WIPO

 

WIPO Arbitration and Mediation Center

 

EXPERTENENTSCHEID

OLMeRO AG v. Maximilian Ruchti

Verfahren Nr. DCH2007-0011

 

1. Die Parteien

Der Gesuchsteller ist OLMeRO AG, Glattbrugg, Schweiz, vertreten durch EBD Rechtsanwälte Dreier & Bachmann, Zürich, Schweiz.

Der Gesuchsgegner ist Maximilian Ruchti, Zürich, Schweiz.

 

2. Streitige Domain-Name

Gegenstand des Verfahrens ist der Domain-Name <renovera.ch> (nachfolgend der „Domain- Name”).

Die Domainvergabestelle ist SWITCH, Zürich, Schweiz.

 

3. Verfahrensablauf

Das Gesuch ging beim WIPO Arbitration and Mediation Center (das „Center”) am 23. August 2007 ein. Das Gesuch stützt sich auf das Verfahrensreglement von SWITCH für Streitbeilegungsverfahren für „.ch” und „.li” Domainnamen („Verfahrensreglement”), welches am 1. März 2004 in Kraft getreten ist.

Am 27. August 2007 bestätigte die Domainvergabestelle SWITCH, dass der Gesuchsgegner Inhaber und administrative Kontaktperson des Domainnamens ist. Das Center stellte fest, dass das Gesuch den formellen Anforderungen des Verfahrensreglements entspricht.

Am 4. September 2007 wurde das Gesuch ordnungsgemäss zugestellt und das Streitbeilegungsverfahren eingeleitet. Die Frist für die Einreichung einer Gesuchserwiderung war der 24. September 2007.

Die Gesuchserwiderung traf elektronisch am 24. September 2007 und per Post am 25. September 2007 beim Center ein. Am 24. September 2007 bestätigte das Center den Empfang der Gesuchserwiderung des Gesuchsgegners vom 24. September 2007, worin der Gesuchsgegner seine Bereitschaft zur Teilnahme an einer Schlichtungserhandlung erklärte. Das Center teilte mit Schreiben vom 29. Oktober 2007 mit, dass die Schlichtungsverhandlung nicht zu einem Vergleichschluss geführt habe.

Am 30. Oktober 2007 wurde das Verfahren in Übereinstimmung mit Paragraph 19 des Verfahrensreglements fortgesetzt und das Center bestellte am 20. November 2007 Dr. Bernhard F. Meyer-Hauser als Experten. Der Experte stellt fest, dass er ordnungsgemäss bestellt wurde und hat in Übereinstimmung mit Paragraph 4 des Verfahrensreglements seine Unabhängigkeit erklärt.

 

4. Sachverhalt

Die Gesuchstellerin OLMeRO AG mit Sitz in Opfikon/Zürich wurde am 14. August 2000 im Handelsregister eingetragen.

Die Gesuchstellerin ist Inhaberin von folgender Markeneintragung in der Schweiz:

- Nr. 560345, RENOVERO; Kl. 6, 9, 16, 35-38, 41, 42 (hinterlegt am 21. Dezember 2006 und eingetragen am 18. Juli 2007)

Der Gesuchsgegner betreibt eine Einzelfirma unter dem Namen „Internetshop Ruchti”, im Handelsregister eingetragen am 27. Mai 2004. Er ist Inhaber des strittigen Domain-Namen <renovera.ch>, der nach Auskunft der Switch am 29. März 2007 registriert wurde.

 

5. Parteivorbringen

A. Gesuchstellerin

Die Gesuchstellerin macht geltend, die Verwendung des Domain-Namens <renovera.ch> stelle eine Anlehnung an den Domain Namen <renovero.ch> (registriert am 20. Dezember 2006) dar und verletze auch die schweizerische Marke RENOVERO. Insbesondere die Verwendung des strittigen Domain-Namens im Zusammenhang mit Handwerkerleistungen, Bauwesen, etc. (Kl. 37) verletze die Markenrechte der Gesuchstellerin und sei illegal. Die Verwechslungsgefahr sei evident, da die Namen/ Bezeichnungen „Renovera” und „Renovero” identisch seien und sich nur durch einen Buchstaben unterschieden. Insgesamt sei offenkundig, dass es sich hier um einen Fall von Domain-Squatting handle, weil der Gesuchsgegner sich selbst unter <hundert.ch> als „Domainnamen-Händler” bezeichne. Das Verhalten des Gesuchsgegners sei deshalb unlauter.

Die Gesuchstellerin beantragt, den streitgegenständlichen Domain-Namen auf sie zu übertragen, eventualiter sei er zu löschen.

