WIPO Arbitration and Mediation Center
ENTSCHEIDUNG DES BESCHWERDEPANELS
Palodex Group Oy v. c/o Rauschhofer Rechtanwälte
Verfahren Nr. D2006-0284
1. Die Parteien
Die Beschwerdeführerin ist Palodex Group Oy aus Tuusula, Finnland, vertreten durch Tuuka Airaksinen von Benjon Oy aus Helsinki, Finnland.
Die Beschwerdegegnerin aus Deutschland ist vertreten durch Christian H. Welkenbach von Rauschhofer Rechtanwälte aus Wiesbaden, Deutschland.
2. Domain Name und Domainvergabestelle
Gegenstand des Verfahrens sind die Domainnamen <palodex.com> und <palodex.net> (nachfolgend die „Domainnamen”).
Die Domainvergabestelle ist Key-Systems GmbH aus Zweibrücken, Deutschland (nachfolgend die „Domainvergabestelle”).
3. Verfahrensablauf
Die Beschwerdeschrift ging beim WIPO Arbitration and Mediation Center (das „Center”) am 7. März 2006 per E-Mail und am 8. März 2006, in Hardcopy in englischer Sprache ein. Am 14. März 2006 bestätigte die Domainvergabestelle, dass die Beschwerdegegnerin Inhaberin und administrative Kontaktperson der Domainnamen ist. Die Domainvergabestelle teilte dem Center mit, dass die Verfahrenssprache Deutsch ist. Diese Information leitete das Center an die Beschwerdeführerin weiter. Die Beschwerdeschrift in Deutsch ging dann am 24. März 2006 per E-Mail und am 5. April 2006 in Hardcopy beim Center ein.
Das Center stellte fest, dass die Beschwerde den Anforderungen der Rules for Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy (die “Verfahrensordnung”) und der Ergänzenden Verfahrensregeln der WIPO genügt und dass ordnungsgemäss gezahlt wurde.
Am 12. April 2006, wurde die Beschwerde ordnungsgemäss der Beschwerdegegnerin zugestellt und das Beschwerdeverfahren eingeleitet. Die Beschwerdeerwiderung ging am 26. April 2006 per E-Mail und am 28. April 2006, in Hardcopy beim Center ein. Das Center bestätigte am 26. April 2006 den Eingang der Beschwerdeerwiderung.
Am 5. Mai 2006, teilte das Center mit, dass ein Beschwerdepanel in der Person von Herrn Tobias Zuberbühler bestellt wurde, und dass das Panelmitglied eine Annahmeerklärung und eine Erklärung der Unbefangenheit und Unabhängigkeit abgegeben habe.
4. Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin ist ein Unternehmen, das im Bereich der dentalmedizinischen Röntgentechnologie tätig ist. Nachdem die Beschwerdeführerin vom zahnmedizinischen Bereich der GE Healthcare getrennt wurde, nahm sie im September 2005 den Namen PALODEX an. Am 29. September 2005 sandte die Beschwerdeführerin ein Rundschreiben an ihre Lieferanten und Vertriebspartner unter ihrem neuen Namen. Die Beschwerdeführerin meldete die Marke PALODEX am 18. November 2005 beim finnischen National Board of Patents and Registration of Finland an. Dieses registrierte die Marke am 30. Dezember 2005 mit dem Prioritätsdatum 12. September 2005.
Die Beschwerdegegnerin ist ein Unternehmen, das im Bereich der Markennamenentwicklung und –beratung tätig ist. Die Domainnamen wurden von der Beschwerdegegnerin am 30. September 2005 registriert.
Unter den Domainnamen fanden sich bei Einleitung des Verfahrens Webseiten, die folgenden Text enthielten: “Diese Seiten sind in Vorbereitung. Bitte haben sie noch etwas Geduld.” In der Zwischenzeit wurde der Inhalt verändert und nun findet sich eine Einstiegsseite der PARTNER LOGIN DOMAIN EXPRESSGATE, die von der Beschwerdeführerin betrieben wird.
