WIPO Arbitration and Mediation Center

ENTSCHEIDUNG DES BESCHWERDEPANELS

Dr. A. & L. Schmidgall GmbH & Co KG v. DI Michael Gorgi

Verfahren Nr. D2015-0937

1. Die Parteien

Beschwerdeführer ist Dr. A. & L. Schmidgall GmbH & Co KG aus Wien, Österreich, vertreten durch Taylor Wessing, Österreich.

Beschwerdegegner ist DI Michael Gorgi aus Wien, Österreich, vertreten durch Singer-Musil Singer Rechtsanwälte OG, Österreich.

2. Domain Name und Domainvergabestelle

Der streitige Domainname <osanit.com> (der „Domainname“) ist bei EPAG Domainservices GmbH (die „Domainvergabestelle“) registriert.

3. Verfahrensablauf

Die Beschwerde ging beim WIPO Schiedsgerichts- und Mediationszentrum (dem „Zentrum“) am 2. Juni 2015 per E‑Mail ein. Am 2. Juni 2015 hat das Zentrum eine Bitte um Prüfung der Registrierungsdaten hinsichtlich des streitigen Domain Namens an die Domainvergabestelle geschickt. Am 3. Juni 2015 übermittelte EPAG Domainservices GmbH das Prüfungsergebnis per E-mail an das Zentrum in dem sie bestätigte, dass der Beschwerdegegner Inhaber und administrative Kontaktperson für den Domainnamen ist.

Das Zentrum stellte fest, dass die Beschwerde den formellen Anforderungen der Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy (der „Richtlinie“), der Rules for Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy (der „Verfahrensordnung“) und den WIPO Supplemental Rules for Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy (den „Ergänzenden Verfahrensregeln“) genügt.

Gemäß Paragrafen 2(a) und 4(a) der Verfahrensordnung wurde die Beschwerde dem Beschwerdegegner förmlich zugestellt und das Beschwerdeverfahren am 24. Juni 2015 eingeleitet. Gemäß Paragraf 5(a) der Verfahrensordnung endete die Frist für die Beschwerdeerwiderung am 14. Juli 2015. Am 14 Juli 2015 reichte der Beschwerdegegner eine Beschwerdeerwiderung ein.

Das Zentrum bestellte Peter Burgstaller am 20. Juli 2015 als Einzelpanelmitglied. Das Beschwerdepanel stellt fest, dass es ordnungsgemäß bestellt wurde. Das Beschwerdepanel hat eine Annahmeerklärung und Erklärung der Unbefangenheit und Unabhängigkeit gemäß Paragraf 7 der Verfahrensordnung abgegeben.

Nach Paragraf 11 der Verfahrensordnung ist als Verfahrenssprache grundsätzlich jene Sprache heranzuziehen, in der die Registrierungsvereinbarung abgeschlossen wurde/ist. Die Registrierungsvereinbarung wurde in deutscher Sprache geschlossen, die Verfahrenssprache ist damit Deutsch (Annex 5).

4. Sachverhalt

Der streitige Domainname <osanit.com> wurde am 16. August 2006 vom Beschwerdegegner registriert. Die Firma ‚Hedoga AG, Schweiz“, ist Inhaberin unter anderem der Wortmarke OSANIT mit der Basisregistrierung in der Schweiz vom 03. November 1951 und Gültigkeit auch in Österreich (Annex 6). Die Beschwerdeführerin bietet Osanit-Produkte auf ihrer Website an (Annex 7).

Der Beschwerdegegner hat für die Übertragung des streitigen Domainnamens <osanit.com> an die Beschwerdeführerin EUR 5.000,-- gefordert. Der streitige Domainname ist auf „easyname“ geparkt und wird von easyname auch verwaltet. Zwischen den Parteien bestand eine Geschäftsbeziehung (Annex zur Beschwerdeerwiderung - Schreiben vom 03. Juni 2014 und 10. Juli 2014).

5. Parteivorbringen

A. Beschwerdeführer

Der Beschwerdegegner verwendet den streitigen Domainnamen <osanit.com>, der mit der Marke OSANIT identisch ist und an dem die Beschwerdeführerin Rechte hat. Der Beschwerdegegner hat kein Recht oder ein sonstiges berechtigtes Interesse an der Nutzung des strittigen Domainnamens und hat diesen zudem nicht nur bösgläubig registriert, sondern nutzt diesen auch bösgläubig.

