WIPO

 

WIPO Arbitration and Mediation Center

 

ENTSCHEIDUNG DES BESCHWERDEPANELS

Craic Technologies, Inc. v. Hartmut Althof

Verfahren Nr. D2008-0859

 

1. Die Parteien

Beschwerdeführerin ist Craic Technologies, Inc. aus San Dimas, Kalifornien, Vereinigten Staaten von Amerika, vertreten durch Ervin, Cohen & Jessup, LLP, Vereinigten Staaten von Amerika.

Beschwerdegegner ist die Hartmut Althof, aus München, Deutschland.

 

2. Domainname und Domainvergabestelle

Der streitige Domainname <microspectro.com> (der „Domainname”) ist bei InterNetWire Communications GmbH, München, Deutschland (die „Domainvergabestelle”) registriert.

 

3. Verfahrensablauf

Die Beschwerde auf Englisch ging beim WIPO Arbitration and Mediation Center („Zentrum”) am 4. Juni 2008 per E-Mail und am 5. Juni 2008 per Post ein. Am 5. Juni 2008 hat das Zentrum eine Bitte um Bestätigung der Registrierungsdaten hinsichtlich der streitigen Domainnamen an InterNetWire Communications GmbH geschickt. Am 6. Juni 2008, bestätigte die Domainvergabestelle, dass der Beschwerdegegner Inhaber und administrative Kontaktperson für den Domainnamen sei.

Am 25. Juni 2008 wurde die Beschwerdeführerin, neben anderen formellen Mängeln, darauf hingewiesen, dass die Verfahrenssprache Deutsch und somit eine Übersetzung der Beschwerdeschrift Voraussetzung für die Einleitung eines formellen Verfahrens sei. Die Beschwerdeführerin reichte am 28. Juni 2008 eine deutsche Fassung der Beschwerde nach. Das Zentrum stellte anschliessend fest, dass die Beschwerde den formellen Anforderungen der Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy („Richtlinie”), der Rules for Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy („Verfahrensordnung”) und der WIPO Supplemental Rules for Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy („Ergänzenden Verfahrensregeln”) genügte.

Gemäß Paragrafen 2(a) und 4(a) der Verfahrensordnung, wurde die Beschwerde dem Beschwerdegegner formrichtig zugestellt und das Beschwerdeverfahren am 17. Juli 2008 eröffnet. Gemäß Paragraf 5(a) der Verfahrensordnung, endete die Frist für die Beschwerdeerwiderung am 6. August 2008. Am 1. August 2008, und damit rechtzeitig, reichte der Beschwerdegegner die Beschwerdeerwiderung ein.

Das Zentrum bestellte Dr. Bernhard F. Meyer am 19. August 2008 als Einzelpanelmitglied. Das Beschwerdepanel stellt fest, dass es ordnungsgemäß bestellt wurde. Es hat eine Annahmeerklärung und die Erklärung der Unbefangenheit und Unabhängigkeit gemäß Paragraf 7 der Verfahrensordnung abgegeben.

 

4. Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin ist seit Januar 2002 Inhaberin des Domainnamens <microspectra.com> und nach unbestrittenen eigenen Angaben ein führendes Unternehmen für den Verkauf von Microphotospectrometern.

Der Beschwerdegegner ist ein direkter Konkurrent der Beschwerdestellerin im Verkauf von Microspectrophotometern. Er war vor der Registrierung des streitgegenständlichen Domainnamens unter dem Domainnamen <as-und-co.de> bekannt.

Die Microspectrophotoskopie ist eine durch Carl Zeiss in den 1970’er Jahren erfundene Technologie.

Der streitgegenständliche Domainname wurde am 23. März 2007 registriert.

