Die Gesuchstellerin ist Jobrapido Srl aus Milano, Italien, vertreten durch Froriep Renggli, Schweiz.
Die Gesuchsgegner sind Miroslava Fialova und Christoph Mosimann aus Richterswil, Schweiz.
Gegenstand des Verfahrens ist der Domainname <jobrapido.ch> (nachfolgend der „Domainname”).
Die Domainvergabestelle ist SWITCH, Zürich, Schweiz.
Das Gesuch ging am 31. März 2015 beim WIPO Schieds- und Mediationszentrum (dem „Zentrum”) ein. Das Gesuch stützt sich auf das Verfahrensreglement von SWITCH für Streitbeilegungsverfahren für „.ch” und „.li” Domainnamen (“Verfahrensreglement”), welches am 1. März 2004 in Kraft getreten ist.
Am 2. April 2015 bestätigte die Domainvergabestelle SWITCH, dass „Miloslava Fialova“ Inhaberin und administrative Kontaktperson des Domainnamens ist. Das Zentrum stellte fest, dass das Gesuch den formellen Anforderungen des Verfahrensreglements entspricht.
Am 15. April 2015 wurde das Gesuch ordnungsgemäss zugestellt und das Streitbeilegungsverfahren eingeleitet. Die Frist für die Einreichung einer Gesuchserwiderung war der 5. Mai 2015.
Am 1. Mai 2015 meldete sich eine Person namens „Christoph Mosimann“ per E-Mail beim Zentrum und teilte mit, dass er zufällig gesehen habe, dass ein WIPO-Verfahren im Zusammenhang mit dem streitigen Domainnamen am Laufen sei. Der streitige Domainname habe ein falsches Handle, das von ihm irrtümlicherweise zugewiesen worden war, was dazu geführt habe, dass der WhoIs-Eintrag „Miroslava Fialova“ als Inhaberin und Kontaktperson des streitigen Domainnamens nicht korrekt sei. Im gleichen E-Mail informierte er das Zentrum, dass er der Inhaber des streitigen Domainnamens sei, und erklärte sich bereit, diesen auf die Gesuchstellerin zu übertragen. Am 4. Mai 2015 informierte das Zentrum die Gesuchstellerin über die Möglichkeit, eine Sistierung des Verfahrens zu beantragen. Die Gesuchstellerin teilte dem Zentrum gleichentags mit, dass sie unter den gegebenen Umständen nicht an einer Aussetzung des Verfahrens interessiert sei. Am 6. Mai 2015 informierte das Zentrum beide Parteien, dass die Gesuchsgegner weder eine Gesuchserwiderung eingereicht noch auf andere Weise gegenüber dem Zentrum ihre Bereitschaft zur Teilnahme an einer Schlichtungsverhandlung zum Ausdruck gebracht hätten. Die Gesuchstellerin wurde vom Zentrum über die Möglichkeit benachrichtigt, eine Fortsetzung des Verfahrens zu verlangen. Daraufhin beantragte die Gesuchstellerin am 8. Mai 2015 eine Fortsetzung des Verfahrens.
Am 11. Mai 2015 wurde das Verfahren in Übereinstimmung mit Paragraph 19 des Verfahrensreglements fortgesetzt, und das Zentrum bestellte am 20. Mai 2015 Tobias Zuberbühler als Experten. Der Experte stellt fest, dass er ordnungsgemäss bestellt wurde, und hat in Übereinstimmung mit Paragraph 4 des Verfahrensreglements seine Unabhängigkeit erklärt.
Die Gesuchstellerin ist seit 2006 im Bereich der Jobvermittlung tätig und unterhält unter den Domainnamen <jobrapido.com>, <jobrapido.net> und <jobrapido.it> ein Online-Portal, um Kunden bei ihrer Suche nach Arbeitsplätzen in der Schweiz und auf internationaler Ebene zu unterstützen.
