschrift genannten Beschwerdegegner registriert sind.

Das Center wies die Beschwerdeführerin am 17. Mai 2005 darauf hin, dass die Sprache des Verfahrens gemäss Paragraph 11 der Verfahrensordnung die Sprache des Registrierungsvertrages sei und forderte sie auf, die Beschwerdeschrift entweder in deutscher Sprache einzureichen oder eine Vereinbarung mit dem Beschwerdegegner vorzulegen, in der sich die Parteien auf Englisch als Verfahrenssprache einigen. Die Beschwerdeführerin reichte die deutsche Übersetzung am 24. Mai 2005 per E-mail ein.

Das Center stellte am 22. Juni 2005 fest, dass die Beschwerdeschrift den Anforderungen der Rules for Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy (im Folgenden „UDRP-Verfahrensordnung“) und den WIPO Supplemental Rules for Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy (im Folgenden „Ergänzende Verfahrensregeln der WIPO“) entspricht und dass die Verfahrensgebühr ordnungsgemäss bezahlt wurde.

Am 22. Juni 2005 stellte das Center die Beschwerdeschrift dem Beschwerdegegner in deutscher und englischer Sprache zu und forderte ihn auf, bis zum 12. Juli 2005 eine Beschwerdeerwiderung einzureichen. Dies geschah mit Eingaben von 27. Juni 2005 und vom 5. Juli 2005.

Am 14. Juli 2005 bestätigte das Center den Eingang der Beschwerdeerwiderungen.

Am 28. Juli 2005 teilte das Center den Parteien mit, dass ein Beschwerdepanel in der Person von Dr. Kamen Troller bestellt wurde, und dass der Einzelpanelist eine Annahmeerklärung und eine Erklärung der Unbefangenheit und Unabhängigkeit abgegeben hat. Für den Erlass der Entscheidung wurde der 11. August 2005 festgesetzt.

 

4. Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin Accor ist ein weltweit tätiges, bedeutendes Tourismusunternehmen, mit grossem eigenem Hotelbesitz, so auch in der indonesischen Stadt Sanur.

Ihre Hotels führt sie unter diversen Bezeichnungen wie Sofitel, Novotel, Ibis und Accor.

Als Beschwerdegegner wurde die indonesische Firma PT Dr. Moll IT Solutions in Recht gefasst, die Dr. Gregor Moll gehört. Dieser ist im Verfahren als selbständiger Beschwerdegegner aufgetreten. Dr. Moll ist anscheinend ein IT Techniker und Fachmann, Informatiker und Microsoft Systems Engineer und hielt sich während längerer Zeit in Indonesien auf, u.a. in Sanur, im Hotel Raddin, das im Mai/Juni des Jahres 2004, von Accor übernommen oder zumindest gepachtet und auf den Namen „Mercure Resort Sanur“ umgetauft wurde. Keine der Parteien hat genaue Daten zu dieser Frage beigebracht.

Im Juni 2004, war der Beschwerdegegner an der Bearbeitung eines IT Projektes für dieses Hotel beteiligt, wie sich aus einem von ihm verfassten und unterschriebenen Sitzungsprotokoll vom 16. Juni 2004, ergibt (Beschwerdeführerbeilage 3, nachstehend als Bfb abgekürzt). Dieses Projekt lief unter der Bezeichnung „Mercure Tourist Resort Sanur“; am 16. Juni 2004, hatte der Beschwerdegegner schon umfangreiche Vorarbeiten geleistet (Bfb 3, S. 1: „ ........ because from PT Dr. Moll IT Solutions extensive delivery in advance had been made“); er arbeitete seit November 2003, an diesem Projekt (ergänzende Erwiderung vom 5. Juli 2004, S. 3).

Nach übereinstimmenden Angaben der Parteien hat der Beschwerdegegner den strittigen Domainnamen am 9. Juni 2004 eingetragen.

Die Beschwerdeführerin ist seit den 90iger Jahren Inhaberin diverser Markeneintragungen, unter anderem der IR Marken Mercure und Hotels Mercure oder Mercure Hotels, die alle eine Stammlandeintragung in Frankreich haben und z.T. in bis zu 18 Ländern eingetragen sind (Bfb 7).