 

5. Parteivorbringen

A. Beschwerdeführerin

Die Beschwerdeführerin macht geltend, der Domainname <microspectro.com> sei verwechselbar ähnlich mit ihrem Zeichen „microspectra”, auf das sie im Sinne des „Common Law“ Warenzeichenrechte erworben habe. Der Beschwerdegegner hätte seine Produkte, zumindest bis September 2006, unter dem Domainnamen <as-und-co.de> vertrieben. Er besitze hinsichtlich des strittigen Domainnamens nur nachrangige Rechte im Vergleich zur Beschwerdeführerin. Es habe somit kein rechtmässiger Gebrauch des streitgegenständlichen Domainnamens stattgefunden. Der Umstand, dass der Beschwerdegegner den Namen seiner seit 1999 betriebene Website im Jahr 2006 auf <microspectro.com> geändert habe, beweise zudem, dass die Registrierung mit der bösgläubigen Absicht geschehen sei, Kunden über die Identität des Anbieters in die Irre zu führen und von der Webseite der Beschwerdestellerin wegzuleiten. Die Wahl durch den Beschwerdegegner eines Domainnamens, der dem Warenzeichen der Beschwerdeführerin verwirrend ähnlich sei, und der Umstand, dass beide Parteien in direkter Konkurrenz stünden, erhärte diese Ansicht.

B. Beschwerdegegner

Der Beschwerdegegner verteidigt sich gegen alle erhobenen Vorwürfe. Die Verwendung des Begriffs „Microspectrometer” werde durch verschiedene Anbieter seit der Erfindung der Messmethode durch die Firma Carl Zeiss, Oberkochen/FRG, in den 1970er Jahren verwendet. Daher könne die Beschwerdeführerin keine vorrangigen Rechte geltend machen. Insbesondere könne der Begriff „Microspectro”, ein seit 35 Jahren verwendetes Kürzel im Geschäftsverkehr, nicht als Warenzeichen eingestuft und monopolisiert werden.

Der Beschwerdesgegner bestreitet, gezielt auf die Abwerbung von Kunden hin gearbeitet zu haben. Der Hintergrund der Registrierung des Domainnamens durch den Beschwerdegegner sei einzig die Anknüpfung an die auf dem Markt verbreitete Methode von Carl Zeiss gewesen. Der frühere Domainname „as-und-co” sei zudem für Suchmaschinen ungeeignet gewesen, weshalb es nahegelegen habe, eine Registrierung unter dem Namen der Messmethode zu veranlassen.

 

6. Entscheidungsgründe

Um mit ihrem Beschwerde durchzudringen, muss die Beschwerdestellerin beweisen:

(A.) dass der Domainname identisch oder verwechslungsfähig ähnlich zu einem Zeichen oder einer Marke ist, von welcher die Beschwerdestellerin Rechte ableiten kann;

(B.) dass der Beschwerdegegner kein Recht oder berechtigtes Interesse an dem Domainnamen hat; und

(C.) dass der Beschwerdegegner den Domainnamen bösgläubig registriert hat und verwendet.

A. Identisch oder verwechslungsfähig ähnlich

Die Beschwerdestellerin macht geltend, ihr stehe gemäss „Common Law“ ein Warenzeichenrecht „microspectra” zu. Sie ist hierfür beweispflichtig.

In den meisten Ländern entstehen Markenrechte erst durch deren Anmeldung und Registrierung beim zuständigen Amt. Oftmals erfolgt sogar eine amtliche Prüfung. Aus diesem Grund wird eine nicht registrierte Marke grundsätzlich nicht vermutet. Die Richtlinie macht jedoch keinen Unterschied zwischen registrierten und nicht registrierten Marken. Gemäss WIPO UDRP Praxis ist deshalb anerkannt, dass Markenrechte auch entstehen können wenn ein Zeichen über längere Zeit hinweg zur Kennzeichnung eines Herstellers und seiner Produkte benützt wird. Dies gilt jedenfalls im „Common Law“ Bereich und in Ländern, wo Markenrechte durch den Gebrauch allein (d.h. ohne Registrierung) entstehen können. Voraussetzung ist, dass ein Zeichen genügend „Goodwill“ und Bekanntheit auf sich vereinigt, um die Ware eines bestimmten Herstellers zu identifizieren (vgl. Imperial College v. Christophe Dessimoz, WIPO Verfahren Nr. D2004-0322; Ahead Software AG v. its friday B.V., WIPO Verfahren Nr. D2001-0883; Tracy Marrow p/k/a “ICE-T” v. iceT.com a/k/a Sverrir Geirmundsson, WIPO Verfahren Nr. D2000-1234; Directed Electronics, Inc. v. Registrant 456570/Administration Local, WIPO Verfahren Nr. D2006-1335).