B. Gesuchsgegner

Der Gesuchsgegner bestreitet, Markenrechte der Gesuchstellerin zu verletzen, oder unlauteren Wettbewerb zu betreiben. Eine Verwechslungsgefahr sei ausgeschlossen, da der Inhalt der strittigen Domain nach einer Abmahnung durch die Gesuchsstellerin geändert worden sei und sich heute auf Aus- und Weiterbildung beziehe („reno und vera” helfen dir in der Schule…). Die angebotenen Dienstleistungen seien somit unterschiedlich. Dass die Domain zum Verkauf angeboten werde, sei auf „Parkingseiten” üblich und deshalb nicht unlauter.

 

6. Entscheidungsgründe

Gemäss Paragraph 24(a) des Verfahrensreglements hat der Experte über das Gesuch unter Einhaltung des Verfahrensreglements, anhand der Vorbringen beider Parteien und der eingereichten Schriftstücke zu entscheiden.

Der Experte gibt dem Gesuch statt, wenn die Registrierung oder Verwendung des Domain-Namens eine klare Verletzung des Kennzeichenrechts darstellt, das den Gesuchstellerinnen nach dem Recht der Schweiz zusteht.

Eine klare Verletzung liegt insbesondere dann vor, wenn

(i) sowohl Bestand als auch die Verletzung des geltend gemachten Kennzeichenrechts sich klar aus dem Gesetzeswortlaut oder aus einer anerkannten Auslegung des Gesetzes und den vorgetragenen Tatsachen ergeben und durch die eingereichten Beweismittel ergeben; und

(ii) der Gesuchgegner keine relevanten Verteidigungsgründe schlüssig vorgetragen und bewiesen hat; und

(iii) die Rechtsverletzung, je nach dem im Gesuch erhobenen Rechtsbegehren, die Übertragung oder Löschung des Domain-Namens rechtfertigt.

Diese Voraussetzungen werden nachfolgend geprüft:

(i) Verletzung eines Kennzeichenrechts

Die Gesuchstellerin ist Inhaberin der schweizerischen Marke RENOVERO, welche am 21. Dezember 2006 hinterlegt wurde. Entsprechend hat die Gesuchstellerin den Nachweis eines Kennzeichenrechts gemäss Paragraph 24(d)(i) des Verfahrensreglements erbracht.

Die Frage, ob Ansprüche aus dem MSchG (Markenschutzgesetz) hergeleitet werden können, hängt u.a. davon ab, ob eine Verwechslungsgefahr zwischen dem geschützten Kennzeichen RENOVERO und dem strittigen Domain-Namen <renovera.ch> besteht.

Das Bundesgericht hält in einem Leitentscheid fest, dass der Inhaber eines Zeichens, welches namen-, firmen- oder markenrechtlich geschützt ist, Unberechtigten die Verwendung dieses Zeichens als Domain-Namen verbieten kann, weil sonst die Website dem Falschen zugerechnet werden kann (Urteil 4C.141/2002 in sic! 2003 438 ff.). Das gleiche gilt, wenn lediglich eine mit dem Kennzeichen verwechselbare Abwandlung als Domain-Name registriert wird. Auch in diesem Fall wird das Publikum hinsichtlich des Betreibers der Website getäuscht. Bei der Prüfung, ob eine Verwechslungsgefahr besteht, stellt die herrschende Lehre auf die Wirkung des Schriftbildes, die Wirkung des Klanges und auf den begrifflichen Sinngehalt des Kennzeichens bzw. seiner Abwandlung ab (Hubmann/Götting, Gewerblicher Rechtsschutz §40 II 2 c.). Zudem ist das Mass der Gleichartigkeit der zur Verfügung gestellten Dienstleistungen wesentlich, da an die Verschiedenheit der Zeichen umso höhere Anforderungen zu stellen sind, je ähnlicher die (beiden) Dienstleistungen sind (Bundesverwaltungsgerichtsentscheid B-5325/2007).

Eine Verwechslungsgefahr besteht folglich, sobald es aufgrund der erwähnten Kriterien (Schriftbild, Wirkung, Sinngehalt) und aufgrund der Gleichartigkeit des Angebots an Dienstleistungen, bei den Benutzern des Internets zu Verwechslungen kommen kann. Dass Verwechslungen tatsächlich stattgefunden haben, ist nicht Voraussetzung (BGE 128 III 401 E. 5).

Der streitgegenständliche Domain-Name <renovera.ch> unterscheidet sich von der geschützten Marke RENOVERO durch den Ersatz des Buchstabens „o” mit einem „a”. Nach Ansicht des Experten sind Wirkung und Sinngehalt, aber auch das Schriftbild und der phonetische Klang, von „renovera” und „renovero” verwechselbar. Das Ersetzen des letzten Buchstaben, quasi eine Änderung von der maskulinen in die feminine Form, kann die Verwechslungsgefahr nicht ausschliessen.