Die Beschwerdegegnerin bot in ihrem Brief vom 7. November 2005 der Beschwerdeführerin den Verkauf der Domainnamen für den Gesamtpreis von Euro 7'000.- an (Anlage Nr. 8 der Beschwerdeschrift).
5. Parteivorbringen
A. Beschwerdeführerin
Die Beschwerdeführerin macht geltend, dass die Domainnamen mit ihrer Marke PALODEX identisch seien, dass die Beschwerdegegnerin keine Rechte oder rechtmässigen Ansprüche an den Domainnamen habe und dass die Domainnamen wider Treu und Glauben eingetragen und verwendet würden.
B. Beschwerdegegnerin
Von der Beschwerdegegnerin wird der Bestand und alternativ die zeitliche Priorität, resp. der relevante Schutzbereich der Marke PALODEX bestritten oder zumindest angezweifelt. Weiter wird angeführt, dass die Beschwerdeführerin ein legitimes Interesse an den Domainnamen habe, da sie unabhängig vom Wissen von der Existenz der Beschwerdeführerin registriert worden seien und nun auch genutzt würden. Letztlich führt die Beschwerdegegnerin aus, dass sie nicht von der Markenregistrierung wissen konnte, dass die Beschwerdeführerin nicht daran gehindert würde, im Internet entsprechend aufzutreten und dass nicht die Beschwerdegegnerin den Anstoss zu Verkaufsverhandlungen gegeben habe.
6. Entscheidungsgründe
Paragraph 4(a) der Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy (“UDPR” oder die ”Richtlinie”) führt drei Elemente auf, die die Beschwerdeführerin nachweisen muss, damit ein Domainname von der Beschwerdegegnerin auf die Beschwerdeführerin übertragen wird:
(i) der Domainname ist mit einer Marke, aus welcher die Beschwerdeführerin Rechte herleitet, identisch oder zum Verwechseln ähnlich;
(ii) die Beschwerdegegnerin hat weder Rechte noch ein berechtigtes Interesse am Domainnamen;
(iii) der Domainname wurde bösgläubig registriert und wird bösgläubig benutzt.
Identisch oder verwechselbar ähnlich
Die Identität der Domainnamen mit der Marke der Beschwerdeführerin ist unbestritten, da sie exakt denselben Wortlaut haben.
Bestritten wird aber die Marke der Beschwerdeführerin und die entsprechende Herleitung von Schutzrechten daraus in zeitlicher wie auch in räumlicher und sachlicher Hinsicht.
Es entspricht der einheitlichen Rechtsprechung der WIPO Panelists, dass es bei einer Marke nicht darauf ankommt, wo und für welche Güter und Dienstleistungen sie registriert wurde, um in den Schutz der Richtlinie zu kommen (siehe WIPO Overview of WIPO Panel Views on Selected UDRP Questions, “https://www.wipo.int/amc/en/domains/search/overview/index.html”). Da die Eintragung der Marke in Finnland bewiesen wurde, besteht a priori keinen Zweifel an den daraus abgeleiteten Schutzrechten im Lichte der Richtlinie (Anlage Nr. 4 der Beschwerdeschrift).
Die Beschwerdegegnerin macht denn auch zusätzlich geltend, dass die Marke zum Zeitpunkt der Registrierung der Domainnamen noch nicht eingetragen war. Sie bezieht sich darauf, dass die Marke ab dem Datum geschützt wird, an dem sie zur Anmeldung eingereicht wurde; dies wäre im vorliegenden Fall der 18. November 2005. Eine Priorität rückwirkend auf den 12. September 2005 und somit vor der Registrierung der Domainnamen wird von der Beschwerdegegnerin bestritten. Diese Frage ist im Hinblick auf die spätere Entscheidungsgrundlage näher zu prüfen.