Im vorliegenden Fall wird ein solches Markenrecht nach US-amerikanischem Recht behauptet. Die Beschwerdestellerin macht geltend, sie benutze das Zeichen „microspectra” seit mindestens 2002 in der Werbung für und im Zusammenhang mit dem Verkauf ihrer Mikrospektrometer. Diese Behauptung ist unbestritten. Die Beschwerdestellerin reicht mit Ihrer Beschwerde denn auch zahlreiche Unterlagen ein, die belegen, dass das Zeichen „microspectra” bei der Vermarktung ihrer Produkte eine wichtige Rolle spielt und ihre Produkte kennzeichnet. Damit weist die Beschwerdestellerin glaubwürdig nach, dass sie ein auf Common Law und „Equity” gestütztes Markenrecht am Zeichen „microspectra” erworben hat.

Der streitgegenständliche Domainname unterscheidet sich von der Marke der Beschwerdestellerin nur durch den Austausch der Endigung „a” mit einem „o”. Gemäss ständiger WIPO UDRP Praxis reicht das Auswechseln eines Buchstaben in einem Domainnamen nicht aus, um eine verwechslungsfähige Ähnlichkeit der beiden Zeichen auszuschliessen (vgl. Edmunds.com, Inc. v. Yingkun Guo, dba This domain name is 4 sale, WIPO Case No. D2006-0694; Wachovia Corporation v. American Consumers First, WIPO Case No. D2004-0150). Dies gilt vor allem dann, wenn die Marke und der Domainname vom gleichen prägenden Wortstamm, „microspectrum”, hergeleitet werden und phonetisch sehr eng miteinander verbunden sind.

Damit ist die verwechselbare Ähnlichkeit der Marke „microspectra” mit dem Domainnamen <microspectro.com> erwiesen. Paragraph 4(a)(i) der Richtlinie ist erfüllt.

B. Recht oder berechtigtes Interesse an dem Domainnamen

Der Beschwerdesgegner macht sinngemäss geltend, er habe ein Recht oder berechtigtes Interesse am strittigen Domainnamen. Dazu hätte er darzutun, dass er den Domainnamen bereits vor dem Beschwerde der Beschwerdestellerin um Streitbeilegung im Zusammenhang mit der Anpreisung von Gütern oder Dienstleistungen in gutem Glauben verwendet hat.

In diesem Zusammenhang scheint folgendes relevant: Die Beschwerdestellerin hat bewiesen, dass sie spätestens seit Ende Mai 2002 ihre Waren auf dem Internet unter der Domain <microspectra.com> vertreibt und dass sie sich in Geschäftskreisen dadurch von den Mitbewerbern unterscheidet. Die Behauptung des Beschwerdesgegners, vom Internetauftritt der direkten Konkurrentin nichts gewusst zu haben, erscheint unter den gegebenen Umständen wenig überzeugend. Microspectrometer sind keine Massenprodukte, die von vielen Anbietern in einem unüberschaubaren Markt einer Vielzahl von Konsumenten angeboten werden. Vielmehr handelt es sich bei diesen Produkten um sehr spezielle optoelektronische Messgeräte, die in einem industriellen und relativ engen Markt Verwendung finden. Aus diesem Grund ist nicht anzunehmen, dass der Beschwerdesgegner die Produkte und den Internetauftritt der Beschwerdestellerin übersehen haben könnte. Auch die Behauptung des Beschwerdesgegners, es habe eine Namensprüfung stattgefunden, ist unbelegt. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass der Beschwerdegegner den Marktauftritt und die Webpräsenz der Beschwerdestellerin unter dem Namen „microspectra” gekannt hat, als er den strittigen Domainnamen registrierte und zu verwenden begann.

