Beschwerdeführer ist HAWE Hydraulik SE, aus Deutschland, vertreten durch Grosse Schumacher Knauer von Hirschhausen, Deutschland.
Beschwerdegegner ist Dream Bigger Ventures GmbH, Premium Domain Manager, aus Österreich.
Das Register des streitigen Domainnamens <hawe.eu> ist das European Registry for Internet Domains („EURid” oder das „Register”). Der streitige Domainname ist bei CRegISP Ltd registriert.
Die Beschwerde wurde bei dem WIPO Arbitration and Mediation Center (dem „Zentrum”) am 16. April 2021 eingereicht.
Am 16. April 2021 sandte das Zentrum eine Bitte um Bestätigung der Registrierungsdaten hinsichtlich des streitigen Domainnamens per E-Mail an das Register. Am 20. April 2021 übermittelte das Register seine Antwort per E-Mail an das Zentrum, in welchem es bestätigte, dass der Beschwerdegegner Inhaber des streitigen Domainnamens ist und dessen Kontaktdaten zur Verfügung stellte.
Das Zentrum stellte fest, dass die Beschwerde den formellen Voraussetzungen der Regeln für die Alternative Streitbeilgung in .eu-Domainnamenstreitigkeiten (die „ADR-Regeln”) und den Ergänzenden Regeln der Weltorganisation für Geistiges Eigentum für .eu-Domainnamenstreitigkeiten (die „Ergänzenden Regeln”) entspricht.
In Übereinstimmung mit den ADR-Regeln, Paragraph B(2), wurde die Beschwerde dem Beschwerdegegner vom Zentrum förmlich übermittelt und das Verfahren am 23. April 2021 eingeleitet. Gemäß den ADR-Regeln, Paragraph B(3), endete die Frist für die Beschwerdeerwiderung am 23. Mai 2021. Der Beschwerdegegner reichte keine Beschwerdeerwiderung ein. Am 25. Mai 2021 teilte das Zentrum demzufolge die Säumnis des Beschwerdegegners mit.
Das Zentrum ernannte Richard C.K. van Oerle am 1. Juni 2021 als einköpfige Schiedskommission. Die Schiedskommission stellt fest, dass sie ordnungsgemäß ernannt wurde. Die Schiedskommission hat eine Annahmeerklärung und Erklärung der Unabhängigkeit, wie vom Zentrum zwecks Übereinstimmung mit den ADR-Regeln, Paragraph B(5), vorgeschrieben, abgegeben.
Der Beschwerdeführer ist ein Unternehmen spezialisiert auf die Herstellung und Entwicklung von hydraulischen Komponenten. Die Firma HAWE wurde 1949 in München gegründet.
Der Beschwerdeführer ist unter dem Unternehmensnamen „HAWE Hydraulik SE” tätig. Für diese Bezeichnung genießt der Beschwerdeführer Schutz gemäß § 5 Abs. 2 i. V.m. § 15 deutsches Markengesetz (MarkenG) als Unternehmenskennzeichen bzw. Handelsnamen.
Der Beschwerdeführer verfügt darüber hinaus über zahlreiche eingetragene Marken für die Wort- und Bildmarke HAWE, darunter:
- Internationale Markenregistrierung für das Wortzeichen HAWE (Nr. 255640) mit einem Registrierungs-/Prioritätsdatum vom 14. Mai 1962, deren Schutz sich u.a. auf die Länder Bosnien-Herzegowina; Benelux; Deutschland; Frankreich; Italien; Kroatien: Lichtenstein; Monaco; Portugal; Rumänien; Schweiz; Serbien; Slowenien; Slowakei; San Marino; Tschechien; Ungarn und Österreich erstreckt;
- Europäische Unionswortmarke HAWE (Nr. 017878140) mit einem Anmelde-/ Prioritätsdatum vom 21. März 2018; nachfolgend bezeichnet als: „die Marken”.
Der streitige Domainname wurde am 15. Juli 2012 registriert.
Unter dem streitigen Domainnamen ist eine Website abrufbar von „Dan.com“ (ein Drittanbieter für
Domain-Treuhand und –Transfer) worauf der streitige Domainname zu einem Preis von EUR 2.499 zum Verkauf angeboten wird.
