Die Gesuchstellerin ist der Migros-Genossenschafts-Bund, Zürich, Schweiz, vertreten durch Baker & McKenzie, Zürich, Schweiz.
Der Gesuchsgegner ist Burtson Ive, Berlin, Deutschland.
Gegenstand des Verfahrens ist der Domain-Name <migros-travel.ch> (nachfolgend der „Domain-Name”).
Die Domainvergabestelle ist SWITCH, Zürich, Schweiz.
Das Gesuch ging beim WIPO Schieds- und Mediationszentrum (das „Zentrum”) am 16. Juli 2010 ein. Das Gesuch stützt sich auf das Verfahrensreglement von SWITCH für Streitbeilegungsverfahren für “.ch” und “.li” Domain-Namen (“Verfahrensreglement”), welches am 1. März 2004 in Kraft getreten ist.
Am 19. Juli 2010 bestätigte die Domainvergabestelle SWITCH, dass der Gesuchsgegner Inhaber und administrative Kontaktperson des Domain-Namens ist. Das Zentrum stellte fest, dass das Gesuch den formellen Anforderungen des Verfahrensreglements entspricht.
Am 23. Juli 2010 wurde das Gesuch ordnungsgemäss zugestellt und das Streitbeilegungsverfahren eingeleitet. Die Frist für die Einreichung einer Gesuchserwiderung war der 12. August 2010.
Das Zentrum teilte mit Schreiben vom 13. August 2010 mit, dass der Gesuchsgegner weder eine Gesuchserwiderung eingereicht, noch auf andere Weise gegenüber dem Zentrum seine Bereitschaft zur Teilnahme an einer Schlichtungsverhandlung zum Ausdruck gebracht hat. Die Gesuchstellerin wurde vom Zentrum über die Möglichkeit benachrichtigt, die Fortsetzung des Verfahrens zu verlangen.
Am 13. August 2010 wurde das Verfahren in Übereinstimmung mit Paragraph 19 des Verfahrensreglements fortgesetzt und das Zentrum bestellte am 19. August 2010 Jacques de Werra als Experten. Der Experte stellt fest, dass er ordnungsgemäss bestellt wurde und hat in Übereinstimmung mit Paragraph 4 des Verfahrensreglements seine Unabhängigkeit erklärt.
Die Gesuchstellerin ist das grösste Detailhandelunternehmen in der Schweiz. Sie ist Inhaberin zahlreicher Marken mit dem Element MIGROS, darunter die Marken MIGROS (Wortmarke) Nr P-415060 und MTRAVEL (Wortbildmarke) P-416095 mit Prioritäten von 1994 welche insbesondere für Reisedienstleistungen der Klasse 39 geschützt sind.
Darüber hinaus verfügt die Gesuchstellerin über eine Vielzahl von Domain-Namen welche die Bestandteile “migros” und/oder “travel” enthalten (insbesondere <m-travel.ch>, <migrosferien.ch>, <migros-ferien.ch> und <travel.ch>).
Der Gesuchsgegner hat den Domain-Namen am 25. März 2009 registriert. Er hat unter dem Domain-Namen eine Webseite aufgeschaltet, auf der Links zu Ferien- und Reisedienstleistungswebseiten (im Zusammenhang mit einem „Parking” page) angeboten werden.
Die Gesuchstellerin liess dem Gesuchsgegner am 3. Mai 2010 ein Abmahnschreiben zugehen, das ohne Antwort geblieben ist.
Die Gesuchstellerin beruft sich auf ihre Marken MIGROS und MTRAVEL die in der Schweiz und in Liechtenstein als berühmte, zumindest aber als sehr bekannte Marken im Bereich Ferien- und Reisedienstleistungen bezeichnet werden können (die “MIGROS” Marke wird sogar in einem kürzlich erschienen Bericht als die stärkste Marke der Schweiz bezeichnet).
Die Gesuchstellerin behauptet weiter, dass der streitige Domain-Name identisch oder verwechselbar ähnlich mit ihren Marken sei. Der streitgegenständliche Domain-Name übernehme die MIGROS Marke der Gesuchstellerin zur Gänze und unterscheide sich von der Marke MTRAVEL nur indem der Buchstabe “M” durch das Wort “Migros” ersetzt worden sei, wobei “M” eine geläufige und sehr bekannte Abkürzung für MIGROS darstelle. Somit ergäbe sich, dass der streitige Domain-Name die exakt gleiche Bedeutung wie die Marke MTRAVEL der Gesuchstellerin aufweise. Hinzu komme, dass der Domain-Name im Zusammenhang mit Reise- und Feriendienstleistungen verwendet wird. Aufgrund der Tatsache, dass der Gesuchgegner die Marken der Gesuchstellerin zur Kennzeichnung identischer Dienstleistungsangebote verwende und/oder Links zu Webseiten mit solchen Angeboten zur Verfügung stelle, schaffe er eine erhebliche Verwechslungsgefahr für Internetbenutzer und verletze damit die Markenrechte der Gesuchstellerin. Ausserdem, selbst im Falle, dass der Gesuchsgegner keine solchen Reisedienstleistungen offerieren würde, bestünde eine Verwechslungsgefahr im Sinne des UWG und der Domain-Name würde die Rechte der Gesuchstellerin an der berühmten Marke MIGROS verletzen, weil der Gebrauch des Domain-Namens den Ruf der Marke ausnütze.