Am Prioritätsdatum 12. September 2005 der finnischen Marke wurde die Marke PALODEX als Europäische Gemeinschaftsmarke zur Eintragung angemeldet (Anlage Nr. 4 der Beschwerdeschrift). Das finnische Markenrecht gewährt der Marke Schutz ab dem Datum, an welchem sie zur Eintragung angemeldet wurde (Article 22 Trademark Act). Wenn eine Markenanmeldung zuvor aber an einem Ort gemäss Article 17 Trademarks Decree angemeldet wird, so geniesst die Marke den Schutz ab diesem Datum, wenn sie innerhalb von sechs Monaten seit der ausländischen Anmeldung in Finnland zur Anmeldung gebracht wird. Dies ist vorliegend erfüllt, und die Marke PALODEX gilt zu Recht ab 12. September 2005 als geschützt.
Das Beschwerdepanel stellt zusammenfassend fest, dass die Domainnamen identisch mit der Marke des Beschwerdeführers sind, die ab 12. September 2005 geschützt ist.
B. Rechte oder berechtigte Interessen an den Domainnamen
Die Beschwerdeführerein macht geltend, dass die Beschwerdegegnerin keine Rechte oder legitime Interessen an den Domainnamen hat, da sie weder Lizenzen oder sonstige Nutzungsrechte an der Marke PALODEX hat, noch vor der Eintragung mit diesem Namen in Erscheinung getreten ist.
Diese Argumente alleine genügen jedoch nicht, um der Beschwerdegegnerin Rechte oder ein berechtigtes Interesse an den Domainnamen abzusprechen. Gemäss Paragraph 4(c) der Richtlinie kann die Beschwerdegegnerin ihre Rechte oder ein berechtigtes Interesse an den Domainnamen mit anderen Faktoren begründen, z.B. wenn sie (i) ihre Waren und Dienstleistungen unter den Domainnamen in guten Treuen anbietet, bevor sie von der Domain Name Streitigkeit erfahren hat oder (ii) unter dem Domainnamen bekannt war ohne Inhaberin einer Marke zu sein oder (iii) einen fairen Gebrauch des Domainnamens macht, ohne das Ansehen der Beschwerdeführerin zu beeinträchtigen.
Die Beschwerdegegnerin macht geltend, dass sie die Domainnamen in guten Treuen verwendet und in Ergänzung ihrer Dienstleistungen unter den Domainnamen einen Kundenservice anbietet. Bei Einleitung der Klage jedoch waren die Webseiten unter den Domainnamen nicht aktiv. Dass kurz nach der Einleitung des Verfahrens ein Inhalt eingefügt wurde, aufgrund dessen man schwerlich beurteilen kann, ob tatsächlich ein Gebrauch im behaupteten Sinne stattfindet, lässt dieses Panel an der Darstellung der Beschwerdegegnerin zweifeln. Darüber hinaus ist dem Panel ein Blick in die von der Beschwerdegegnerin behauptete passwortgeschützte Administrationsseite verwehrt. Unter diesen Vorraussetzungen bleibt offen, welche Vorbereitungen die Beschwerdegegnerin vor der Einleitung des Verfahrens wirklich getroffen hat.
Es ist daher für dieses Panel nicht nachvollziehbar und nicht erstellt, inwiefern ein gutgläubiger Gebrauch im Sinne von Paragraph 4(c) der Richtlinie der Domainnamen gemacht wurde, bevor dieses Verfahren eingeleitet wurde. Es schliesst daraus, dass die Beschwerdegegnerin keine Rechte oder legitime Interessen an den Domainnamen hat.
