Beschwerdeführerin ist Becker+Flöge GmbH aus Hannover, Deutschland, vertreten durch Schulze-Borges, Deutschland.
Beschwerdegegner ist Privacy Hero Inc. aus Port St. Charles, Barbados / Ismail Yeni, Taspinar Fikret aus Mudanya, Türkei.
Der streitige Domainname <brilledirekt.org> (der „Domainname“) ist bei Rebel.com Corp. (der „Domainvergabestelle“) registriert.
Die Beschwerde ging auf Deutsch beim WIPO Arbitration and Mediation Center (dem „Zentrum“) am 20. Juni 2016 auf Deutsch ein. Am 20. Juni 2016 hat das Zentrum eine Bitte um Prüfung der Registrierungsdaten hinsichtlich des streitigen Domainnamens an die Domainvergabestelle geschickt. Am 22. Juni 2016 übermittelte die Domainvergabestelle das Prüfungsergebnis per E-Mail an das Zentrum und legte die Identität des Domainnameninhabers sowie seine Kontaktangaben offen, welche vom in der Beschwerde angegebenen Beschwerdegegner und dessen Kontaktangaben abwichen. Des Weiteren gab die Domainvergabestelle bekannt, dass die Sprache der Registrierungsvereinbarung Englisch ist. Am 24. Juni 2016 sandte das Zentrum eine Mitteilung per E-Mail an die Beschwerdeführerin, in der es ihr die von der Domainvergabestelle offen gelegten Angaben über den Domainnameninhaber mitteilte und sie aufforderte, eine Ergänzung zur Beschwerde einzureichen. Die Beschwerdeführerin reichte am 29. Juni sowie am 6., 8. und 11. Juli 2016 Ergänzungen zur Beschwerde ein und beantragte am 29. Juni 2016 Deutsch als Verfahrenssprache. Der Beschwerdegegner reichte keine Stellungnahme hinsichtlich der Verfahrenssprache ein.
Das Zentrum stellt fest, dass die Beschwerde und die Beschwerdeergänzungen den formellen Anforderungen der Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy (der „Richtlinie“), der Rules for Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy (der „Verfahrensordnung“) und der WIPO Supplemental Rules for Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy (der „Ergänzenden Verfahrensregeln“) genügen.
Gemäss Paragraph 2 und 4 der Verfahrensordnung wurde die Beschwerde dem Beschwerdegegner förmlich zugestellt und das Beschwerdeverfahren am 14. Juli 2016 eingeleitet. Gemäss Paragraph 5(a) der Verfahrensordnung endete die Frist für die Beschwerdeerwiderung am 3. August 2016. Der Beschwerdegegner hat keine Beschwerdeerwiderung eingereicht. Am 4. August 2016 teilte das Zentrum demzufolge die Säumnis des Beschwerdegegners mit.
Das Zentrum bestellte Tobias Zuberbühler am 9. August 2016 als Einzelpanelmitglied. Das Beschwerdepanel stellt fest, dass es ordnungsgemäss bestellt wurde. Das Beschwerdepanel hat eine Annahmeerklärung und Erklärung der Unbefangenheit und Unabhängigkeit gemäss Paragraph 7 der Verfahrensordnung abgegeben.
Die Beschwerdeführerin betreibt seit anfangs 2013 über die Website „www.brilledirekt.de“ ein Portal für den Direktverkauf von Brillen. Die Beschwerdeführerin ist Inhaberin der Unionsmarke BRILLEDIREKT.DE (Nr. 9081928), die am 12. Oktober 2010 beim EUIPO (Amt der Europäischen Union für Geistiges Eigentum) als Wort-/Bildmarke registriert wurde.
Der Beschwerdegegner hat den streitgegenständlichen Domainnamen am 2. Dezember 2015 registriert und bietet auf der entsprechenden Website Brillenmodelle an.
Der streitgegenständliche Domainname unterscheidet sich lediglich durch die Top-Level Domain „.org“ von der Marke der Beschwerdeführerin. Ansonsten ist die Schreibweise identisch.
Auf der Internetseite des Beschwerdegegners werden lediglich drei Produkte angeboten. Kontaktinformationen oder gesetzlich vorgeschriebene Hinweise fehlen. Über den Link „Bestellen“ werden zwar persönliche Daten aufgenommen, es erfolgt jedoch nach dem Ausfüllen der Felder mit den persönlichen Daten, der Auswahl der Dioptrie-Stärke der Lesebrille und dem Klicken des Buttons „Bestellen“ keinerlei Rückmeldung. Insbesondere erhält der Besteller keine Bestellbestätigung.
Der Beschwerdegegner hat somit nicht die Absicht, Brillen über das Internet zu verkaufen, sondern versucht lediglich, persönliche Daten zu sammeln. Es bestehen im Internet bereits Foren, die vor der Nutzung der Website warnen.