Des weiteren benützt sie den schon seit 1996, eingetragenen Domainnamen <www.mercure.com> (Bfb 9).

Bei einem Treffen mit der Beschwerdeführerin am 16. Juni 2004 hatte sich der Beschwerdegegner bereit erklärt, der Beschwerdeführerin den Domainnamen gratis zur Benutzung zu überlassen oder auf sie zu übertragen, unter der Bedingung, dass er den Auftrag für die Sanierung der IT-Anlage des Hotels in Sanur erhalte (Bfb. 3, zwei letzte Abschnitte).

Anschliessend, am 21. Juni 2004, dankte ein Angestellter der Beschwerdeführerin dem Beschwerdegegner dafür, dass er den Domainnamen <mercure-sanur.com> für sie reserviert habe und bat ihn, den Namen gegen Erstattung der Unkosten auf die Beschwerdeführerin zu übertragen (Beschwerdegegnerbeilage 2, nachstehend Bgb).

Am 7. Juli 2004, forderte die Beschwerdeführerin den Beschwerdegegner erneut auf, den strittigen Domainnamen auf sie zu übertragen (Bgb 3).

Am 12. Juli 2004, wiederholte die Beschwerdeführerin die Forderung auf Übertragung des Domainnamens <mercure-sanur.com> (Bfb 4).

Mit Schreiben vom 13. Juli 2004, verweigerte der Beschwerdegegner die Übertragung und stellte fest, dass die Accor Gruppe die Eintragung dieses Namens anscheinend versäumt habe; er sei zu weiteren Verhandlungen bereit, wenn Accor beweise, dass sie weltweite Markenrechte an der Marke „Mercure“ besitze.

Der strittige Domainname wurde anscheinend seit der Eintragung verschiedenen Nutzungen zugeführt, zuerst leitete er auf die Homepage der Beschwerdeführerin, anschliessend war er mit einer Irrtumsanzeige und dann, zum Zeitpunkt der Beschwerdeeinreichung, sogar mit einer Sperranzeige belegt (Beschwerde S. 8 und Bfb 5), wobei diese Angaben vom Beschwerdegegner trotz und im Widerspruch zu den klaren (aber undatierten) Dokumenten bestritten werden. Neuerdings kündigt die unter dem strittigen Domainnamen bestehende Webseite an, „Hier entsteht eine neue Internet-Präsenz – Der Planet Merkur“, wie dies vom Panel am 3. August 2005 selber festgestellt wurde. Der Beschwerdegegner hat eine diesbezügliche Beilage ins Verfahren gelegt (Anlage 5), aber auch kein Datum angegeben, seit wann diese Webseite besteht, was notwendig gewesen wäre, um seiner Behauptung (die im Gegensatz zu den von der Beschwerdeführerin eingereichten Unterlagen steht), die strittige Domain sei zu keinem Zeitpunkt auf eine Errorpage gelaufen, Substanz und Glaubwürdigkeit zu geben. Das Panel muss daher davon ausgehen, dass die neue Webseite erst nach Einreichung der Beschwerde eröffnet wurde.

 

5. Parteivorbringen

A. Beschwerdeführerin

Die Beschwerdeführerin führt folgendes aus:

Accor sei ein europaweit führendes Unternehmen und eine der weltweit größten Gruppen im Reise- und Tourismusgewerbe, sowie für korporative Dienstleistungen. Der Beschwerdeführerin gehörten weltweit mehr als 4.000 Hotels in 90 Ländern. Accor führe insbesondere verschiedene Hotels vorwiegend in Asien und vor allem in Indonesien.

Die Accor Gruppe besitze unter anderem die Markenzeichen Mercure, Sofitel, Ibis und Novotel. Mercure sei mit 750 Hotels in 47 Ländern über die ganze Welt verteilt und in Indonesien präsent. Die Beschwerdeführerin besitze die Webseiten „www.mercure.com“ und kommuniziere im Internet hauptsächlich über diese Seiten, um dem Internetbenutzer ein rasches und leichtes Auffinden und das Buchen seiner Hotels zu ermöglichen.