Auf Grund dieser Sachlage ist davon auszugehen, dass der Beschwerdesgegner mit der Absicht oder zumindest unter Inkaufnahme der Möglichkeit einer Verwechslung seines Domainnamens mit dem Warenzeichen der Beschwerdestellerin gehandelt hat. Dadurch werden Kunden über den Anbieter der Ware in die Irre geführt, weshalb nicht von einer Treu und Glauben entsprechenden Verwendung des Domainnamens durch den Beschwerdesgegner die Rede sein kann. Solche Handlungsweisen schliessen grundsätzlich ein berechtigtes Interesse des Beschwerdesgegners am Gebrauch des Domainnamens aus (vgl. Credit Industriel et Commercial S.A. v. WhoisGuard Protected, WIPO Verfahren Nr. D2006-1162; Hoogendoorn Groep B.V. v. Onno Hoogendoorn, WIPO Verfahren Nr. D2006-1064).

Paragraph 4(a)(ii) der Richtlinie ist damit erfüllt.

C. Bösgläubige Registrierung und Verwendung des Domainnamens

Der Beschwerdesgegner macht geltend, der Domainname <as-und-co.de>, den er vor der Registrierung des streitgegenständlichen Domainnamens verwendet habe, sei für Internetsuchmaschinen ungeeignet gewesen. Es habe sich daher aufgedrängt, einen Namen zu wählen, der auf die Messmethode von Carl Zeiss hinweise.

Daraus erhellt, dass der Beschwerdesgegner - in Kenntnis des Produkte- und Domainnamens seiner Konkurrentin - einen Domainnamen registrieren liess, der demjenigen der Beschwerdestellerin täuschend ähnlich ist. Er war sich bewusst, mit dem Namen von der Bekanntheit der Beschwerdestellerin unter ihrer Marke profitieren zu können (vgl. z.B. Dr. Ing. h.c.F. Porsche AG v. Hakan Melek, WIPO Verfahren Nr. D2004-0982). Da der Beschwerdesgegner davon absah, einen Domainnamen zu wählen, der ihn von seiner direkten Konkurrentin beim Publikum genügend unterscheidet, führte er willentlich eine Verwechslungsgefahr herbei. Die Vermutung liegt nahe, dass damit Kunden über den Anbieter der Ware in die Irre geführt und von der Webseite der Beschwerdestellerin weggeleitet werden sollen. Ein solches Verhalten qualifiziert nach ständiger WIPO UDRP Praxis als bösgläubige Registrierung und Verwendung (vgl. Touro College v. William Vaughan, SMTM Investments, Ltd., WIPO Verfahren Nr. D2007-1813; RX America, LLC. v. Stephen Sumsky, WIPO Verfahren Nr. D2005-0539; The Zoological Society of San Diego v. Affinity 1, LLC., WIPO Verfahren Nr. D2006-1458).

Unter diesen Umständen erachtet es der Experte als erwiesen, dass auch Paragraph 4(a)(iii) der Richtlinie erfüllt ist.

 

7. Entscheidung

Aus den vorgenannten Gründen ordnet das Beschwerdepanel gemäß Paragrafen 4(a) der Richtlinie und 15 der Verfahrensordnung die Übertragung des Domainnamens <microspectro.com> auf die Beschwerdeführerin an.


Bernhard Meyer
Einzelbeschwerdepanelmitglied

Datum: 2. September 2008