Beschwerdeführerin ist DATEV eG aus Nürnberg, Deutschland, vertreten durch Menold Bezler Rechtsanwälte, Deutschland.
Beschwerdegegner ist Claus Linder aus Fichtenau, Deutschland.
Der streitige Domainname <datev.online> (der "Domainname") ist bei NameCheap, Inc. (die "Domainvergabestelle") registriert.
Die Beschwerde ging beim WIPO Arbitration and Mediation Center (dem "Zentrum") am 11. Oktober 2016 auf Englisch ein. Die Beschwerdeführerin beantragte in der Beschwerde allerdings, das weitere Verfahren auf Deutsch zu führen und begründete dies damit, dass der Beschwerdegegner seinen Sitz ebenfalls in Deutschland habe und die bisherige Korrespondenz mit der Beschwerdeführerin auf Deutsch geführt worden sei. Am 12. Oktober 2016 schickte das Zentrum eine Bitte um Prüfung der Registrierungsdaten hinsichtlich des streitigen Domainnamens an die Domainvergabestelle. Am 14. Oktober 2016 übermittelte die Domainvergabestelle das Prüfungsergebnis per E-Mail an das Zentrum, in dem sie bestätigte, dass der Beschwerdegegner Inhaber des Domainnamens und administrative Kontaktperson für den Domainnamen sei und stellte dessen Kontaktdaten zur Verfügung. Des Weiteren teilte sie mit, dass die Sprache der Registrierungsvereinbarung Englisch sei. Am 17. Oktober 2016 schickte das Zentrum eine Nachricht an die Parteien, mit der es die Beschwerdeführerin aufforderte, nachzuweisen, dass eine Parteivereinbarung in Bezug auf die vom Registrierungsvertrag abweichende Verfahrenssprache vorläge, die Beschwerde auf Deutsch einzureichen oder einen substantiierten Antrag zu stellen, dass das Verfahren auf Deutsch geführt werden solle. Am selben Tag übermittelte der Beschwerdegegner eine informelle Kommunikation auf Deutsch. Am 18. Oktober 2016 reichte die Beschwerdeführerin die Beschwerde auf Deutsch ein und beantragte erneut, das Verfahren auf Deutsch zu führen.
Das Zentrum stellte fest, dass die Beschwerde den formellen Anforderungen der Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy (der "Richtlinie"), der Rules for Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy (der "Verfahrensordnung") und der WIPO Supplemental Rules for Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy (der "Ergänzenden Verfahrensregeln") genügt.
Gemäß Paragrafen 2 und 4 der Verfahrensordnung wurde die Beschwerde dem Beschwerdegegner förmlich zugestellt und das Beschwerdeverfahren am 27. Oktober 2016 eingeleitet. Gemäß Paragraf 5(a) der Verfahrensordnung endete die Frist für die Beschwerdeerwiderung am 16. November 2016. Der Beschwerdegegner reichte bis zu diesem Zeitpunkt keine formelle Beschwerdeerwiderung ein. Am 17. November 2016 übermittelte der Beschwerdegegner eine weitere informelle Kommunikation.
Das Zentrum bestellte Brigitte Joppich am 22. November 2016 als Einzelpanelmitglied. Das Beschwerdepanel stellt fest, dass es ordnungsgemäß bestellt wurde. Das Beschwerdepanel hat eine Annahmeerklärung und Erklärung der Unbefangenheit und Unabhängigkeit gemäß Paragraf 7 der Verfahrensordnung abgegeben.
Die Beschwerdeführerin ist ein Informationsdienstleisterin und Softwarehaus und wurde im Jahr 1966 gegründet. Mit einem Jahresumsatz von mehr als EUR 880.000.000,00 ist sie das viertgrößte Softwarehaus Deutschlands. Sie bietet spezialisierte Software und Dienstleistungen für Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte an. Die Finanzbuchführung von rund 2,5 Millionen Unternehmen wird mit Software der Beschwerdeführerin erstellt.
Die Beschwerdeführerin ist Inhaberin zahlreicher Marken mit dem Zeichenbestandteil "Datev", unter anderem der deutschen Marke Nr. 1149368 DATEV, die am 9. November 1989 für verschiedene Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 16, 35, 36 und 41 eingetragen wurde, und Unionsmarke Nr. 000647305 DATEV, die am 15. Februar 1999 für verschiedene Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 16, 35, 41 und 42 eingetragen wurde (die "DATEV-Marken").