Der Beschwerdegegner sei Anbieter von Netzwerklösungen fürs Internet und habe für das Hotel Mercure in Sanur (Indonesien) gearbeitet, um die offizielle Webseite von Accor in Asien, „www.accorhotels-asia.com“ zu erstellen. Der Beschwerdegegner habe erklärt, dass er den Domainnamen <mercure-sanur.com> eingetragen habe, obwohl ihm seitens des Beschwerdeführers keine Ermächtigung für entsprechendes Handeln erteilt wurde, da dieser Name schnellstens geschützt werden sollte, um zu vermeiden, dass jemand dem Hotel diesen Namen wegnehme. Die Beschwerdeführerin habe dem Beschwerdegegner am 12. Juli 2004, per Einschreiben und per E-Mail einen Mahnbrief geschickt und ihn zu einer gütlichen Übertragung des Domainnamens aufgefordert. Danach habe der Beschwerdegegner Accor erpresst und einen Betrag von 50,000 US$ gefordert, als Entschädigung für die gütliche Übertragung des Domainnamens. Der Beschwerdegegner habe ebenfalls argumentiert, dass das Markenzeichen „Mercure“ keine gültige Marke sein könne, da es lediglich auf den Namen eines Planeten verweise. Der Beschwerdegegner führe weiterhin aus, dass er weitere Verhandlungen akzeptieren würde, wenn Accor hätte beweisen können, dass „Mercure“ ein weltweit geschütztes Markenzeichen sei.

Die Beschwerdeführerin erläutert weiter, dass sie unter dem Namen MERCURE sehr bekannte Hotels führe. MERCURE sei ein wohlbekanntes und insbesondere im Hotel- und Gaststättengewerbe weltweit geschütztes Warenzeichen. Im Zusammenhang mit den Mercure Hotels, insbesondere im Bereich der Hotels und Restaurants sowie des Internet-Services, besitze die Beschwerdeführerin weltweit zahlreiche Markenrechte; zu diesen zählen u.a.:

Mercure, internationales Markenzeichen Nr. 639211, erneuerte und geschützte Waren und Dienstleistungen, eingetragen am 13. Juli 1995, Klassen 16, 39, 42;

Mercure, internationales Markenzeichen Nr. 615787, erneuerte und geschützte Waren und Dienstleistungen, eingetragen am 20. Dezember 1993, Klassen 8, 16, 42;

Mercure Hotels, internationales Markenzeichen Nr. 491965, erneuerte und geschützte Waren und Dienstleistungen, eingetragen am 4. März 1985, Klassen 8, 16, 21, 42;

Mercure, EG-Markenzeichen Nr. 003966223, erneuerte und geschützte Waren und Dienstleistungen, eingetragen am 20. Juli 2004, Klassen 39, 41, 43.

Der Zusatz des Städtenamens „Sanur“ besage lediglich, dass sich das Hotel Mercure in dieser Stadt befinde. Aus diesem Grund werde durch den Zusatz eine Ähnlichkeit oder Verwechselung zwischen „Mercure“ und „Mercure Sanur“ nicht verhindert.

B. Beschwerdegegner

In seiner ersten Eingabe vom 27. Mai 2005, führte der Beschwerdegegner u.a. aus, er habe zu keiner Zeit für das Hotel Mercure in Sanur gearbeitet und auch keinen Auftrag erhalten, die offizielle Webseite von Accor in Asien zu erstellen oder sonst für diese tätig zu werden. Er habe nur mit dem Hotel Raddin in Sanur Verhandlungen wegen der Erteilung eines Auftrags geführt, wobei es ausschliesslich um die Neuverlegung von Netzwerkkabeln und der allgemeinen Modernisierung der überalteten IT-Infrastruktur des Hotels ging.

Der Beschwerdegegner sei im November 2003, im Hotel Raddin zu Gast gewesen. Zu einem ihm unbekannten Zeitpunkt sei das Hotel Raddin von der Accor Gruppe gepachtet worden. Bis mindestens August 2004, hätten die Mitarbeiter des besagten Hotels Arbeitskleidung mit dem Namen „Hotel Raddin“ getragen. Wann die Umfirmierung zu „Merkur Tourist Resort“ vorgenommen worden sei, entziehe sich seiner Kenntnis.