Der Beschwerdeführer ist der Rechtsnachfolger des 1949 gegründeten Unternehmens. Der ist seit dem 1. Oktober 2008 im deutschen Handelsregister unter dem Namen „HAWE Hydraulik SE” eingetragen. Die HAWE Hydraulik SE in Aschheim / München ist die zentrale Gesellschaft der HAWE Gruppe. Weltweit ist die Gruppe entweder direkt, oder indirekt in über 40 Länder präsent. Der jährliche Umsatz des Beschwerdeführers betrug für das Jahr 2019 EUR 251.448.400,17.
Der Beschwerdeführer ist der Ansicht, der streitgegenständliche Domainname sei die Internationalen Markenregistrierung HAWE des Beschwerdeführers verwechselbar ähnlich. Die Marke HAWE sei vollständig in den streitgegenständlichen Domainnamen übernommen. Die country code Top Level Domain („ccTLD“), „.eu” wäre dabei als rein beschreibender und technisch bedingter Zusatz außer Acht zu lassen.
Der Beschwerdeführer trägt vor Rechte oder legitime Interessen des Beschwerdegegners am streitgegenständlichen Domainnamen seien nicht ersichtlich.
Der Beschwerdegegner hat den streitigen Domainnamen oder einen Name, der diesem Domainname entspricht, nicht im Zusammenhang mit dem Angebot von Waren oder Dienstleistungen verwendet oder solche Vorbereitungen getroffen. Vielmehr hat der Beschwerdegegner der streitige Domainname der Allgemeinheit auf der gleichnamigen Internetseite nachweislich am 17. Oktober 2020 zu einem Preis von EUR 4.999 und wenig später, nachdem der Beschwerdeführer den Beschwerdegegner erstmals kontaktiert hatte zu einem Preis EUR 2.499 zum Verkauf angeboten.
Der Beschwerdegegner ist nicht ein Unternehmen, eine Organisation oder eine natürliche Person, die unter dem streitigen Domainnamen allgemein bekannt ist.
Der Beschwerdegegner nütze den streitigen Domainnamen nicht in rechtmäßiger und nichtkommerzieller oder fairer Weise, ohne die Verbraucher in die Irre zu führen, oder das Ansehen eines Namens, für den nach nationalem und/oder Europäisches Recht anerkannten oder festgelegten Rechte bestehen, zu beeinträchtigen. Denn die Verbraucher erwarten unter dem streitigen Domainnamen ein Angebot des Beschwerdeführers. Für eine solche Verbrauchererwartung sprechen sowohl die zahlreichen Marken des Beschwerdeführers und der Name des Beschwerdeführers sowohl als der Umstand, dass der Beschwerdeführer bereits unter den Domains <hawe.de> und <hawe.com> auftrete.
Schließlich ist der Beschwerdeführer der Ansicht, der streitige Domainname wurde durch den Beschwerdegegner in bösgläubiger Absicht registriert.
Der streitige Domainname wurde von dem Beschwerdegegner hauptsächlich deshalb registriert, um ihn an den Inhaber eines Namens, für den ein nach nationalem und/oder Europäisches Recht anerkanntes oder festgelegtes Recht besteht, zu verkaufen. Denn der Beschwerdegegner habe der streitige Domainname unter der Seite <hawe.eu> und über den Dienstleister „Dan.com“ der Allgemeinheit zu einem Preis von EUR 2.499 zum Verkauf angeboten.
Der Domainname würde von dem Beschwerdegegner registriert, um zu verhindern, dass der Beschwerdeführer, diesen Namen als entsprechender Domainname verwenden könnte, wobei der streitige Domainname mindestens zwei Jahre lang ab der Registrierung am 15. Juli 2012 nicht in einschlägiger Weise von dem Beschwerdegegner genutzt würde. Der streitige Domainname würde prägender Teil des Namens „HAWE Hydraulik SE“ des Beschwerdeführers sowie identisch zu den Marken des Beschwerdeführers. Von dem Beschwerdegegner könnte hingegen keine Verbindung zwischen dem Domaininhaber und dem registrierten Domainnamen nachgewiesen werden.
Der Beschwerdegegner hat keine Beschwerdeerwiderung eingereicht.