Die Gesuchstellerin ist Inhaberin der internationalen Wort-/Bildmarke JOBRAPIDO (Nr. 1'003'667), die am 20. April 2009 unter anderem für die Schweiz registriert wurde. Die Marke ist für diverse Dienstleistungen in den Nizza-Klassen 35 und 42 geschützt, u.a. für die Auswahl von Personal und Personalvermittlung, insbesondere über das Internet. Die Gesuchstellerin ist zudem unter der Firma „Jobrapido Srl“ im italienischen Handelsregister eingetragen.
Bis im Sommer 2014 erfolgte der Betrieb des Portals der Gesuchstellerin auch über den streitigen Domainnamen, der bis zu jenem Zeitpunkt auf die Gesuchstellerin eingetragen war. Nach versehentlich nicht erfolgter Zahlung zur Verlängerung der Registrierung wurde der streitige Domainname durch die Gesuchsgegner registriert. Unter der entsprechenden Website war am 20. März 2015 noch ein Blog eingerichtet mit Tipps und Tricks zur Stellensuche und Links zu verschiedenen Stellen-Portalen der Schweiz.
Bei einem Besuch der Website durch den Experten am 27. Mai 2015 erschien lediglich der Hinweis „[T]his website is currently unavailable“.
Die Gesuchstellerin trägt zusammengefasst Folgendes vor:
Die Gesuchstellerin hat als Inhaberin der Marke JOBRAPIDO gestützt auf Art. 13 des schweizerischen Markenschutzgesetzes (MSchG) das ausschliessliche Recht, die Marke zur Kennzeichnung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen zu gebrauchen und Dritten die Verwendung von Zeichen zu verbieten, welche sich weder in produkt- noch in zeichenspezifischer Hinsicht rechtsgenüglich von ihrer Marke unterscheiden, so dass sich daraus eine Verwechslungsgefahr ergibt.
Die Zeichenidentität bzw. hochgradige Zeichenähnlichkeit zwischen der Marke JOBRAPIDO und dem streitigen Domainnamen <jobrapido.ch> liegt auf der Hand. Hinzu kommt, dass sich die Gesuchsgegner mit ihrem „Blog zur Jobsuche im Internet“ im genau gleichen Marktsegment wie die Gesuchstellerin betätigen. Eine Verwechslungsgefahr ist somit klar gegeben.
Das Verhalten der Gesuchsgegner verstösst auch gegen das Lauterkeitsgebot gemäss Art. 2 UWG und verletzt Art. 3 lit. d UWG (Herbeiführen einer Verwechslungsgefahr).
Letztlich bietet auch das Firmenrecht Schutz vor unbefugtem Gebrauch der Firma durch Dritte. Aus dem Anspruch der Gesuchstellerin, gemäss Art. 2 der Pariser Verbandsübereinkunft („PVÜ“) in der Schweiz wie eine inländische Gesellschaft behandelt zu werden, ergibt sich auch der Schutz ihres Handelsnamens „Joprapido Srl“ in der Schweiz. Vorliegend ist das Ausschliesslichkeitsrecht der Gesuchstellerin aufgrund der Übernahme des Hauptbestandteils „jobrapido“ durch die Gesuchsgegner verletzt.
Die Gesuchsgegner haben keine Gesuchserwiderung eingereicht.
Wie oben dargelegt ist festzuhalten, dass „Miroslava Fialova“ die von der Domainvergabestelle bestätigte Halterin des Domainnamens ist. Gleichzeitig hat das Zentrum Nachrichten von „Christoph Mosimann“ erhalten, der behauptet, Eigentümer des Domainnamens zu sein, jedoch keine entsprechenden Beweise eingereicht hat. Unter den gegebenen Umständen ist ebenfalls zu berücksichtigen, dass Christoph Mosimann nach eigenen Angaben „zufällig gesehen habe, dass ein WIPO-Verfahren im Zusammenhang mit dem streitigen Domainnamen am Laufen sei“. Die einzige plausible Erklärung hierzu ist, dass Christoph Mosimann und Miroslava Fialova irgendwie verbunden sind.
Vor diesem Hintergrund anerkennt der Experte „Miroslava Fialova“ und „Christoph Mosimann“ gemeinsam als Gesuchsgegner in diesem Verfahren.