Am Tage der Registrierung der Domain: <www.mercure-sanur.com> (9. Juni 2004) habe es noch keine Berechtigung von Seiten des Beschwerdeführers gebraucht, um diesen Domainname registrieren zu können, da es zu diesem Zeitpunkt offiziell noch gar kein Hotel Mercure in Sanur gab.

Am 21. Juni 2004, habe er eine E-mail von Herrn Jemi, der ein Angestellter des Hotels Raddin in Sanur sei, erhalten, in dem dieser im Namen der Mercure Resort Sanur um die Übergabe des Domainnamens bat. Am 7. Juli 2004, habe Herr Jemi eine weitere Nachricht an den Beschwerdegegner geschickt, in dem er ihm mitteilte, dass sie ihm aus Budgetgründen keinen Auftrag erteilen könnten und in dem er ihn aufforderte, den Domainnamen an Accor zu übertragen.

Anfänglich sei der Beschwerdegegner einverstanden gewesen, Anfragen, die auf seine Domain <mercure-sanur.com> eintrafen, auf Bitte des Hotelmanagers des Mercure Hotels auf die Webseite der „Accorhotels-asia.com“ weiterzuleiten. Es habe sich dabei um eine Goodwill Aktion seinerseits gehandelt, um den besagten Auftrag zu erhalten.

Es sei richtig, dass er den strittigen Domainnamen dem Hotel Mercure Tourist Resort in Sanur und nicht etwa dem Beschwerdeführer zum Kauf angeboten habe. Schliesslich habe er über Monate erhebliche Vorleistungen für besagten nicht erhaltenen Auftrag erbracht, die ihm nicht bezahlt worden seien.

Seine Domain habe der Beschwerdegegner für den Zweck eingesetzt, für den sie von Anfang an vorgesehen war. Er sei Hobby Astronom, und insbesondere der Planet Merkur sei für ihn von besonderem Interesse. Aus diesem Interesse und seinem zweiten Wohnsitz sei auch der Name der Domain abzuleiten, zumal die Domains <mercure.com> und <mercury.com> bereits von anderen Personen, bzw. Organisationen vergeben waren.

Des weiteren machte der Beschwerdegegner Ausführungen juristischer Natur, auf die, soweit notwendig, bei den Erwägungen zurückzukommen sein wird.

In der ergänzenden Eingabe vom 5. Juli 2005 gab der Beschwerdegegner Erklärungen zu seinen verschiedenen Wohnsitzwechseln, die jedoch für den vorliegenden Fall nicht von Bedeutung sind.

Des weiteren führte er aus, die Beschwerdeführerin verwende die Bezeichnung „www.mercure.com” in Europa, in Asien verwende sie für Kommunikation- und Buchungen aber die Bezeichnung „www.arccorhotells-asia.com”.

Am 16. Juni 2004, nach dem Treffen beim Beschwerdegegner, habe sich die Beschwerdeführerin die Domain „www.mercure-resort-sanur.com” eintragen lassen. Die Beschwerdeführerin habe es daher gar nicht nötig, den Domainnamen <mercure-sanur.com> übertragen zu halten, um dort eine eigene Homepage für Hotelbuchungen einrichten zu können.

Es sei nicht ersichtlich, dass der Name Mercure in Indonesien markenrechtlich geschützt sei.

Der Beschwerdeführer bestritt nochmals mit Nachdruck, dass ihm zum Zeitpunkt der Eintragung des strittigen Domainnamens am 9. Juni 2004 bekannt war, dass in Sanur ein Mercure Hotel entstehe. Die Beschwerdeführerin widerspreche sich selbst, indem sie auf ein Treffen am 16. Juni 2004 verweise, ein Datum, welches nach der Eintragung der strittigen Domain liege. Bis August 2004, sei der Beschwerdegegner davon ausgegangen, dass der Hotel Name Raddin weiterhin Bestand haben werde, eine bösgläubige Verwendung des strittigen Domainnamens sei unter obigen Umständen völlig unmöglich.