Der Beschwerdegegner ist nachweislich Inhaber zahlreicher Domainnamen, die Marken Dritter enthalten. Darüber hinaus wurde der Beschwerdegegner in Bezug auf von ihm registrierte Domainnamen im Jahr 2016 bereits viermal als Beschwerdegegner nach der Richtlinie in Anspruch genommen. Die jeweils streitigen Domainnamen wurden sämtlich übertragen. Der streitige Domainname wurde am 29. April 2016 registriert und führt zu einer Website, auf welcher bloss "Intellectual Property Online" zu lesen ist. Am 30. April 2016 kontaktierte der Beschwerdegegner die Beschwerdeführerin und bot ihr den streitigen Domainnamen zum Kauf an. Es folgte diverse Korrespondenz zwischen den Parteien und deren Vertretern, in welcher die Beschwerdegegner unter anderem wiederholt zum Verzicht auf den Domainnamen aufgefordert wurde. Der Beschwerdegegner wies die geltend gemachten Ansprüche zurück und forderte mehrfach die Zahlung von hohen Geldsummen für die Löschung bzw. Übertragung des streitigen Domainnamens.
Die Beschwerdeführerin trägt vor, dass die Voraussetzungen für eine Übertragung des streitigen Domainnamens nach Paragraf 4(a) der Richtlinie vorliegen.
(1) Sie trägt zunächst vor, der streitige Domainname sei identisch mit den DATEV-Marken, da diese im Domainnamen vollständig enthalten seien und die generische Top-Level-Domain ("gTLD") beim Vergleich eines Domainnamens und einer Marke nach Paragraf 4(a)(i) der Richtlinie vernachlässigt werden könne.
(2) Der Beschwerdegegner habe keinerlei Recht oder berechtigtes Interesse in Bezug auf den streitigen Domainnamen. Der Beschwerdegegner sei unter dem streitigen Domainnamen nicht allgemein bekannt. Außerdem habe die Beschwerdeführerin dem Beschwerdegegner nie eine Lizenz oder eine Gestattung für die Benutzung der DATEV-Marken erteilt. Der Beschwerdegegner habe den streitigen Domainnamen auch nicht für einen nichtgewerblichen Zweck ohne Gewinnabsicht benutzt. Der streitige Domainname werde vielmehr in Verbindung mit einer Platzhalterwebseite genutzt und sei der Beschwerdeführerin nachweislich zum Kauf angeboten worden.
(3) Die Beschwerdeführerin behauptet schließlich, der streitige Domainname sei bösgläubig registriert worden und werde bösgläubig benutzt. Sie trägt vor, der Beschwerdegegner habe in Kenntnis der Identität der Beschwerdeführerin und ihrer Rechte aus den Marken und der Unternehmensbezeichnung "Datev" gehandelt, als er den streitigen Domainnamen registrierte. Zunächst sei das Zeichen "Datev" äußerst bekannt. Darüber hinaus habe der Beschwerdegegner der Beschwerdeführerin den streitigen Domainnamen umgehend nach dessen Registrierung zum Kauf angeboten. Schließlich bestehe auch kein Zweifel daran, dass der Beschwerdegegner den streitigen Domainnamen einzig zu dem Zweck habe registrieren lassen, diesen an die Beschwerdeführerin als Markeninhaberin zu verkaufen, zu vermieten oder anderweitig zu übertragen.
Der Beschwerdegegner hat keine Beschwerdeerwiderung eingereicht. In zwei informellen Kommunikationen teilte er unter anderem mit, an keinem weiteren Verfahren teilzunehmen und beantragte die Abweisung der Beschwerde, da ein Domainname geistiges Eigentum sei.
Zunächst entscheidet das Beschwerdepanel im Rahmen seines Ermessens nach Paragraf 11(a) der Verfahrensordnung, dass das Verfahren abweichend von der Sprache des Registrierungsvertrages auf Deutsch geführt wird. Die Beschwerdeführerin hat vorgetragen, dass die bislang mit dem Beschwerdegegner geführte Korrespondenz ausschließlich auf Deutsch geführt worden sei und dass der Beschwerdegegner als Deutscher in der Lage ist, das Verfahren auf Deutsch zu führen. Der Beschwerdegegner hat zu dieser Frage keine Stellung bezogen, im Verfahren jedoch zweimal eine informelle Kommunikation auf Deutsch an das Zentrum geschickt. Somit liegen die Voraussetzungen für eine Durchführung des Verfahrens in einer von der Sprache des Registrierungsvertrages abweichenden Sprache vor.
