Die Gesuchstellerin ist Google, Inc., Mountain View, CA, USA, vertreten durch Andrea Mondini und Dominique Baumann, Schellenberg Wittmer, Zürich, Schweiz.
Die Gesuchsgegnerin ist Donna Mahony, Bad Homburg, Deutschland.
Gegenstand des Verfahrens ist der Domain-Name <igoogle.ch>. Die Domainvergabestelle ist SWITCH, Zürich, Schweiz.
Das Gesuch ging beim WIPO Arbitration and Mediation Center (das „Center”) in deutscher Sprache am 8. September 2008 ein. Das Gesuch stützt sich auf das Verfahrensreglement von SWITCH für Streitbeilegungsverfahren für „.ch” und „.li” Domainnamen („Verfahrensreglement”), welches am 1. März 2004 in Kraft getreten ist.
Am 10. September 2008 bestätigte die Domainvergabestelle SWITCH, dass die Gesuchsgegnerin Inhaberin und administrative Kontaktperson des Domainnamens ist. Das Center stellte fest, dass das Gesuch den formellen Anforderungen des Verfahrensreglements entspricht.
Am 23. September 2008 wurde das Gesuch ordnungsgemäss zugestellt und das Streitbeilegungsverfahren eingeleitet. Die Frist für die Einreichung einer Gesuchserwiderung war der 12. Oktober 2008.
Das Center teilte mit Schreiben vom 13. Oktober 2008 mit, dass die Gesuchsgegnerin weder eine Gesuchserwiderung, noch auf andere Weise gegenüber dem Center ihre Bereitschaft zur Teilnahme an einer Schlichtungsverhandlung zum Ausdruck gebracht hat. Die Gesuchstellerin wurde vom Center über die Möglichkeit benachrichtigt, die Fortsetzung des Verfahrens zu verlangen.
Am 20. Oktober 2008 wurde das Verfahren in Übereinstimmung mit Paragraph 19 des Verfahrensreglements fortgesetzt und das Center bestellt am 14. November 2008 Dr. Bernhard F. Meyer als Experten. Der Experte stellt fest, dass er ordnungsgemäss bestellt wurde und in Übereinstimmung mit Paragraph 4 des Verfahrensreglements seine Unabhängigkeit erklärt hat.
Die Gesuchstellerin Google, Inc. wurde am 7. September 1998 in den USA gegründet. Das Ziel von Google besteht darin, Informationen zu organisieren und allgemein nutzbar zu machen. Als eines der führenden Unternehmen auf dem Gebiet von Internetsuchdienstleistungen ist sie Inhaberin folgender schweizerischer Marken:
- Wortmarke GOOGLE, Nr. 470018, hinterlegt am 12. März 1999, für die Waren- und Dienstleistungsklassen 9, 38 und 42.
- Wortmarke GOOGLE, Nr. 533642, hinterlegt am 4. April 2005, für die Waren- und Dienstleistungsklassen 16, 25 und 35.
- Internationale Registrierung der Wort-Bildmarke GOOGLE, Nr. 881006, mit Schutzanspruch für die Schweiz, Registrierungsdatum 12. Januar 2006, für die Waren- und Dienstleistungskategorien 9, 38 und 42.
- Internationale Registrierung der Wortmarke GOOGLE, Nr. 926052, mit Schutzanspruch für die Schweiz, Registrierungsdatum 16. August 2006, für die Waren- und Dienstleistungskategorien 36 und 38.
Ausserdem ist die Gesuchstellerin seit dem 14. Oktober 1999 Inhaberin des Domainnamens „igoogle.com” und benutzt diesen seit dem 29. Februar 2000.
Die Gesuchsgegnerin ist Inhaberin des Domainnamens <igoogle.ch>, registriert bei Switch am 17. Mai 2007. Sie vertreibt unter der entsprechenden Domain sogenannte „Flash Games”.
Die Gesuchstellerin macht geltend, aufgrund der geschaffenen Verwechslungsgefahr des streitgegenständlichen Domainnamens mit ihrer Marke GOOGLE im Zusammenhang mit Leistungen auf dem Gebiet der Internettechnologie werde Art. 13 Abs. 2 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 lit. c MSchG verletzt. Ebenfalls sei Art. 15 MSchG verletzt, da die Gesuchsgegnerin durch die Domainnamenswahl versuche, den Ruf der Gesuchstellerin auszubeuten und dadurch die Unterscheidungskraft der Marke gefährde. Die Gesuchstellerin bringt zudem vor, die Gesuchsgegnerin verletze durch ihre Verhaltensweise Art. 3 lit. d UWG.