Die Beschwerde wurde auf Deutsch eingereicht, denn auf den Antrag des Beschwerdeführers zur Änderung der Verfahrenssprache hin hat das Schiedsgericht der WIPO am 16. März 2021 entschieden, dass das ADR Verfahren auf Deutsch zu führen ist (BESLISSING INZAKE Verzoek tot wijziging van de taal van de ADR-Procedure HAWE Hydraulik SE v. Premium Domain Manager, Dream Bigger Ventures GmbH, WIPO Fall Nr. DEUL2020-0009). Diese Entscheidung wurde den Verfahrensbeteiligten am 22. März 2021 per E-Mail zugestellt.
Gemäß Art. 22 Abs. 1 der EU-Verordnung 874/2004 sowie Artikel B11(d)(1) der ADR-Regeln ist es Aufgabe der Beschwerdeführerin nachzuweisen, dass
(i) der streitige Domainname identisch oder verwechselbar mit Namen ist, für die ein Recht oder Rechte nach nationalem Recht und/oder EU-Recht im Sinne des Artikel B1(b)(9) der ADR-Regeln anerkannt oder festgelegt ist oder sind, und, entweder
(ii) der streitige Domainname von der Beschwerdegegnerin ohne Rechte oder legitime Interessen am streitigen Domainnamen registriert wurde, oder
(iii) der streitige Domainname in bösgläubiger Absicht registriert wurde oder benutzt wird.
Antwortet eine an dem alternativen Streitbeilegungsverfahren beteiligte Partei nicht innerhalb der festgesetzten Frist, kann dies als Anerkennung des Anspruchs der Gegenpartei gewertet werden (s. Artikel B10(a) der ADR-Regeln sowie Artikel 22 Abs. 10 VO (EG) Nr. 874/2004).
Der Beschwerdeführer hat durch Vorlage entsprechender Registerauszüge nachgewiesen, dass er Inhaber einer Reihe von Marken ist, die aus dem Wortbestandteil HAWE bestehen oder enthalten. Die figurative Marke besteht aus einer stilisierten Darstellung der Buchstaben HAWE. Der Schriftzug „Hawe“ ist jedoch dominierend. Die nicht textlichen Elemente der Marke beeinträchtigen in keiner Weise die Hervorhebung des Wortbestandteils der Marke, was das prominenteste Element ist.
Der Beschwerdeführer hat ebenfalls nachgewiesen unter dem Unternehmensnamen „HAWE Hydraulik SE” firmiert zu sein. Für diese Bezeichnung genießt der Beschwerdeführer Schutz als Unternehmenskennzeichen bzw. Handelsnamen.
Dies ist unbestritten geblieben. Eingetragene nationale und Europäische Unionsmarken sowie Handelsnamen und Unternehmensnamen, sind in Artikel 10 Abs. 1 VO (EG) Nr. 874/2004 ausdrücklich genannt, auf den Artikel 21 Abs. 1 VO (EG) Nr. 874/2004 verweist.
Der streitige Domainname lautet <hawe.eu>. Der Handelsname/Unternehmensname und die geschützte Wort- und Bildmarke HAWE des Beschwerdeführers ist in dem Domainnamen vollständig beinhaltet, und zum anderen nach der gängigen Praxis der Schiedskommissionen sowohl in Schiedsverfahren nach den Regeln der Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy (UDRP)1 als auch nach den hier einschlägigen
ADR-Regeln die Betrachtung der in dem streitigen Domainnamen enthaltenen country ccTLD, hier „.eu”, bei der anzustellenden Identitäts – bzw. Ähnlichkeitsprüfung regelmäßig außen vor bleibt (vgl. Abschnitt 1.11.1, WIPO Overview of Panel Views on Selected UDRP Questions, Third Edition).
Demzufolge stellt die Schiedskommission fest, dass der Beschwerdeführer die Voraussetzungen des Artikel B11(d)(1)(i) der ADR-Regeln erfüllt hat.
B. und C. Rechte oder berechtigte Interessen / Bösgläubige Registrierung oder bösgläubige Benutzung
Da Artikel 21 Abs. 1 VO (EG) Nr. 874/2004 sowie Artikel B11 (d) der ADR-Regeln entweder das Fehlen von Rechten oder berechtigten Interessen auf Seiten des Beschwerdegegners oder eine Bösgläubigkeit des Beschwerdegegners verlangt, reicht es für die Begründetheit der Beschwerde aus, wenn eines dieser beiden alternativen Tatbestandsmerkmale erfüllt ist.