Der dem Hotel Raddin mitgeteilte Preis von USD 50'000.- für den Domainnamen decke bei weitem nicht den Verdienstausfall, der mit der Planung der Modernisierung und Erweiterung der IT Struktur von Anfang November 2003 bis Juli 2004 einherging. Es ging also eher um die Abrechnung der bereits erbrachten Leistungen, die die Übertragung des strittigen Domainnamens beinhaltet hätten. Leider habe der Beschwerdegegner zu spät, erst am 16. Juni 2004 erfahren, dass sein Projekt, das „Ferraristandard“ hatte, für das Hotel Raddin zu teuer war, da nur das Geld für einen „Volkswagen“ zur Verfügung stand. Der Beschwerdegegner sei nicht bereit gewesen, an einer solchen Flickschusterei mitzuwirken.

Des weiteren führte der Beschwerdegegner wörtlich aus (S. 4 der ergänzenden Eingabe vom 5. Juli 2005):

Gleichzeitig wurde erst beim Meeting am 16.06.04 klar, dass nicht die Accor-Gruppe als Pächter, sondern die Inhaber des Hotels „Raddin“ (Verpächter) als Auftraggeber dieses IT-Projekts auftraten.

Die Accor-Gruppe hat sich das Wissen des Beschwerdegegners unter Außerachtlassung der Rechte auf geistiges Eigentum angeeignet und für seine Zwecke genutzt.

Zum Zeitpunkt des Meetings am 16.06.04 wurden alle Mitarbeiter des Hotels „Raddin“ (jetzt: Mercure Resort Sanur) noch von den Verpächtern des Hotels „Raddin“ entlohnt und nicht von der Accor-Gruppe bzw. von Mercure als Pächter.

Nach dem heutigen Wissenstand des Beschwerdegegners endete dieser Zustand erst nach Teilvollendung der Umbau- und Renovierungsarbeiten am Hotel „Raddin“ im Dezember 2004.

Demzufolge wurden am 16.06.04 Verhandlungen mit Mitarbeitern des Hotel „Raddin“ geführt, und nicht mit Bediensteten der Accor-Gruppe bzw. Mercure.

Ein weiteres Indiz dafür, dass es ein Mercure-Hotel in Sanur zum Zeitpunkt der Registrierung der strittigen Domain nicht gegeben haben kann, sondern erst weit später.

 

6. Entscheidungsgründe

a) Identischer oder verwechselbar ähnlicher Domainname

Die Beschwerdeführerin besitzt den Domainnamen <mercure.com>. Dieser besteht seit 1996. Der strittige Marken Domainname <mercure-sanur.com> ist zwar mit dem vorbestehenden Domainnamen nicht identisch. Die Marke Mercure kann jedoch als im Hotel- und Tourismusbereich durchgesetzt betrachtet werden. Daher ist ein dieser Marke zugefügter geografischer Beisatz nicht dazu geeignet zu vermeiden, dass der Domainname <mercure-sanur.com> automatisch der Beschwerdeführerin zugerechnet würde, umsomehr als sie ja, wie der Beschwerdegegner selber festgestellt hat, auch den Domainnamen <mercure-resort-sanur.com> eingetragen hat (dies allerdings erst nach der durch den Beschwerdegegner erfolgten Eintragung der Bezeichnung <mercure-sanur.com>).

Im Gegenteil, die Zufügung einer geografischen Bezeichnung zur Marke Mercure wird bei jedem kundigen Betrachter in erster Linie den Eindruck erwecken, dass die weltweit unter dem Namen Mercure operierende Beschwerdeführerin an diesem Ort eben auch eine Aktivität entfalte. Angesichts der vorbestehenden Marken- und Domainnamen Eintragungen der Beschwerdeführerin ist daher die verwechselbare Ähnlichkeit der beiden Domainnamen ausreichend dargelegt.

b) Rechte oder berechtigtes Interesse am Domainnamen

Der Beschwerdegegner hat behauptet, dass er ein berechtigtes Interesse am Domainnamen <mercure-sanur.com> habe. Die Beschwerdeführerin bestreitet dies.