Eine Gesuchserwiderung in englischer Sprache ging dem Center am 20. Oktober 2008 zu, d.h. nach Ablauf der hiefür vom Center gesetzten Frist und am Tag des Eingangs des Begehrens der Gesuchstellerin um Fortsetzung des Verfahrens. Damit ist die Frist zur Einreichung einer Gesuchserwiderung nicht eingehalten worden (Paragraph 15(a) Verfahrensreglement) und die Gesuchserwiderung erfolgte zudem in der falschen Sprache. Gleichwohl soll auf die geltend gemachten Argumente in den nachstehenden Entscheidgründen kurz eingegangen werden, da die Gesuchsgegnerin vorbringt, der deutschen Sprache nicht mächtig zu sein und es nicht auszuschließen ist, dass sie ohne eigene Schuld die Frist versäumte. Festzuhalten ist hier aber, dass die Sprache des Registrierungsvertrags Deutsch ist und die Gesuchsgegnerin in Deutschland ansässig ist.
Die Gesuchsgegnerin ist der Ansicht, die Gesuchstellerin wolle ihr mit diesem Verfahren den Domainnamen <igoogle.ch> auf unlautere Weise entziehen (sog. reverse hijacking).
Gemäss Paragraph 24(d) muss eine klare Verletzung eines Kennzeichenrechts vorliegen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn
(i) sowohl der Bestand als auch die Verletzung des geltend gemachten Kennzeichenrechts sich klar aus dem Gesetzeswortlaut oder aus einer anerkannten Auslegung des Gesetzes und den vorgetragenen Tatsachen ergeben und durch die eingereichten Beweismittel nachgewiesen sind; und
(ii) der Gesuchsgegner keine relevanten Verteidigungsgründe schlüssig vorgetragen und bewiesen hat; und
(iii) die Rechtsverletzung, je nach dem im Gesuch erhobenen Rechtsbegehren, die Übertragung oder Löschung des Domain-Namens rechtfertigt.
Wie unter Absatz 4. dargelegt, ist die Gesuchstellerin Inhaberin mehrerer Marken mit dem Bestandteil GOOGLE.
Der streitgegenständliche Domainname lautet <igoogle.ch>. Die Gesuchstellerin ist Inhaberin der Marke GOOGLE, die eine originelle Phantasiebezeichnung beinhaltet. Trotz ihres erst 10-jährigen Bestehens, ist die Marke GOOGLE, dank ihrer starken Präsenz auf dem Internet und ihrer Dominanz unter den Internetsuchmaschinen, berühmt und geniesst den besonderen Schutz von Art. 15 MSchG. Der Domainname <igoogle.ch> enthält - auf den ersten Blick erkennbar - den kennzeichnungskräftigen Bestandteil „google”, der mit der Marke der Gesuchstellerin identisch ist.
Das schweizerische Bundesgericht hat in seinem Leitentscheid festgehalten, dass Domainnamen in ihrer Funktion die dahinter stehenden Personen, Produkte bzw. Sachen oder Dienstleistungen identifizieren und deshalb vergleichbar seien mit Personennamen, Firmen oder Marken. Diese Kennzeichenfunktion von Domainnamen habe zur Folge, dass diese gegenüber absolut geschützten Kennzeichen Dritter den gebotenen Abstand einzuhalten haben (BGE 126 III 239, 244 f.).
In analoger Anwendung von Art. 13 Abs. 2 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 Buchstabe c MSchG kann daher ein Markeninhaber einem Domainnameninhaber verbieten, ein Zeichen im Zusammenhang mit der Anpreisung von Waren oder Dienstleistungen zu gebrauchen, das aufgrund eines älteren Markenrechts vom Markenschutz ausgeschlossen ist.