Die Gesuchstellerin ist Inhaberin der für die Schweiz geschützten Wort-/Bildmarke JOBRAPIDO.
Entsprechend hat die Gesuchstellerin den Nachweis gemäss Paragraph 24(d)(i) des Verfahrensreglements ausreichend erbracht.
Das Schweizerische Bundesgericht hat in einem Leitentscheid festgehalten, dass Domainnamen in ihrer Funktion die dahinter stehenden Personen, Produkte bzw. Sachen oder Dienstleistungen identifizieren und deshalb vergleichbar seien mit Personennamen, Firmen oder Marken (vgl. BGE 126 III 244). Diese Kennzeichenfunktion von Domainnamen habe zur Folge, dass diese gegenüber absolut geschützten Kennzeichen Dritter den gebotenen Abstand einzuhalten hätten (BGE 126 III 244 f.).
Art. 13 Abs. 1 MSchG verleiht dem Markeninhaber das ausschliessliche Recht, die Marke zur Kennzeichnung von Waren oder Dienstleistungen zu gebrauchen, für die sie beansprucht wird. Gemäss Art. 13 Abs. 2 MSchG kann der Markeninhaber einem anderen den Gebrauch eines Zeichens untersagen, das die Rechte des Markeninhabers verletzt, z.B. indem es mit einer älteren Marke für gleiche oder gleichartige Waren oder Dienstleistungen identisch oder ähnlich ist (Art. 3 Abs. 1 lit. a-c MSchG).
(a) Zeichenähnlichkeit:
Der visuelle Eindruck einer Wort-/Bildmarke bestimmt sich in der Regel nach denselben Grundsätzen wie bei reinen Bildmarken. In Bezug auf den Wortbestandteil können die zu Wortmarken entwickelten Grundsätze herangezogen werden. Dabei ist allerdings zu beachten, dass der Wortbestandteil in einer Wort-/Bildmarke grundsätzlich lediglich in der konkreten Gestaltung geschützt ist (vgl. zum Ganzen SHK Markenschutzgesetz, Noth/Bühler/Thouvenin-Joller, Art. 3 N 196-200).
Die Rekurskommission des Instituts für Geistiges Eigentum und das Bundesverwaltungsgericht gehen davon aus, dass weder dem Bild- noch dem Wortbestandteil grundsätzlich mehr Gewicht zukommt. Im konkreten Fall sei die Unterscheidungskraft der einzelnen Bestandteile sowie ihr Einfluss auf den Gesamteindruck zu prüfen (Noth/Bühler/Thouvenin-Joller, Art. 3 N 199).
Der streitige Domainname ist abgesehen von der ccTLD „.ch“ identisch mit dem Wortbestandteil „jobrapido“ der Wort-/Bildmarke der Gesuchstellerin.
Das Bildelement der Marke der Gesuchstellerin besteht in der nachfolgend wiedergegebenen Darstellung des Worts „jobrapido“ als fett gedruckte Buchstaben:
Auf der Website der Gesuchstellerin wird die Marke als weisser Schriftzug auf blauem Hintergrund verwendet:
Der Gesuchsgegner hat auf seiner Website folgenden Schriftzug benutzt:
Im Entscheid <riesen.ch> hat das Bundesgericht in einer Praxisänderung festgehalten, dass es bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr auf den Inhalt der unter einem Domainnamen zugänglichen Website ankommt (Urteil 4C.31/2004 vom 8. November 2004 E. 4.2). Der aktuellen Praxis des Bundesgerichts ist zuzustimmen. Der Markeninhaber kann Dritten nur den Gebrauch eines ähnlichen oder identischen Zeichens für gleichartige oder identische Produkte verbieten. Somit ist auch hier der Inhalt der Website der Gesuchsgegner bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit heranzuziehen.
Eine Gegenüberstellung der Schriftzüge beider Parteien zeigt, dass die Gesuchsgegner eine leicht verschiedene, schmalere und weniger fette Schrift benutzten als die Gesuchstellerin. Zudem beginnt der Schriftzug der Gesuchsgegner mit einem grossen „J“ und endet mit der Länderendung für die Schweiz („.ch“). Andererseits sind beide Schriftzüge weiss auf farbigem Hintergrund und weisen keine besonderen grafischen Elemente auf.