Gemäss Paragraph 4(c) der Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy (im Folgenden „Richtlinie“) kann ein Beschwerdegegner seine Rechte und berechtigten Interessen am Domainnamen darlegen. Insbesondere folgende Umstände beweisen die Rechte beziehungsweise berechtigten Interessen des Beschwerdegegners am Domainnamen, falls vom Beschwerdepanel nach Würdigung aller vorgelegten Beweismittel als nachgewiesen erachtet:

(i) Der Beschwerdegegner hat den Domainnamen oder einen diesem entsprechenden Namen im Zusammenhang mit einem gutgläubigen Angebot von Waren und Dienstleistungen benutzt oder eine solche Benutzung nachweislich vorbereitet, bevor er eine Mitteilung über das Beschwerdeverfahren erhielt;

(ii) Der Beschwerdegegner ist (als Einzelperson, Unternehmen oder andere Organisation) unter dem Domainnamen allgemein bekannt, auch wenn er kein Recht an einer Marke erworben hat; oder

(iii) Der Beschwerdegegner nutzt den Domainnamen in rechtmässiger nichtgewerblicher oder sonst lauterer Weise ohne Gewinnerzielungsabsicht und ohne den Willen, Verbraucher in irreführender Weise abzuwerben oder die fragliche Marke zu verunglimpfen.

Der Beschwerdegegner hat nicht ausgeführt, und noch weniger bewiesen, dass er den Domainnamen für ein Angebot von Waren oder Dienstleistungen benutzt. Anfänglich hatte er ihn zwar als Link zur Webseite der Beschwerdeführerin benutzt, hat diese Nutzung aber fallen gelassen. Der Beschwerdegegner hat nichts dargetan, was beweisen würde, dass er unter dem Domainnamen <mercure-sanur.com> allgemein bekannt ist. Schliesslich hat der Beschwerdegegner keineswegs dargelegt, dass er den Domainnamen in rechtmässiger, nicht gewerblicher oder sonst lautererweise ohne Gewinnerzielungsabsicht und ohne den Willen, Verbraucher in irreführender Weise abzuwerben, nutzen will. Durch die Ankündigung, die jetzt unter dem strittigen Domainnamen aufgeschaltet ist: „Hier entsteht eine neue Internet Präsenz - der Planet Merkur“ ist nicht gesagt, zu was diese Seite dienen soll, welche Aktivitäten auf ihr durchgeführt werden sollen. Unter dieser allgemeinen Ankündigung können sich sowohl gewerbliche Aktivitäten wie andere ankünden. Der Beschwerdegegner könnte seine Webseite auch Konkurrenzunternehmen der Beschwerdeführerin zur Verfügung stellen.

Das bisherige Verhalten des Beschwerdegegners, auf das im nachstehenden Paragraphen unter lit. c zurückzukommen sein wird, lässt ohne weitere Präzisierungen seitens des Beschwerdegegners keine Annahme zu, die auf einen uneigennützigen oder sonstwie lauteren Nutzungswillen schliessen lassen könnte.

Demnach hat die Beschwerdeführerin auch die Anforderung von Paragraph 4(a)(ii) der Richtlinie erfüllt.

c) Bösgläubige Anmeldung oder Nutzung des Domainnamens

Paragraph 4(b) der Richtlinie fordert, dass der Domainname bösgläubig angemeldet wurde und genutzt wird, und nennt - nicht abschliessend - die folgenden vier Umstände, die, falls vom Beschwerdepanel festgestellt, Nachweis der bösgläubigen Registrierung und Nutzung beinhalten:

(i) Umstände, die darauf hindeuten, dass der Beschwerdegegner den Domainnamen vorrangig deshalb erworben hat, um ihn dem Beschwerdeführer, der Inhaber der Marke ist, oder einem seiner Wettbewerber gegen Entgelt, welches seine nachweisbaren, mit dem Domainnamen unmittelbar in Verbindung stehenden Unkosten übersteigt, zu veräussern, zu vermieten oder auf andere Weise zu übertragen;

(ii) der Beschwerdegegner hat den Domainnamen in der Absicht registriert, den Inhaber der Marke an deren Wiedergabe in einem seiner Marke entsprechenden Domainnamen zu hindern, sofern sein Verhalten einem entsprechenden Muster folgt;