C. Bösgläubige Registrierung und Benutzung der Domainnamen
Paragraph 4(b) der Richtlinie fordert, dass der Domainname bösgläubig angemeldet wurde und genutzt wird und nennt nicht abschliessend die folgenden vier Umstände, die, falls vom Beschwerdepanel festgestellt, Nachweis der bösgläubigen Registrierung und Nutzung erbringen:
(i) Umstände, die darauf hindeuten, dass der Beschwerdegegner den Domainnamen vorrangig deshalb erworben hat, um ihn dem Beschwerdeführer, der Inhaber der Marke ist, oder einem seiner Wettbewerber gegen ein Entgelt, welches seine nachweisbaren, mit dem Domainnamen unmittelbar in Verbindung stehenden Unkosten übersteigt, zu veräußern, zu vermieten oder auf andere Weise zu übertragen;
(ii) der Beschwerdegegner hat den Domainnamen in der Absicht registriert, den Inhaber der Marke an deren Wiedergabe in einem seiner Marke entsprechenden Domainnamen zu hindern, sofern sein Verhalten einem entsprechenden Muster folgt,
(iii) der Beschwerdegegner hat den Domainnamen vorrangig in der Absicht registriert, den Geschäftsbetrieb eines Wettbewerbers zu behindern, oder
(iv) der Beschwerdegegner hat willentlich und in Gewinnerzielungsabsicht versucht, durch die Benutzung des Domainnamens Internetbenutzer zu seiner Website oder zu einer anderen Online-Präsenz zu lenken, indem er eine Verwechslungsgefahr mit der Marke des Beschwerdeführers hinsichtlich Herkunft, Unterstützung, Zugehörigkeit oder Billigung seiner Website, seiner Online-Präsenz oder von auf seiner Website oder Online-Präsenz angebotenen Produkten oder Dienstleistungen geschaffen hat.
Die Beschwerdegegnerin hat nachweislich die Domainnamen am Tag nach der Mitteilung über die Namensgebung der Beschwerdeführerin registriert (Anlagen Nr. 1 und Nr. 9 der Beschwerdeschrift). Gleichzeitig hat sie weiter den Namen mit der ccTLD .de registriert (Anlage Nr. 3 der Beschwerdeerwiderung). Die Gegnerin behauptet, dass sie zu keiner Zeit von der Marke der Beschwerdeführerin gewusst hat noch wissen konnte und folglich nie bösgläubig handelte. Dies fällt schwer zu glauben, da der Beschwerdegegnerin als Unternehmen, das spezialisiert ist auf Marken und Branding, mehr abverlangt werden kann als eine Google-Suche innerhalb der deutschen Webseiten (Anlage Nr. 5 der Beschwerdeerwiderung), während die Suche auf <www.google.de> unter ein Einbezug aller Seiten über 10’000 Treffer zur Beschwerdeführerin liefert (Internetrecherche durchgeführt am 15. Mai 2006). Dass erst nach der Einleitung dieses Verfahrens ein Inhalt unter den Domainnamen eingefügt wurde, lässt zudem weiter an der Darstellung der Gegnerin zweifeln. Zusätzlich erscheint die behauptete, auf den Raum Deutschland beschränkte Nutzung nicht kompatibel mit der Registrierung der Domainnamen mit den gTLDs neben der ccTLD-Registrierung unter .de. Des Weiteren entspricht dieses Verhalten bereits einem Verhaltensmuster gemäss Paragraph 4(b)(ii). Die Tatsache, dass letztlich noch der Verkauf der Domainnamen zu einem Preis angeboten wurde, der weit über den mit der Registrierung verbundenen Kosten liegt, obwohl angeblich ein Projekt unter den Domainnamen geplant war, ist letztlich ein weiteres Indiz für die Bösgläubigkeit der Beschwerdeführerin.
Dieses Panel kommt daher zum Schluss, dass die Domainnamen im Sinne von Paragraph 4(b) der Richtlinie bösgläubig registriert wurden und benutzt werden.
7. Entscheidung
Aus den vorgenannten Gründen ordnet das Beschwerdepanel in Übereinstimmung mit Paragraph 4(i) der Richtlinie und Paragraph 15 der Verfahrensordnung an, dass die Domainnamen <palodex.com> und <palodex.net> an die Beschwerdeführerin zu übertragen sind.
Tobias Zuberbühler
Einzelpanelist
Datum: 19. Mai 2006