Der Beschwerdeführer hat nachgewiesen, dass unter dem streitigen Domainnamen eine Website abrufbar ist worauf der streitige Domainname zu einem Preis von EUR 4.999 und wenig später, nachdem der Beschwerdeführer den Beschwerdegegner erstmals kontaktiert hatte, zu einem Preis EUR 2.499 zum Verkauf angeboten wurde.
Darüber hinaus wurde vom Beschwerdeführer vorgetragen, dass der Beschwerdegegner den streitigen Domainnamen nicht im Zusammenhang mit dem Angebot von Waren oder Dienstleistungen verwendet hat oder nachweislich Vorbereitungen in dieser Richtung getroffen hat, der Beschwerdegegner als Unternehmen, Organisation oder natürliche Person unter dem streitigen Domainnamen nicht allgemein bekannt war, und der Beschwerdegegner nicht vom streitigen Domainnamen rechtmäßigen und nichtkommerziellen oder in fairer Weise Gebrauch gemacht hat, welche Vorträge vom Beschwerdegegner nicht widerlegt wurden.
Die Schiedskommission leitet hieraus die Bösgläubigkeit gemäß Artikel 21 Abs. 1 (b) VO (EG) Nr. 874/2004 sowie Artikel B11 (d) (1) (iii) der ADR-Regeln ab, so dass auch das zweite Tatbestandsmerkmal erfüllt ist. Ob der Beschwerdegegner demgegenüber ein Recht oder berechtigtes Interesse im Sinne des Artikels 21 Abs. 1 (a) VO (EG) Nr. 874/2004 sowie Artikel B11 (d) (1) (ii) der ADR-Regeln geltend machen kann, kann offen bleiben. Selbst wenn ein solches vorläge, schlösse dies die Begründetheit der Beschwerde nicht aus.
Der Beschwerdeführer ist eine juristische Person, die ihren Sitz, satzungsmäßigen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung innerhalb der Europäische Union hat, nämlich in Deutschland, und ist damit berechtigt einen .eu Domainname zu registrieren (s. Artikel 4 Abs. 2 lit. b (i) VO (EG) 733/2002).
Aus den vorgenannten Gründen ordnet die Schiedskommission in Übereinstimmung mit Paragraph B(11) der ADR-Regeln an, dass der Domainname <hawe.eu> auf den Beschwerdeführer zu übertragen ist.
Richard C.K. van Oerle
einköpfige Schiedskommission
Datum: 21. Juni 2021
In accordance with Paragraphs B12(i) of the ADR Rules and 14 of the WIPO Supplemental Rules for the ADR Rules, below is a brief summary in English of Decision for WIPO Case No. DEU2021-0015.
1. The Complainant is HAWE Hydraulik SE, represented by Grosse Schumacher Knauer von Hirschhausen, Germany. The Respondent is Premium Domain Manager, Dream Bigger Ventures GmbH, Germany.
2. The disputed domain name <hawe.eu> was registered on July 15, 2012, with the European Registry for Internet Domains (EURid) and resolves to a website offering the disputed domain name for sale.
3. The Complaint was filed in German on April 16, 2021. The Respondent did not file a Response. Richard C. K. van Oerle was appointed as single member panel on June 1, 2021.
4. The Complainant trades under the company name “HAWE Hydraulik SE”. The complainant enjoys protection for this name under German law as a company mark or trade name. The Complainant is the owner of the international trademark HAWE (IR Nr. 255640), registered on May 14, 1962, and of the European Union trademark HAWE registered on March 21, 2018, Reg. No. 017878140.
5. Pursuant to Article 21(1) of the Commission Regulation (EU) No. 874/2004 and Article B(11)(d)(1)(i)-(iii) of the ADR Rules, the Panel finds that:
- the disputed domain name is identical or confusingly similar to a name in respect of which a right or rights are recognized or established by national law of a Member State and / or EU-law;
- the Respondent has registered and is using the disputed domain name in bad faith.
6. In accordance with Article B(11) of the ADR Rules, the Panel decides to transfer the disputed domain name to the Complainant.
1 Aufgrund der zahlreichen Parallelen zwischen den Regeln der UDRP und den ADR-Regeln kann die Schiedskommission in relevanten Fällen auch auf die gängige Spruchpraxis in UDRP-Verfahren zurückgreifen.