(iii) der Beschwerdegegner hat den Domainnamen vorrangig in der Absicht registriert, den Geschäftsbetrieb eines Wettbewerbers zu behindern, oder

(iv) der Beschwerdegegner hat willentlich und in Gewinnerzielungsabsicht versucht, durch die Benutzung des Domainnamens Internetbenutzer zu seiner Website oder zu einer anderen Online-Präsenz zu lenken, indem er eine Verwechslungsgefahr mit der Marke des Beschwerdeführers hinsichtlich Herkunft, Unterstützung, Zugehörigkeit oder Billigung seiner Website, seiner Online-Präsenz oder von auf seiner Website oder Online-Präsenz angebotenen Produkten oder Dienstleistungen geschaffen hat.

Aufgrund der Gesamtumstände bestehen überwiegende Indizien, welche aufzeigen, dass dem Beschwerdegegner die von der Beschwerdeführerin verwendeten Marken und Bezeichnungen und ihre Rechte daran sehr wohl bekannt waren. In dem von ihm verfassten Protokoll des Treffens vom 16. Juni 2004 (Bfb 3) spricht er wiederholt vom Mercure-Tourist-Resort-Sanur Projekt. Wie er in seinen Beschwerdeantworten ausgeführt hat, arbeitete er schon seit November an diesem Projekt. Unter Ziff. 2 in diesem Protokoll hat er als Titel „Security Concept for mercure-sanur“ gewählt. Es geht nirgends aus dem Protokoll hervor, dass der Beschwerdegegner erst am 16. Juni 2004 vom Namen „mercure-sanur“ gehört haben soll. Er hat den Namen am 9. Juni 2004, also kurz vor der Sitzung registrieren lassen, wohl zum Zwecke, wie aus dem Protokoll hervorgeht, um ihn dem Beschwerdeführer zum freien Gebrauch zu überlassen, sofern dieser ihm den Auftrag zur Sanierung seiner IT Struktur erteile. Im Falle der Auftragserteilung war der Beschwerdegegner willens, den Domain „for free“ an Accor oder an Mercure-Tourist-Resort-Sanur zu übertragen. Als er den Auftrag nicht erhielt, hat er für die Überlassung des Domainnamens USD 50'000.- gefordert, wobei, wie der Beschwerdegegner selber ausführte, diese Summe seine Vorleistungen für den nicht erhaltenen Auftrag nicht deckte.

Aus der späteren Äusserung des Beschwerdegegners dem Angestellten der Beschwerdeführerin gegenüber, dass Accor „den Zeitpunkt verschlafen“ habe, um diesen Domainnamen für sich schützen zu lassen, geht auch hervor, dass es ihm bewusst war, dass die Beschwerdeführerin ein Recht auf diesen Namen hatte.

Alle diese Umstände deuten darauf hin, dass der Beschwerdegegner den Domainnamen vorrangig deshalb erworben hat, um ihn der Beschwerdeführerin gegen Entgelt, d.h. gegen Zusprechung eines Auftrags oder gegen USD 50'000.- zum Gebrauch zu überlassen und auf sie zu übertragen, so dass die Situation des Paragraphen 4(b)(i) der Richtlinie gegeben ist.

Das Beschwerdepanel kommt daher zum Schluss, dass die Beschwerdeführerin die Voraussetzungen von Paragraph 4(a)(iii) der Richtlinie ebenfalls ausreichend bewiesen hat.

 

7. Entscheidung

In Anbetracht der oben erwähnten Tatsachen und Umstände entscheidet das Beschwerdepanel, dass der streitgegenständliche Domainname mit der registrierten Marke der Beschwerdeführerin verwechselbar ähnlich ist, dass der Beschwerdegegner keine Rechte beziehungsweise kein berechtigtes Interesse hinsichtlich des Domainnamens hat und dass der Domainname bösgläubig angemeldet wurde und genutzt wird.

Entsprechend wird dem Begehren der Beschwerdeführerin auf Übertragung des Domainnamens <mercure-sanur.com> in diesem Verfahren nach der Richtlinie stattgegeben.


Dr. Kamen Troller
Einzelpanelist

Datum: 8. August 2005