Die Gesuchstellerin verwendet das Kennzeichen RENOVERO, sowie eine gleichnamige Internetplattform „renovero.ch”, im Zusammenhang mit und als Plattform für die Ausschreibungen von Renovierungsarbeiten an Gebäuden. Der Gesuchsgegner hatte zunächst ein ähnliches Angebot auf seiner Webpage „www.renovera.ch”, indem er Besuchern Links zur Kontaktaufnahme mit Akteuren in der Baubranche vermittelte. Dass der Gesuchsgegner dieses Angebot nach Einleitung des vorliegenden Verfahrens, und spätestens ab dem 12. September 2007, vollständig änderte, kann ihn nicht entlasten. Zwar bietet er seither unter dem Domain-Namen <renovera.ch> Links zu Schülerhilfsmitteln, Lernberatungen und Coaching an, und er gibt der Bezeichnung „renovera” einen neuen Sinngehalt indem er auf der Website vermerkt: „reno und vera helfen dir in der Schule…”. Doch kann dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich der Gesuchsgegner weder der Gesuchstellerin gegenüber noch sonst in diesem Verfahren verpflichtet hat, sein früheres Angebot nicht wieder aufzunehmen. Die Änderung des Website-Inhalts erscheint deshalb vorwiegend als Ablenkungsmanöver, das die ursprüngliche Dienstleistungsgleichheit und damit die Verwechslungsgefahr bei Einleitung dieses Administrativverfahrens nicht zu beseitigen vermag. Es ist von der (anfänglichen) Dienstleistungsgleichheit auszugehen und die Verwechslungsgefahr somit zu bejahen.

Vor diesem Hintergrund ist eine Verletzung der Markenrechte der Gesuchstellerin dargetan (Art. 13 Abs. 2 i.V.m. Art. 13 Abs. lit. c) und die Anforderungen von Paragraph 24(d)(i) sind erfüllt.

(ii) Verteidigungsgründe

Der Gesuchsgegner macht geltend, er habe den Inhalt der Webseite auf schriftliche Bitte der Gesuchstellerin hin abgeändert. Zudem sei, aufgrund der tiefen Besucherzahlen auf seiner Webseite, im Gegensatz zu den hohen Besucherzahlen auf der Webseite der Gesuchstellerin, eine Verwechslungsgefahr ausgeschlossen.

Nach Ansicht des Experten ist diese Argumentation nicht schlüssig. Im Briefwechsel zwischen den beiden Parteien (im Anhang des Gesuchs) ist keineswegs von einer Bitte um Änderung des Inhalts die Rede. Vielmehr wird Herr Ruchti vom Vertreter der Gesuchstellerin darauf hingewiesen, durch seinen Internetauftritt würden die Rechte der Gesuchstellerin verletzt. Diese Webseite sei deshalb „vollständig zu deaktivieren”, …„zu löschen oder unentgeltlich auf meine Mandantin zu übertragen”.

Des weitern verkennt der Gesuchsgegner, dass die niedrigen Besucherzahlen auf seiner Webseite eher für, als gegen eine Verwechslungsgefahr sprechen. Der Umstand dass die Gesuchstellerin beträchtliche Besucherzahlen verzeichnet, macht den steigenden Bekanntheitsgrad ihrer Marke deutlich und erhöht deren Kennzeichnungskraft für die dahinter stehende Unternehmung. Mitunter ist das der Grund, weshalb das Bundesgericht der Ansicht ist, dass Internetadressen so zu wählen seien, dass Verwechslungen mit geschützten Kennzeichen vermieden würden (BGE 128 III 401).

Angesichts der Interessenlage der Parteien und des Fehlens stichhaltiger Entlastungsbeweise seitens des Gesuchsgegners, stellt der Experte fest, dass keine schlüssigen Verteidigungsgründe vorgetragen wurden.

(iii) Rechtsverletzung rechtfertigt die Übertragung

Der Umstand, dass der Gesuchsgegner nach Androhung rechtlicher Schritte durch die Gesuchstellerin seinen Internetauftritt abänderte, legt den Schluss nahe, dass er sich der Problematik seiner Domainnamen Wahl bewusst war.

Die Übertragung des Domain-Namens auf die Gesuchstellerin ist demnach gerechtfertigt.

 

7. Entscheidung

Im Sinne der Erwägungen unter Abschnitt 6. ordnet der Experte, in Übereinstimmung mit Paragraph 24 des Verfahrensreglements, an, den streitgegenständlichen Namen <renovera.ch> auf die Gesuchstellerin zu übertragen.


Dr. Bernhard F. Meyer-Hauser
Experte

Datum: 5. Dezember 2007