Der Gesamteindruck der Kennzeichen wird dabei eher durch den Wortbestandteil JOBRAPIDO geprägt als durch die leichten Abweichungen im Schriftbild. Bei einem Vergleich aller Elemente kommt der Experte zum Schluss, dass die Kennzeichen insgesamt sehr ähnlich sind im Sinne von Art. 3 Abs. 1 lit. c MSchG.
In diesem Zusammenhang ist im Übrigen zu berücksichtigen, dass die Gesuchsgegner das Logo „Jobrapido.ch“ zurzeit gar nicht markenmässig benutzen, sondern lediglich den streitigen Domainnamen mit einer inaktiven Website verknüpfen. Bei dieser aktuellen Situation hätte also die grafische Gestaltung des von den Gesuchsgegnern benutzten Logos keine Bedeutung für die Beurteilung der Zeichenähnlichkeit.
(b) Waren- und Dienstleistungsgleichartigkeit:
Der streitige Domainname wurde bis mindestens 20. März 2015 für gleiche oder zumindest gleichartige Dienstleistungen verwendet wie jene im Schutzbereich der Marke der Gesuchstellerin (Jobportale), weshalb Gleichartigkeit der Dienstleistungen im Sinne von Art. 3 Abs. 1 lit. c MSchG vorliegt.
(c) Verwechslungsgefahr:
In Anbetracht der oben dargelegten Umstände ist der Experte der Auffassung, dass zwischen der Marke JOBRAPIDO der Gesuchstellerin und dem streitigen Domainnamen eine unmittelbare Verwechslungsgefahr besteht. Man kann auch davon ausgehen, dass die Gesuchsgegner diese Verwechslungsgefahr bewusst im Wissen um die Marke der Gesuchstellerin geschaffen und somit die Kennzeichenrechte der Gesuchstellerin gemäss Art. 13 Abs. 2 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 lit. c MSchG klar verletzt haben.
An diesem Befund ändert sich nichts durch die Tatsache, dass der streitige Domainname (bzw. die damit verbundene Website) irgendwann zwischen dem 20. März 2015 und dem 27. Mai 2015 deaktiviert wurde. Wie die Gesuchstellerin bewiesen hat, war die unter dem streitigen Domainnamen aufgeschaltete Webseite mindestens bis zum 20. März 2015 noch aktiv. Sie könnte auch jederzeit reaktiviert werden. Da somit eine Verletzung der Markenrechte der Gesuchstellerin durch den streitigen Domainnamen droht, kann die weitere Benutzung des streitigen Domainnamens gemäss Art. 55 Abs. 1 lit. a MSchG verboten werden (vgl. Mark Schweizer, 5 Jahre SWITCH-Streitbeilegungsverfahren: Fair.ch?, AJP 8/2009 971, S. 982-985; Freecom Technologies GmbH v. Urs Frei, WIPO Verfahren Nr. DCH2007-0012; The Toro Company v. Toro User Club, WIPO Verfahren Nr. DCH2004-0014).
Damit muss nicht näher untersucht werden, ob der streitige Domainname allenfalls auch Bestimmungen des UWG bzw. das Firmenrecht der Gesuchstellerin verletzt.
Da die Gesuchsgegner keine Verteidigungsgründe vorgebracht haben, welche die Darstellungen der Gesuchstellerin widerlegen oder ihr eigenes legitimes Interesse begründen, befindet der Experte, dass die Verletzung der Markenrechte der Gesuchstellerin nach dem Recht der Schweiz durch die Registrierung und Verwendung des streitigen Domainnamens seitens der Gesuchsgegner eine Übertragung des Domainnamens rechtfertigt.
Aus den vorstehenden Gründen entscheidet der Experte, dass der streitige Domainname <jobrapido.ch> gemäss Paragraph 24 des Verfahrensreglements auf die Gesuchstellerin zu übertragen ist.
Tobias Zuberbühler
Experte
Datum: 27. Mai 2015