Der kennzeichnungskräftige Teil des streitigen Domainnamens ist mit der Marke der Gesuchstellerin identisch und dadurch verwechselbar. Durch den Vertrieb von sogenannten „Flash Games” in Verbindung mit dem Zeichen „iGoogle” bietet die Gesuchsgegnerin sodann Waren und Dienstleistungen im Bereich der Internettechnologie an. Auch die Gesuchstellerin bietet Waren (Programme) und Dienstleistungen (Suchdienste) auf dem Internet an und es ist von Dienstleistungsgleichheit auszugehen. Die Gesuchstellerin ist deshalb berechtigt, der Gesuchsgegnerin den Gebrauch des Zeichens „iGoogle” als Domainnamen im Zusammenhang mit der Anpreisung gleichartiger Waren und Dienstleistungen zu verbieten (vgl. z.B. Media Markt Management und Service AG v. Versand Discount GmbH, WIPO Expertenbescheid DCH2005-0025, <1amediamarkt.ch>). Indem die Gesuchsgegnerin dieses Verbot missachtet, verletzt sie Art. 13 Abs. 2 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 MSchG.
Nach Art. 15 Abs. 1 MSchG kann sodann der Inhaber einer berühmten Marke anderen deren Gebrauch für jede Art von Waren und Dienstleistungen verbieten, wenn ein solcher Gebrauch die Unterscheidungskraft der Marke gefährdet oder deren Ruf ausnützt oder beeinträchtigt. Der Gesetzgeber hat bewusst auf eine Legaldefinition der Berühmtheit verzichtet. Aus der Rechtsprechung ergeben sich aber klare Anhaltspunkte, wann einer Marke Berühmtheit zukommt (BGE 124 III 277).
„GOOGLE” ist zurzeit gemäss dem Marktforschungsinstitut Millard Brown die teuerste Marke der Welt. Aus diesem Grund, und weil GOOGLE praktisch jedem Internetnutzer bekannt ist, gilt die Marke ohne Zweifel als berühmte Marke im Sinne von Art. 15 MSchG (vgl. BGE 124 III 277, E.1.a) mit weiteren Ausführungen). Wegen der starken Kennzeichnungskraft des Bestandteils „google” und der Berühmtheit der Marke GOOGLE rechnet das Publikum den Domainnamen <igoogle.ch> ohne weiteres der Gesuchstellerin zu. Damit wird die Gesuchstellerin mit Fremdprodukten in Verbindung gebracht, die den Gebrauch und die Unterscheidungskraft ihrer Marke beeinträchtigen. Gerade solche Verhaltensweisen will der Gesetzgeber mit Art. 15 MSchG verhindern („Bugatti” sic! 6/1998). Folglich verletzt die Gesuchsgegnerin mit der Registrierung und Verwendung des Domainnamens <igoogle.ch> auch Art. 15 MSchG.
Bei dieser Sachlage kann dahin gestellt bleiben, ob das Verhalten der Gesuchsgegnerin nach der schweizerischen Rechtsprechung auch unlauter im Sinne von Art. 3 lit. d UWG ist, da sich eine Gesetzesverletzung bereits aus dem oben Erwähnten ergibt.
Die Gesuchsgegnerin behauptet es sei die Gesuchstellerin, welche ihr auf unlautere Weise den Domainnamen „igoogle” entziehen wolle. Dies mit der Begründung, die Gesuchstellerin habe erst 2 Monate nach ihrem Internetauftritt die Marke „iGoogle” im EU-Raum zu registrieren versucht.
Die Gesuchstellerin hat jedoch bewiesen, dass sie den Domainnamen <igoogle.com> seit dem Jahre 2000 verwendet und bereits vor der Registrierung des streitgegenständlichen Domainnamens ein personalisiertes Produkt unter „iGoogle” lanciert hat. Somit ist es die Gesuchstellerin, welche unter lauterkeitsrechtlichen Gesichtspunkten ein älteres Recht an der Verwendung des Zeichens „iGoogle” geltend machen kann. Für „reverse hijacking” ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte. Weitere relevante Verteidigungsgründe hat die Gesuchsgegnerin nicht vorgebracht.
Der Experte stellt fest, dass das Gesuch, angesichts der Ausführungen unter den Abschnitten 6(i) und 6(ii), begründet ist und sich eine Übertragung des streitgegenständlichen Domainnamen auf die Gesuchstellerin rechtfertigt.
In Übereinstimmung mit Paragraph 24 des Verfahrensreglements ordnet der Experte die Übertragung des Domain-Namen <igoogle.ch> auf die Gesuchstellerin an.
Dr. Bernhard F. Meyer
Experte
Datum: 28. November 2008