B. Beschwerdegegner

Der Beschwerdegegner verwendet den streitigen Domainnamen nicht bösgläubig und möchte nur die getätigten Investitionen, die er bezüglich in des streitigen Domainnamens getätig hat, refundiert haben. Tatsächlich hat der Beschwerdegegner mit Zustimmung der Beschwerdeführerin den strittigen Domainnamen registriert, weil zwischen den Streitteilen eine Geschäftsbeziehung bestand.

6. Entscheidungsgründe

Paragraf 4(a) der Richtlinie führt drei Elemente auf, die ein Beschwerdeführer nachweisen muss, um die Feststellung zu rechtfertigen, dass der Domainname des Beschwerdegegners auf den Beschwerdeführer zu übertragen ist:

(i) dass der Domainname <osanit.com> mit einer Marke, aus welcher der Beschwerdeführer Rechte herleitet, identisch oder verwechslungsfähig ähnlich ist;

(ii) dass der Beschwerdegegner weder Rechte noch ein berechtigtes Interesse an dem Domainname hat; und

(iii) dass der Domainname bösgläubig registriert wurde und benutzt wird

Die drei Elemente (i) – (iii) müssen also kumulativ vorliegen.

A. Identisch oder verwechslungsfähig ähnlich

Der streitige Domainname <osanit.com> ist ohne Zweifel mit der Marke OSANIT identisch.

Ob die Beschwerdeführerin aber auch tatsächlich Rechte an der relevanten Marke der Firma „Hedoga AG“ gemäß Annex 6 geltend machen kann, ist für das Beschwerdepanel nicht ausreichend dargelegt, und zwar aus folgenden Gründen:

Alleine die Vorlage eines Screenshots einer Website gemäß dem die relevante Marke von der Beschwerdeführerin verwendet wird (Annex 7) ist für das Beschwerdepanel nicht ausreichend, um ein solches Recht zu belegen. Damit kann nicht dargelegt werden, ob die Nutzung der Marke OSANIT auch tatsächlich rechtmäßig, also mit Zustimmung der Markeninhaberin „Hedoga AG“, erfolgte.

Auch der Umstand, dass die Beschwerdeführerin eine Tochtergesellschaft der Markeninhaberin ist, wozu die Beschwerdeführerin im Übrigen keinen Nachweis liefert, reicht per se nicht aus, um Rechte an der Marke darzulegen oder abzuleiten.

Im Zusammenhang mit dem Ergebnis im Rahmen des dritten Elements, wird sich das Beschwerdepanel bezüglich der Voraussetzung nach Paragraf 4(a)(i) der Richtlinie nicht äussern.

B. Recht oder berechtigtes Interesse an dem Domainnamen

Ungeachtet dessen sei aber festgehalten, dass der Beschwerdegegner in seiner Beschwerdeerwiderung keine Argumente vorgebracht und unter Beweis gestellt hat, aus denen sich ein Recht oder berechtigtes Interesse am streitigen Domainnamen ergeben würde.

C. Bösgläubige Registrierung und Verwendung des Domainnamens

Damit die Beschwerde Erfolg haben kann, die Beschwerdeführerin zudem darlegen, dass der strittige Domainname bösgläubig registriert und bösgläubig benutzt wird. Beide Voraussetzungen müssen also kumulativ vorliegen.

Das Beschwerdepanel bemerkt, dass der vorliegende Streitfall im Zusammenhang steht mit einem früheren Vertragsverhältnis zwischen dem Beschwerdegegner und der Beschwerdeführerin. Das Beschwerdepanel ist dazu der Auffassung, dass die Beschwerdeführerin die Bösgläubigkeit der Registrierung und Benutzung des streitigen Domainnamens durch den Beschwerdegegner nicht nachgewiesen hat, und zwar aus folgenden Gründen:

Der Beschwerdegegner muss den streitigen Domainnamen bösgläubig registriert haben und bösgläubig benutzen. Ungeachtet des Umstandes, ob die derzeitige Domainnutzung rechtswidrig ist oder nicht, ist das Beschwerdepanel aber jedenfalls der Auffassung, dass die ursprüngliche Registrierung durch den Beschwerdegegner nicht bösgläubig war. Gemäß Schreiben vom 03. Juni 2014 der Beschwerdeführerin an den Beschwerdegegner (siehe Annex zur Beschwerdeerwiderung), mit dem Betreff „Vertragsbeendigung“, forderte diese nämlich einerseits die Zahlung eines anscheinend noch offenen Betrages aus der bestandenen Geschäftsbeziehung ein und teilte zudem andererseits Folgendes mit:

„Was die Beendigung des Vertragsverhältnisses zum 15. Mai 2014 und die dazu vereinbarten Abwicklungsmodalitäten betrifft, ersuchen wir bis spätestens am 12. Juni 2014

- um Übermittlung einer […]

- um Mitteilung des aktuellen […]

- um Erledigung der Übertragung der Domain <osanit.com>“.

Die Beschwerdeführerin hat mit diesem Schreiben eine Vertragsbeziehung mit dem Beschwerdegegner (siehe Annex zur Beschwerdeerwiderung), beendet. Aus den Angaben – und bei Felhen der tatsächlichen Vereinbarung oder Vertragsbeziehung der Parteien – scheint es aber, dass die streitige Domainnutzung und Registrierung zumindest bis zur Vertragsbeendigung berechtigt und nicht bösgläubig war, andernfalls die Beschwerdeführerin die Domainübertragung nicht im Kontext der Abwicklungsmodalität der Beendigung des Vertragsverhältnisses gefordert hätte, sondern dies völlig losgelöst davon geschehen wäre (siehe dazu insbesondere auch Solahart Industries Pty Ltd v. Ciccarelli Luigi, WIPO Verfahren Nr. D2006-0051, (<solahart.org>); Green Tyre Co. V. Shannon Group, WIPO Verfahren Nr. D2005-0877 (<greentyre.com>)).

Das Beschwerdepanel ist daher der Überzeugung, dass im Zeitpunkt der Domainregistrierung keine Bösgläubigkeit vorgelegen hat.

Dass der Beschwerdegegner im Zeitpunkt der Registrierung Osanit-Produkte kannte (Annex 12 und 3), ist per se noch kein Beweis für eine bösgläubige Registrierung – im Gegenteil: Aufgrund der langen Zeitspanne August 2006 (Registrierung) bis zur erstmaligen (zumindest in diesem Verfahren nachgewiesenen) Aufforderung zur Übertragung der strittigen Domain im Juni 2014, gelangt das Beschwerdepanel vielmehr zur Überzeugung, dass die Domainnutzung durch den Beschwerdeführer berechtigt war (siehe dazu auch Schneider Electronics GmbH v. Scheider UK Ltd, WIPO Verfahren Nr. D2006-1039 (<scheideruk.com>)). Dies trifft umso mehr zu, als die erstmalige Übertragungsaufforderung im Zusammenhang mit der Beendigung der Zusammenarbeit erfolgte und obwohl, nach den eigenen Angaben der Beschwerdeführerin, es sich bei OSANIT um eine der Hauptmarken der Beschwerdeführerin handelte.

Da im Konkreten die Beschwerdeführerin weder die Voraussetzung nach Paragraf 4(a)(i) noch jene nach Paragraf 4(a)(iii) der Richtlinie ausreichend darlegen und erfüllen konnte, erweist sich der Übertragungsanspruch (jedenfalls in diesem Verfahren) als nicht gerechtfertigt.

Das Beschwerdepanel wird sich bezüglich weiterer vertraglichen Fragestellungen des vorliegenden Streitfalls nicht äussern, da diese nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen (siehe dazu auch G.G. Properties Ltd v. AA Technologies, WIPO Verfahren Nr. D2005-0533 (<gartneregypt.com>)).

Diese Entscheidung hindert die Parteien in keiner Weise, den Streit einem zuständigen staatlichen Gericht zur unabhängigen Beurteilung vorzulegen.

7. Entscheidung

Aus den vorgenannten Gründen wird die Beschwerde abgewiesen.

Peter Burgstaller
Einzelbeschwerdepanelmitglied
Datum: 3. August 2015