Paragraf 4(a) der Richtlinie nennt drei Elemente, welche ein Beschwerdeführer nachweisen muss, damit ein Domainname von dem Beschwerdegegner auf ihn übertragen wird:
(i) der Domainname ist mit einer Marke, aus welcher der Beschwerdeführer Rechte herleitet, identisch oder verwechslungsfähig ähnlich,
(ii) der Beschwerdegegner hat weder ein Recht noch ein berechtigtes Interesse an dem Domainnamen, und
(iii) der Domainname wurde bösgläubig registriert und wird bösgläubig verwendet.
Der streitige Domainname enthält die DATEV-Marken vollständig. Die generische Top-Level-Domain ".online" bleibt bei der Beurteilung von Identität oder verwechslungsfähiger Ähnlichkeit der gegenüberstehenden Zeichen außer Betracht, da diesem lediglich technisch-funktionale Bedeutung zukommt, die vom Verkehr auch als solche erkannt wird.
Das Beschwerdepanel ist nach alledem der Ansicht, dass der streitige Domainname mit der DATEV-Marken der Beschwerdeführerin identisch ist.
Die Beweislast dafür, dass einem Beschwerdegegner kein Recht oder berechtigtes Interesse an einem Domainnamen zusteht, liegt gemäß Paragraf 4(a)(ii) der Richtlinie grundsätzlich bei dem jeweiligen Beschwerdeführer. Wenn dieser allerdings Tatsachen vorträgt, aus denen sich dem ersten Anschein nach ergibt, dass dem Beschwerdegegner keine Rechte oder berechtigte Interessen an einem Domainnamen zustehen, obliegt es wiederum dem Beschwerdegegner, Umstände darzulegen, aus denen seine Rechte oder berechtigte Interessen an dem Domainnamen folgen.
Die Beschwerdeführerin hat im vorliegenden Fall substantiiert vorgetragen, dass der Beschwerdegegner keine Rechte oder berechtigte Interessen an dem streitigen Domainnamen im Sinne der Richtlinie hat und ist ihrer Beweislast damit nachgekommen. Der Beschwerdegegner hat seinerseits keine Nachweise für eigene Rechte oder berechtigte Interessen vorgebracht und damit den durch den Vortrag des Beschwerdeführers begründeten Anschein nicht widerlegt. Darüber hinaus kann auch das Beschwerdepanel aus den vorliegenden Umständen kein legitimes Interesse des Beschwerdegegners in Bezug auf den streitigen Domainnamen erkennen.
Das Beschwerdepanel folgt daher den schlüssigen Behauptungen der Beschwerdeführerin, dass dem Beschwerdegegner keine Rechte oder berechtigte Interessen an dem streitigen Domainnamen zustehen.
Das Beschwerdepanel ist überzeugt, dass der Beschwerdegegner den Domainnamen in Kenntnis der Beschwerdeführerin und damit bösgläubig im Sinne von Paragraf 4(a)(i) der Richtlinie registriert hat, da er der Beschwerdeführerin den streitigen Domainnamen umgehend nach dessen Registrierung zum Kauf angeboten hat.
Der Beschwerdegegner hat dem streitigen Domainnamen darüber hinaus ganz offensichtlich vorrangig in der Absicht registriert, ihn an die Beschwerdeführerin zu veräußern, und zwar zu einem Preis, welcher aus Sicht des Panels nach den vorliegenden Informationen seine unmittelbar mit dem streitigen Domainnamen verbundenen Aufwendungen bei weitem übersteigt und damit bösgläubig im Sinne des Paragraf 4(b)(i) der Richtlinie gehandelt. Schließlich wurde der Beschwerdegegner bereits mehrfach in einem Verfahren nach der Richtlinie zur Übertragung eines Domainnamens auf den jeweiligen Beschwerdeführer verpflichtet und hält zahlreiche weitere Domainnamen, die Marken Dritter beinhalten, so dass auch ein nachweislich bösgläubiges Verhalten nach Paragraf 4(b)(ii) der Richtlinie vorliegt.
Folglich kommt das Beschwerdepanel zu dem Ergebnis, dass der streitige Domainname durch den Beschwerdegegner gemäß Paragraf 4(a)(iii) der Richtlinie bösgläubig registriert und bösgläubig verwendet wurde.
Aus den vorgenannten Gründen ordnet das Beschwerdepanel gemäß Paragraf 4(i) der Richtlinie und 15 der Verfahrensordnung an, dass der streitige Domainname <datev.online> auf die Beschwerdeführerin übertragen wird.
Brigitte Joppich
Einzelbeschwerdepanelmitglied
Datum: 5. Dezember 2016