Der Gesuchsgegner hat keine Gesuchserwiderung eingereicht.$
Dem Gesuch ist stattzugeben, wenn die Registrierung oder Verwendung der streitgegenständlichen Domain-Namen eine klare Verletzung eines Kennzeichenrechts darstellt, das den Gesuchstellerinnen nach dem Recht der Schweiz zusteht (Paragraph 24(c) des Verfahrensreglements). Insbesondere liegt eine klare Verletzung eines Kennzeichenrechts gemäss Paragraph 24(d) vor, wenn
(i) sowohl der Bestand als auch die Verletzung des geltend gemachten Kennzeichenrechts sich klar aus dem Gesetzeswortlaut oder aus einer anerkannten Auslegung des Gesetzes und den vorgetragenen Tatsachen ergeben und durch die eingereichten Beweismittel nachgewiesen sind: und
(ii) der Gesuchsgegner keine relevanten Verteidigungsgründe schlüssig vorgetragen und bewiesen hat; und
(iii) die Rechtsverletzung, je nach dem im Gesuch erhobenen Rechtsbegehren, die Übertragung oder Löschung des Domain-Namens rechtfertigt.
Die Gesuchstellerin hat bewiesen, dass sie seit 1994 Inhaberin der Schweizer Marken MIGROS und MTRAVEL ist.
Das schweizerische Bundesgericht hat in einem Leitentscheid festgehalten, dass Domain-Namen in ihrer Funktion die dahinter stehenden Personen, Produkte bzw. Sachen oder Dienstleistungen identifizieren und deshalb vergleichbar seien mit Personennamen, Firmen oder Marken (vgl. BGE 126 III 239, 244).
Ist ein Zeichen namen-, firmen- oder markenrechtlich geschützt, kann dessen Inhaber Unberechtigten die Verwendung dieses Zeichens als Domain-Namen verbieten, weil die unbefugte Verwendung eine Verwechslungsgefahr schafft, indem die entsprechende Website dem Falschen zugerechnet werden kann (BGE 4C.141/2002 in sic! 2003 438 ff.).
Gemäss Art. 13 Abs. 2 MSchG kann der Markeninhaber anderen verbieten, ein Zeichen zu gebrauchen, das nach Art. 3 Abs. 1 MSchG vom Markenschutz ausgeschlossen ist. Gemäss Art. 3 Abs. 1 lit. c MSchG ist ein Zeichen vom Markenschutz ausgeschlossen, wenn es mit einer älteren Marke ähnlich und für gleiche oder gleichartige Waren oder Dienstleistungen bestimmt ist, so dass sich daraus eine Verwechslungsgefahr ergibt.
Gemäss unbestrittener Darstellung der Gesuchstellerin handelt es sich bei der Marke “MIGROS” um eine in der Schweiz sehr bekannte oder sogar berühmte Marke. Unbestritten ist weiter, dass die von der Marke “MIGROS” beanspruchten Dienstleistungen und die unter dem streitgegenständlichen Domain-Namen angebotenen Dienstleistungen identisch i.S.v. Art. 3 Abs. 1 lit. c MSchG sind.
Vorliegend bestehen keine Zweifel daran, dass die Marke MIGROS für das Gesamtbild des Domain-Namens kennzeichnend ist. Der beschreibende Bestandteil „travel” des streitigen Domain-Namens reicht nicht aus, um den markenmässigen Eindruck von MIGROS zu entkräften und eine verwechselbare Ähnlichkeit mit der MIGROS Marke der Gesuchstellerin auszuschliessen.
Zudem besteht, angesichts der überragenden Bekanntheit der Firma und der Kennzeichen der Gesuchstellerin, kein Zweifel, dass interessierte Kunden unter dem Domain-Namen primär das Angebot der Gesuchstellerin zu finden erwarten (vgl. MIP Metro Group Intellectual Property GmbH & Co. KG v. Erich Balmer, Balmers Herberge, WIPO Verfahren Nr. DCH2009-0009 und Feldschlösschen Getränke Holding AG v. Raphael Hintermann, WIPO Verfahren Nr. DCH2004-0017). Vor diesem Hintergrund muss eine Verwechslungsgefahr und damit auch die Verletzung der Kennzeichenrechte der Gesuchstellerin bejaht werden. Überdies kann die Verletzung der Kennzeichenrechte der Gesuchstellerin auch bejaht werden indem die “MIGROS” Marke als bekannte Marke bezeichnet werden kann und somit den erweiterten Schutz nach Art. 15 MSchG geniesst. Siehe Migros-Genossenschafts-Bund v. ubgm, WIPO Verfahren Nr. DCH2008-0016.
Die Anforderungen von Paragraph 24(d)(i) des Verfahrensreglements sind erfüllt.
Der Gesuchsgegner hat auf das Vorbringen von Verteidigungsgründen verzichtet. Es sind auch keine solchen aus den Akten ersichtlich. Demgemäss liegen keine gültigen Verteidigungsgründe vor.
Aufgrund der von der Gesuchstellerin erhobenen Rechtsbegehren, und in Anbetracht der Rechtsverletzung des Gesuchsgegners rechtfertigt sich die Übertragung des Domain-Namens auf die Gesuchstellerin.
In Übereinstimmung mit Paragraph 24 des Verfahrensreglements ordnet der Experte die Übertragung des streitgegenständlichen Domain-Namens <migros-travel.ch> auf die Gesuchstellerin an.
Jacques de Werra
Datum: 2. September 2010