Der Beschwerdegegner hat keine Beschwerdeerwiderung eingereicht.
Obschon die Registrierungsvereinbarung gemäss Auskunft der Domainvergabestelle in englischer Sprache vorliegt, beantragt die Beschwerdeführerin, das Verfahren auf Deutsch durchzuführen.
Angesichts der Tatsache, dass die Website des Beschwerdegegners in deutscher Sprache gehalten ist und der Beschwerdegegner nichts Gegenteiliges beantragt hat, spricht nichts dagegen, das Verfahren antragsgemäss auf Deutsch durchzuführen (vgl. Paragraph 11 der Verfahrensordnung).
Bei Wort-/Bildmarken werden grundsätzlich nur die dominierenden Wortelemente der Marke für den Vergleich mit einem Domainnamen herangezogen (vgl. WIPO Overview of WIPO Panel Views on Selected UDRP Questions, Second Edition („WIPO Overview 2.0“), Abschnitt 1.11). Somit muss untersucht werden, ob das Wortelement „brilledirekt.de“ in der Marke der Beschwerdeführerin mit dem Kennzeichen „brilledirekt“ des Beschwerdegegners verwechslungsfähig ähnlich ist. Die Endung „.org“ des streitigen Domainnamens fällt bei der entsprechenden Gegenüberstellung nicht ins Gewicht.
Abgesehen von der Länderendung „.de“ in der Marke der Beschwerdeführerin sind die zu vergleichenden Kennzeichen identisch. Obschon die Marke der Beschwerdeführerin aus zwei generischen Wörtern zusammengesetzt ist, ist das kombinierte Kennzeichen „brilledirekt“ nach Ansicht des Panels genügend unterscheidungskräftig, um eine Verwechslungsgefahr bei deutschsprachigen Internetbenutzern zu schaffen.
Dementsprechend ist der streitige Domainname im Sinne von Paragraph 4(a)(i) der Richtlinie verwechslungsfähig ähnlich mit der Marke der Beschwerdeführerin.
Es bestehen keinerlei Hinweise in diesem Fall auf ein berechtigtes Interesse des Beschwerdegegners am streitigen Domainnamen. Der Beschwerdegegner ist kein Lizenznehmer, und es gibt keine Anzeichen dafür, dass der Beschwerdegegner unter den Marken der Beschwerdeführerin bzw. unter dem streitigen Domainnamen allgemein bekannt ist. Das Beschwerdepanel stellt zudem fest, dass der Beschwerdegegner keine Verwendung bzw. keine nachweisbare Vorbereitung einer Verwendung des streitigen Domainnamens im Zusammenhang mit einem gutgläubigen Angebot von Waren oder Dienstleistungen dargelegt hat.
Im Gegenteil scheint der streitige Domainname gemäss unwidersprochener Darstellung der Beschwerdeführerin für die unrechtmässige Sammlung von persönlichen Daten von Konsumenten benutzt zu werden, die über die entsprechende Website versuchen, Brillen zu kaufen.
Da die Beschwerdeführerin ihre Position glaubhaft dargestellt hat und die entsprechenden Argumente unwidersprochen blieben, erfüllt sie auch Paragraph 4(a)(ii) der Richtlinie.
Es ist davon auszugehen, dass der Beschwerdegegner die Website der Beschwerdeführerin kannte, als er den streitigen Domainnamen registrierte.
Wie oben dargestellt, benutzt der Beschwerdegegner den streitigen Domainnamen offenbar dazu, auf betrügerische Weise persönliche Daten von Konsumenten ohne deren Einverständnis zu sammeln. Nach Ansicht des Beschwerdepanels wird damit versucht, den Ruf der Beschwerdeführerin auszunutzen, um Internetnutzer auf die eigene Website des Beschwerdegegners zu locken und damit Geld zu verdienen (mit den Verkauf von Konsumentendaten). Damit wird einerseits die Gefahr einer Schädigung der Geschäftstätigkeit der Beschwerdeführerin geschaffen (Paragraph 4(b)(iii) der Richtlinie) und anderseits versucht, Internetbenutzer zu Gewinnzwecken auf die Website des Beschwerdegegners zu locken (Paragraph 4(b)(iv) der Richtlinie).
Das geschilderte Verhalten stellt somit eine bosgläubige Registrierung und Verwendung des streitigen Domainnamens im Sinne von Paragraph 4(a)(iii) der Richtlinie dar.
Aus den vorgenannten Gründen ordnet das Beschwerdepanel gemäss Paragraph 4(i) der Richtlinie und Paragraph 15 der Verfahrensordnung an, dass der Domainname <brilledirekt.org> auf die Beschwerdeführerin übertragen wird.
Tobias Zuberbühler
Einzelbeschwerdepanelmitglied
Datum: 23. August 2016